Der Rüstungskonzern wird zum Allrounder fürs Militär. Neben Panzern und Munition werden die Düsseldorfer bald auch Kriegsschiffe im Portfolio haben.
RüstungsübernahmeRheinmetall will künftig auch Kriegsschiffe bauen

Die Fregatte Nordrhein-Westfalen (F223) der Deutschen Marine liegt an einer Kaimauer der Norderwerft im Hamburger Hafen. Die Norderwerft gehört zur Naval Vessels Lürssen (NVL) Group.
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Seit mehr als 130 Jahren sind Rheinmetall und dessen Vorläufer Spezialisten für bodengebundene Rüstungsgüter. Schon das deutsche Kaiserreich wurde im 19. Jahrhundert mit Munition aus Düsseldorf versorgt. Bis in die Gegenwart und gerade seit dem russischen Überfall auf die Ukraine sind diverse Panzer aus dem Hause Rheinmetall in aller Munde: Schützenpanzer Marder und Puma, Panther und Panzerhaubitze 2000, selbst die Kanone des Exportschlagers Leopard II sind Produkte von Rheinmetall – alles Geräte fürs Heer.
Nun setzt Rheinmetall erstmals auf den Bau von Kriegsschiffen. Deutschlands größter Rüstungskonzern steht vor der Übernahme der Marinesparte der Bremer Werftengruppe Lürssen. Man habe sich mit Lürssen auf die wesentlichen Bedingungen geeinigt und werde die Transaktion kurzfristig formal abschließen, teilte Rheinmetall in Düsseldorf mit. Sollten die Kartellbehörden zustimmen, könnte die Übernahme von Naval Vessels Lürssen (NVL) Anfang 2026 vollzogen werden.
Pappberger rechnet mit hoher Nachfrage nach Schiffen
Zum Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Angesichts der Milliardenumsätze beider Firmen dürfte aber eine gewaltige Summe an die Lürssen-Eigner fließen. NVL hat den Angaben zufolge rund 2100 Beschäftigte, 2024 betrug der Umsatz rund eine Milliarde Euro. Neben dem Hauptsitz in Bremen gibt es Werften in Wilhelmshaven (Niedersachsen), Hamburg sowie Wolgast (Mecklenburg-Vorpommern). Hinzu kommen Standorte in Bulgarien, Kroatien, Ägypten und Brunei. NVL baut Schiffe für Deutschlands Marine und die Marine anderer Staaten sowie für Behörden.
Wir rechnen in Zukunft mit einer deutlich höheren Nachfrage nach Schiffen
Rheinmetall-Chef Armin Papperger rechnet künftig mit einer deutlich höheren Nachfrage nach Schiffen. So will Deutschland beispielsweise seine Marine stärken, um Gefahren durch Russland in der Ostsee abzuwehren. Aktuell fertigt NVL in Kooperation mit der niederländischen Damen-Werft mit der F126 die neueste Generation von Fregatten für die Bundeswehr. Die insgesamt sechs bestellten Schiffe tragen den Namen Niedersachsenklasse und sollen zwischen 2028 und 2034 in Dienst gestellt werden.
Für die Beschaffung der ersten vier Schiffe sind rund 5,27 Milliarden Euro veranschlagt, was das Projekt zum größten Schiffsbauprojekt in der Geschichte der Bundeswehr macht. Das Projekt verzögert sich allerdings aufgrund einiger Probleme mit den elektronischen Systemen um einige Jahre.
Waffenschmiede sticht in See
Es ist nicht das erste Mal in jüngster Zeit, dass Rheinmetall sich bei seiner Rüstungssparte breiter aufstellt. Als Zulieferer ist das Unternehmen an der Herstellung des US-Kampfjets F-35 beteiligt und hat eine etwa 200 Millionen Euro teure Fabrik im niederrheinischen Weeze gebaut, wo ein zentrales Element des F-35 gefertigt werden soll. Konzernchef Papperger kündigte im Juli an, dass die Produktion bald starten wird.
Außerdem fertigt die Waffenschmiede Drohnen und bald auch militärische Satelliten. Nun sticht der Rüstungskonzern, der angesichts des Ukraine-Krieges auf einem steilen Wachstumskurs ist und bei Umsatz und Auftragsbestand von einem Rekordwert zum nächsten eilt, gewissermaßen in See.

Rheinmetall-Technologiechef Klaus Kappen, NRW-Ministerin Ina Brandes, Astrid Lambrecht vom Forschungszentrum Jülich und Rhein-Energie-Vorständin Susanne Fabry.
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Die Marine nutzt bereits Schiffsgeschütze und Lasermodule von Rheinmetall, künftig werden es auch Schiffe sein – vorausgesetzt, der Deal geht wie erwartet über die Bühne. „Künftig werden wir zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im Weltraum ein relevanter Akteur sein“, sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger. „Rheinmetall entwickelt sich damit zum Domänen-übergreifenden Systemhaus.“
Rheinmetall als „Powerhouse“
Zudem treibe man die Konsolidierung der deutschen Verteidigungsindustrie voran. „In Verbindung mit den Rheinmetall-Kompetenzen schaffen wir ein vitales deutsches Kraftzentrum für hochmoderne Überwasserschiffe – ein Powerhouse“, sagte Papperger. Auch im maritimen Bereich komme es immer mehr auf militärische Durchsetzungsfähigkeit an.
Bei Lürssen verbleibt eine Firma, die Jachten baut. Dieses Unternehmen hat rund 2000 Beschäftigte. Der Chef der Beteiligungsgesellschaft, Friedrich Lürßen, sagte: „Wir freuen uns, mit Rheinmetall einen vertrauensvollen und starken Partner gefunden zu haben, der NVL und ihren Mitarbeitenden eine erfolgreiche Zukunft sichern kann.“ Man wolle den Weg für die politisch seit langem gewünschte Konsolidierung in der deutschen Verteidigungsindustrie ebnen. Diese Konsolidierung sei vor dem Hintergrund der verschärften Bedrohungslage notwendig und sinnvoll. „Nur so lässt sich eine schnelle Wehrfähigkeit unseres Landes sicherstellen.“
Das Entscheidende ist heute die Geschwindigkeit der Rechenleistung
Rheinmetall hat laut eigenen Angaben rund 40.000 Beschäftigte an 174 Standorten. 2024 lag der Umsatz bei 9,8 Milliarden Euro. Klassisch bestand Rheinmetall aus den Divisionen Rüstung und Automotive. Angesichts der Nachfrage nach Waffen und der Krise der Automobilindustrie verschiebt sich das Portfolio.
Nun will sich Rheinmetall zunehmend auch als KI-Konzern aufstellen. So berichtete Klaus Kappen, Manager beim Düsseldorfer Rüstungskonzern, bei der Veranstaltung „Unternehmen im Fluss“ kürzlich, dass im Bereich Wehrtechnik zunehmend KI eingesetzt werde. „Das Entscheidende ist heute die Geschwindigkeit der Rechenleistung.“ Die Entscheidung zum Einsatz treffe aber immer noch ein Mensch.
Um diese Entwicklungen zu diskutieren, waren vorige Woche rund 600 Entscheider auf Einladung des Vereins Digitale Stadt Düsseldorf und verschiedener Unternehmen und Verbände aus der Wirtschaft in Düsseldorf, Köln und Neuss, zur Rheinfahrt auf einem Schiff der KD mit Diskussionsrunden versammelt. Unter den Diskutanten waren auch NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes und die Vorstandschefin des Forschungszentrums Jülich, Astrid Lambrecht. Dort war kürzlich Supercomputer „Jupiter“ eingeweiht worden. (mit dpa, afp)