Kritiker unerwünschtWeselsky schließt fünf ehemalige Funktionäre aus GDL aus

GDL-Chef Claus Weselsky gilt als hartnäckig und unbequem - auch innerhalb der Gewerkschaft.
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Köln – Neun Bahnstreiks mit 417 Streikstunden haben der Streitlust des Claus Weselsky keinen Abbruch getan. Kaum ist die Tarifauseinandersetzung beendet, die der Bahn Verluste von einer halben Milliarde Euro bescherte, rechnet der Chef der Lokführergewerkschaft (GDL) mit seinen Gegnern ab. Der seit zwei Jahren schwelende Hauskrach hat Anfang September seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht.
Auf Betreiben seines Chefs hat der geschäftsführende Vorstand der GDL gleich fünf Kritiker aus der Gewerkschaft ausgeschlossen, allen voran seinen Amtsvorgänger Manfred Schell, dessen Nachfolge er 2008 angetreten hat.
Nicht gezahlte Beiträge laut GDL Grund für Rauswurf
Zu den Geschassten zählen auch Weselskys ehemalige Stellvertreter Sven Grünwoldt und Thorsten Weske sowie Volker Siewke und Dieter Kowalsky, die seit 2013 ein Internetportal betreiben, das sich äußerst kritisch mit dem Führungsstil des GDL-Chefs auseinandersetzt und auch während des Streiks Stellung gegen Weselsky bezog.
Claus Weselsky (56), geboren in Dresden, ist seit Mai 2008 Bundesvorsitzender der Lokführergewerkschaft (GDL). Bei der Deutschen Reichsbahn in der DDR erlernte er von 1975 bis 1977 den Beruf des Schienenfahrzeugschlossers und wurde anschließend zum Lokführer ausgebildet. Weselsky, der nie Mitglied der SED war, trat im Mai 1990 in die gerade als erste freie Gewerkschaft wiedergegründete GDL ein, leitete zunächst die Ortsgruppe Pirna und arbeitet seit 1992 hauptberuflich als Gewerkschaftsfunktionär. Er ist seit Juli 2007 Mitglied der CDU. (pb)
Im Falle von Schell, Grünwoldt und Weske seien „nicht gezahlte Beiträge in zum Teil fünfstelligem Bereich“ der Grund für den Rauswurf, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der GDL. Siewke und Kowalsky wirft der geschäftsführende Vorstand gewerkschaftsschädigendes Verhalten vor. „Wer die GDL über die Medien und das Internet diskreditiert und im soeben beendeten Tarifkonflikt mit der DB absichtlich geschwächt hat, und wer absichtlich und bewusst Zwietracht sät, der muss wissen, dass dies mit der Satzung der GDL nicht vereinbar ist.“ Diese Aussage stammt nicht etwa von Weselsky, sondern von seinem Stellvertreter Lutz Schreiber.
Der sonst so wortgewaltige GDL-Boss hält sich auffallend zurück. Auf die Frage nach den Beitragsrückständen der ehemaligen Top-Funktionäre teilt ein Sprecher mit, dazu müsse er Rücksprache mit den Hausjuristen nehmen.
"Weselsky war immer unbequem"
Das geschasste Quintett traf sich am Montag, um das weitere Vorgehen zu beraten. „Ich kenne Weselsky seit 25 Jahren“, sagt Manfred Schell. „Er war immer unbequem und zeichnet sich durch permanentes Misstrauen aus. Der Rauswurf sei „der Höhepunkt einer Säuberungsaktion“. Der GDL-Vorstand sei längst ein willfähriges Instrument. „Weselsky duldet keine Opposition“. Lediglich der GDL-Bezirk Mitteldeutschland sei noch nicht gleichgeschaltet, dessen Vertreter Hartmut Schaefer und Peter Korleck würden aber „systematisch von der politischen Willensbildung ausgeschlossen“. Man werde zwar Widerspruch gegen den Ausschluss einlegen, stelle sich aber darauf ein, am Ende die Gerichte bemühen zu müssen.
Der an ihn und zwei seiner Kollegen gerichtete Vorwurf, Gewerkschaftsbeiträge nicht gezahlt zu haben, sei hanebüchen. „Da fehlt kein Cent“, sagt Schell. Es gehe lediglich um Sonderbeiträge für Tätigkeiten außerhalb der GDL, etwa Tantiemen aus Aufsichtsratsmandaten. „In meinem Fall geht es um 3170 Euro.“
Er habe den GDL-Chef mehrfach aufgefordert, ihn über die Verwendung der Sonderbeiträge zu informieren, aber nie eine Antwort erhalten. „Im übrigen weiß kein Mensch, in welchen Gremien Weselsky sitzt, was er dort verdient und welchen Teil er an die Organe der GDL abführt.“
Der seit Jahren schwelende Krach hat die Gewerkschaft laut Schell bereits mehr als 500 000 Euro gekostet. Der Rauswurf des ehemaligen Stellvertreters Sven Grünwoldt 2013 endete kürzlich mit einem außergerichtlichen Vergleich. Danach muss die GDL 140 000 Euro zahlen. Der damals ebenfalls gekündigte Ex-Vize Torsten Weske hat vor dem Landgericht Frankfurt erfolgreich gegen den Rauswurf geklagt. Über die von der GDL eingelegte Berufung wird im November entschieden. Ein Ende des Hauskrachs ist nicht in Sicht.