Kölner Fordler bangen um KollegenSteht das Ford-Werk in Saarlouis kurz vor dem Verkauf an Chinesen?

Lesezeit 3 Minuten
ARCHIV - 22.06.2022, Saarland, Saarlouis: Das große Logo von Ford, das auf dem Parkplatz des Werks Saarlouis steht, mit einem Durchfahrt Verboten Schild davor. (zu dpa: «IG Metall bereitet möglichen Arbeitskampf bei Ford vor») Foto: Oliver Dietze/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Spannung an der Saar: Das große Logo von Ford auf dem Parkplatz des Werks in Saarlouis.

Gespräche mit einem Investor sind wohl auf der Zielgeraden. 2500 der 4500 Jobs könnten gerettet werden. Sicher ist das aber noch nicht. 

Auf den Tag genau ein Jahr nach dem angekündigten Ende der Ford-Produktion in Saarlouis haben die rund 4500 Beschäftigten im zweiten deutschen Werk des US-Autobauers noch immer keine Klarheit darüber, wie es am Standort weitergeht. Dementsprechend aufgeheizt war die Stimmung auf der Betriebsversammlung am Donnerstagmittag.

Am 22. Juni 2022 hatte das Management in Dearborn bekannt gegeben, dass das Werk im spanischen Valencia den Zuschlag für die neue konzerneigene Elektroauto-Plattform erhält. Damit wurde zugleich das Ende für die Produktion des Modells Focus 2025 in Saarlouis besiegelt. Seitdem sucht Ford zusammen mit der saarländischen Landesregierung einen Investor für das Werk.

Unmut in der Belegschaft

Eigentlich sollte bis zum Ende des vergangenen Jahres ein Zukunftsplan entwickelt und im Frühjahr ein Käufer präsentiert werden. Doch das ist bislang noch nicht gelungen. Und so war der Unmut der Belegschaft auf der Zusammenkunft groß. Ford-Deutschland-Chef Martin Sander musste die Saar-Mitarbeitenden am Donnerstag nun also erneut vertrösten. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wurde wohl bis zum letzten Moment mit einem Käufer verhandelt, um wenigstens einen sogenannten Letter of Intent, also eine gemeinsame Absichtserklärung, zu präsentieren. Dieser wäre die Basis für vertiefende Gespräche, ist aber rechtlich nicht bindend.

Alles zum Thema Ford

Während der Rede von Sander musste Saarlouis-Betriebsratschef Markus Thal immer wieder eingreifen, weil die Aussagen in lauten Protesten, Pfiffen und Buh-Rufen untergingen, berichten Teilnehmer. Schließlich unterbrach Thal die Veranstaltung für rund zehn Minuten. „Unter den Beschäftigten herrschte eine bitterböse Enttäuschung“, so der Betriebsrat über die Reaktionen.

Sander hatte zuvor gesagt: „Wir befinden uns derzeit in fortgeschrittenen Verhandlungen mit Investoren mit dem Potenzial, rund 2.500 Arbeitsplätze zu schaffen. Wir arbeiten nun daran, schnellstmöglich eine Vereinbarung zu erzielen.“ Der Ford-Manager sprach zudem laut Teilnehmern der Versammlung von einem Großinvestor. Das Interesse sei da, das gesamte Werk zu übernehmen. Man hoffe, kurzfristig Klarheit zu bekommen. Darüber hinaus sei man auch weiterhin in Gesprächen mit kleineren Investoren, sollte die erste Lösung nicht klappen. Ziel sei es, so Ford-Chef Sander, das Werk in Saarlouis umzugestalten und künftige Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. 

Drei Szenarien für Saarlouis

Bis zu 30 Interessenten soll es dem Vernehmen nach anfangs gegeben haben. Nun seien noch ein bis zwei Kandidaten im Spiel, heißt es aus dem Unternehmensumfeld. Keiner davon stamme aus Europa. Immer wieder genannt wurde der chinesische Autokonzern BYD. Der Konzern will, wie auch andere chinesische Hersteller, in Europa Fuß fassen. Doch BYD gehöre nicht mehr zu den Favoriten, heißt es. Des Weiteren soll laut des Wirtschaftsdienstes „Bloomberg“ auch eine Gruppe kleinerer chinesischer Autobauer interessiert sein. Als weiteres Szenario ist eine große Batterie-Recyclinganlage auf dem Gelände im Gespräch, die europaweit Maßstäbe setzen könnte. Denn bei der Transformation zur E-Mobilität ist die Entsorgung oder vor allem auch die Wiederverwendung der Batterien noch nicht endgültig geklärt. 

In Saarlouis wird derzeit das noch Kompaktmodell Focus gebaut, dessen Produktion 2025 ausläuft. Ford hat die Zusage gemacht, etwa 1000 der 4500 Arbeitsplätze bis 2032 zu erhalten. Übernimmt allerdings ein Investor das gesamte Werk, müsste er sich wohl verpflichten, insgesamt 2500 Beschäftigte zu übernehmen. Darüber hinaus gibt es noch weitere 1000 Mitarbeitende der umliegenden Zuliefererbetriebe, deren Jobs weiterhin schwerst gefährdet sind.

Betriebsrat und IG Metall signalisieren derweil Kampfbereitschaft. Die rechtliche Grundlage dafür sind da, denn die IG Metall fordert einen Sozialplan für den Fall, dass keine Anschlusslösung gefunden werde. Am Montag waren Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag zwischen Geschäftsführung und Gewerkschaft wie erwartet zunächst gescheitert. Eine Investorenlösung solle aber nicht gefährdet werden, heißt es. 

KStA abonnieren