1,8 Milliarden Euro investiertFord eröffnet Elektroauto-Werk in Köln – Kanzler Scholz erzählt bewegende Familiengeschichte

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Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) im Gespräch mit Mitarbeitern von Ford.

Bundeskanzler Olaf Scholz (Mitte) im Gespräch mit Mitarbeitern von Ford.

Ein Urenkel des Firmengründers Henry Ford war bei der Eröffnung dabei. Die Kölner Pläne des US-Autobauers sind ambitioniert.

Es ist ein Meilenstein für Ford in Europa und ein besonderer Tag für Köln. Am Montagmittag hat der US-Autobauer Ford sein neues Werk für Elektroautos eingeweiht. Mit dem Ford Cologne Electric Vehicle Center entsteht die erste Fabrik des US-Autobauers zum Bau von Elektroautos auf dem europäischen Kontinent.

Insgesamt 500 Gäste waren geladen, die Einladungsliste war hochkarätig besetzt. Auf das Werksgelände in Köln-Niehl kamen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie William Clay Ford Jr., Executive Chairman, Aufsichtsratsvorsitzender der Ford Motor Company und Urenkel des legendären Firmengründers Henry Ford. Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker sowie unter anderem Rewe-Chef Lionel Souque, Messe-Chef Gerald Böse, Patrick Adenauer und Spitzen der Kölner Politik und Verwaltung,  gehörten zu den Gästen von Ford-Deutschland-Chef Martin Sander. Auch 150 Beschäftigte von Ford, viele aus der Produktion, waren bei dem Großevent dabei. 

Ford: Zwei Milliarden Dollar in Köln investiert

Insgesamt zwei Milliarden Dollar (1,8 Milliarden Euro) hat der US-Konzern investiert, um zwei E-Automodelle auf den europäischen Markt zu bringen und binnen sechs Jahren 1,2 Millionen Exemplare zu produzieren. Gebaut werden die E-Autos auf der Plattform des Wolfsburger Volkswagenkonzerns. Das macht es möglich, schnell mit eigenen Modellen an den Markt zu gehen und nicht auf die ohnehin späte Entwicklung einer eigenen Plattform warten zu müssen.

12.06.2023, Köln: William Clay Ford Jr., Executive Chair of Ford Motor Company und Urenkel des Firmengründers. Offizielle Eröffnungsfeier des Ford Cologne Electric Vehicle Center. Foto: Uwe Weiser

William Clay Ford Jr., Aufsichtsratsvorsitzender der Ford Motor Company und Urenkel des Firmengründers Henry Ford

Seit geraumer Zeit wurde das gesamte Werk, in dem am 7. Juli der Fiesta als letzter Kölner Verbrenner ausläuft, umfangreich umgebaut und auf das Zeitalter der Elektromobilität umgerüstet. Auch Teile der Belegschaft wurden über längere Zeit geschult.

Ford in Niehl: 1930 von Henry Ford und Konrad Adenauer eröffnet

Rückblick auf die Anfänge: Im Oktober 1930 hatten der damalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer und der Unternehmer Henry Ford in Niehl den Grundstein für das heutige Kölner Ford-Werk gelegt. Seitdem sind fast 18 Millionen Fahrzeuge in Köln vom Band gerollt, wie Ford Model A, Taunus, Capri, Granada und Fiesta.

Am Montag reiste nun erneut ein Mitglied der Ford-Dynastie aus dem amerikanischen Dearborn an den Rhein. „Die Eröffnung des Ford Cologne EV Center markiert den Beginn einer neuen Generation von sauberen Produktionsverfahren und Elektrofahrzeugen in Europa“, sagte William Clay Ford Jr., Urenkel des Firmengründers. „Dieses traditionsreiche Werk wird nun eines der effizientesten und umweltfreundlichsten in der gesamten Automobilindustrie sein." Ford Jr. sprach über die weltweiten Herausforderungen durch den Klimawandel. Sein Unternehmen habe das Pariser Klimaschutzabkommen unterzeichnet und steuere nun in Europa auf E-Mobilität um. „Das Momentum ist auf unserer Seite". Andere Autobauer hätten ihre Geschäfte verkauft. Der Konzern sei aber auch immer noch ein Familienunternehmen. Ford bleibe in Europa und investiere hier, betonte er. „Ich freue mich darauf, weiter an einer emissionsfreien Zukunft für unsere Kinder und Enkelkinder zu arbeiten.“

