Anpassung 2024Gute Nachrichten für deutsche Rentner – zumindest für die nächsten Jahre

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ARCHIV - 27.06.2023, Sachsen, Leipzig: Senioren gehen zum Einkaufen durch die Leipziger Innenstadt. (zu dpa: "Finanzentwicklung der Rentenversicherung und Prognose zu Rentenentwicklung") Foto: Jan Woitas/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Senioren gehen zum Einkaufen durch die Leipziger Innenstadt (Symbolbild). Die Renten sind in den nächsten Jahren stabil.

Steigen die Renten die kommenden Jahre? Die Rentenversicherung hat am Mittwoch Zahlen vorgelegt.

Was die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt angeht, gibt es derzeit nur wenig gute Nachrichten. Das Bundeswirtschaftsministerium sprach jüngst von einer „wirtschaftlichen Schwächephase“, und die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich laut Expertinnen und Experten weiter verschlechtert.

Trotzdem können die Seniorinnen und Senioren neuen Prognosen zufolge in den kommenden Jahren höhere Renten erwarten. Wie die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) am Mittwoch in Würzburg mitteilte, werden die Renten zum 1. Juli 2024 voraussichtlich um 3,5 Prozent steigen. Der Anstieg gehe vor allem auf die im Schnitt gestiegenen Löhne zurück, sagte Alexander Gunkel, der Vorsitzende des Bundesvorstands der Rentenversicherung. Damit bestätigte er entsprechende Berichte aus der vergangenen Woche. Die endgültige Rentenanpassung wird allerdings erst im nächsten Frühjahr bekannt gegeben. „Es kann Abweichungen nach unten oder oben geben“, hieß es.

Für die kommenden Jahre seien Rentenanpassungen von 2,6 bis 3 Prozent zu erwarten, sagte Gunkel. Abhängig ist dies demnach davon, ob die Bundesregierung wie angekündigt ein weiteres Paket für eine Rentenreform vorlegt.

Mögliche Entlastung durch das Generationenkapital

In dem Paket ist die Verlängerung der Haltelinie des Rentenniveaus über 2025 hinaus vorgesehen. Das Rentenniveau ist ein statistischer Wert und zeigt das Verhältnis zwischen der Standardrente (45 Beitragsjahre mit dem jeweiligen Durchschnittsverdienst) und dem aktuellen Durchschnittseinkommen. Die eingezogene Haltelinie soll es bei 48 Prozent absichern. Die derzeit geltende Begrenzung des Beitragssatzes will die Ampel hingegen nicht verlängern.

Die Verlängerung geht mit zusätzlichen Kosten einher, die die Rentenversicherung bis 2040 auf Basis der momentanen Bedingungen mit 22 Milliarden Euro prognostiziert.

Die Absicherung der Rente wird unter anderem durch höhere Rentenbeiträge gestemmt werden müssen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte aber bereits vergangenes Jahr versichert, dass der Beitragssatz auch nach 2025 nicht massiv ansteigen werde. Genaue Prognosen gibt es dazu aber nicht. Defizite sollen auch durch extra gebildete Rücklagen ausgeglichen werden.

Hinzukommen könnte noch eine mögliche Entlastung durch das sogenannte Generationenkapital. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will Geld am Kapitalmarkt anlegen, um aus den Erträgen ab Mitte der 2030er-Jahre die Rentenkasse zu stabilisieren. Lindner will so dem demografischen Wandel entgegenwirken.

Rente: Gunkel warnt vor „überzogenen Erwartungen“

Die Rentenkasse steht einer grundsätzlichen Problematik gegenüber: Bis 2035 verlassen laut Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sieben Millionen Menschen den Arbeitsmarkt. Das verschärft nicht nur den Fachkräftemangel, sondern auch die Finanzlage der Rentenversicherung, weil dann Millionen von Menschen nicht mehr in die Rentenkasse einzahlen.

Gunkel, der im DRV-Vorstand die Arbeitgeber vertritt, warnte jedoch vor „überzogenen Erwartungen“ an das Generationenkapital. Die jährlichen Zuführungen zum Kapitalstock würden „übersichtlich“ sein, prognostizierte er.

Rente: Christian Lindner will Geld am Kapitalmarkt anlegen

Tatsächlich hakt das zweite Rentenpaket auch, weil die Höhe der Zuführungen strittig ist. Lindner will jährlich mindestens 10 Milliarden Euro anlegen, finanziert aus Schulden. Doch insbesondere die Grünen sind grundsätzlich skeptisch, was die Kapitaldeckung angeht. Auch in der SPD gibt es Gegner der Idee, Bundesarbeitsminister Heil steht dem Generationenkapital offen gegenüber.

Im Koalitionsvertrag ist zunächst eine Einzahlung in dieser Höhe vorgesehen, aus Sicht von Expertinnen und Experten wäre das allerdings kaum wirksam. Anja Piel, die Gewerkschaftsvertreterin im Bundesvorstand, warnte am Mittwoch vor „vielen Unwägbarkeiten“ und sie äußerte „Zweifel“ an dem Projekt. Kreditmittel des Bundes aufzunehmen, um diese am Aktienmarkt anzulegen, sei eine „ungewisse Wette auf die Zukunft“.

Gunkel von der Rentenversicherung sagte aber, es bestehe kein zusätzliches Risiko für die Rentenversicherung, da keine Beitragseinnahmen verwendet werden sollen. Kommt das zweite Rentenpaket jedoch nicht, droht das Rentenniveau in weniger als 15 Jahren auf 45,5 Prozent abzusinken und der Beitragssatz von 18,6 Prozent auf 21,1 Prozent anzusteigen, wie die Rentenversicherung prognostiziert.

Die Finanzlage der Rentenversicherung bleibe „weiterhin stabil“, sagte Gunkel. Die Einnahmen aus der Beschäftigung seien erneut gestiegen. Grundsätzlich sind die Beiträge der Beschäftigten der größte Einnahmeposten für die Rentenversicherung, heißt es in der Finanzschätzung für 2023. So liegen die kompletten Einnahmen für dieses Jahr bei 375,8 Milliarden Euro. 289,4 Milliarden Euro speisen sich aus den Beiträgen. Die sonstigen Einnahmen, etwa durch die Arbeitslosenversicherung, liegen bei 2,2 Milliarden. Die Bundeszuschüsse stehen dieses Jahr bei 84,3 Milliarden Euro.

Die Rentenversicherung wies am Mittwoch weiter auf die noch fehlenden Rentenprojekte der Ampel hin, wie zum Beispiel die Einbeziehung der Selbstständigen in die Rentenversicherung. Da müsse man endlich mit anfangen, sagte Gunkel in Richtung der Bundesregierung. Bei diesem Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag gibt es aktuell keine Bewegung, dabei würde dies mehr Mittel in die Rentenkasse spülen.

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