Verbrenner-Ära bei Ford soll 2030 enden

Die Ära des Verbrenners bei Ford soll bis 2030 für Pkw, bis 2035 für leichte Nutzfahrzeuge enden. Dann will der Konzern in Europa nur noch elektrische Pkw auf den Markt bringen.

„Es ist ein historischer Tag. Unser EV Center in Köln markiert für Ford in Europa den Aufbruch in eine neue Ära“, sagte Ford-Chef Martin Sander, der auch auf der europäischen Führungsebene die Elektrifizierung verantwortet. „Einmal mehr definieren wir die Automobilherstellung neu und setzen fortschrittliche Technologien für den Bau von voll vernetzten, Software-definierten Fahrzeugen ein, die den Wunsch unserer Kunden nach emissionsfreier Mobilität erfüllen.“

Für das Großevent war auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an den Rhein gereist. Die Investition sei auch ein Vertrauensbeweis für den Auto-Standort Deutschland. „Das Electric Vehicle Center steht für einen Neuanfang und ist die größte Investition in der Unternehmensgeschichte des Kölner Ford-Werks“, betonte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Rede. Ford habe seit seinen Anfängen das schnellste Band in der Endmontage gehabt. Damals seien auch in Köln noch Pferde auf den Straßen gewesen. Nun beginne der Aufbruch in eine neue Zukunft – auch, "wenn bei einigen noch die Wehmut des Abschieds vom Verbrenner und dem Fiesta zu spüren" sei. Szenen-Applaus bekam der Kanzler, nachdem er die Geschichte von Sami Oezberk erzählt hatte. Oezberk arbeitet in der dritten Generation bei Ford und sei ein Beispiel, welche Bedeutung das blaue Oval für viele Familien verschiedener Nationalitäten in Köln habe. Er schloss mit dem Satz: „Ford, das ist Köln“. 

Hendrik Wüst: Ford ist eines der wichtigsten Unternehmen im Land

Und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst ergänzte: „Die Ford-Werke sind eines der wichtigsten Unternehmen und einer der größten Arbeitgeber in unserem Land“, so der Regierungschef. Mit der Eröffnung würden entscheidende Weichen für eine klimaneutrale Mobilität gestellt.

Auch Ford-Gesamtbetriebsratschef Benjamin Gruschka sprach von einem großartigen Tag für Köln und vor allem für die Belegschaft, die durch die neuerliche Ankündigung eines Stellenabbaus am Standort strapaziert sei.

Die Fertigungslinie im neuen Elektroauto-Werk von Ford.

Die Fertigungslinie im neuen Elektroauto-Werk von Ford.

Mit zwei Modellen aus Köln geht Ford in diesem und dem nächsten Jahr an den Start. Jüngst vorgestellt wurde das erste Modell, der elektrische Explorer. Im Herbst soll die Serienproduktion des SUV starten. Vorher sind noch Vorarbeiten mit Prototypen nötig. Im kommenden Jahr soll dann das zweite E-Auto aus Köln, ein Crossover, präsentiert werden. Insgesamt mehr als 250.000 Elektrofahrzeuge können künftig pro Jahr in der hochmodernen Fertigung gebaut werden.

Das Unternehmen betont, dass der 125 Hektar große Standort auf höchste Effizienz ausgelegt sei. Digitale Technologien wie selbstlernende Maschinen, autonome Transportsysteme oder Big-Data-Management in Echtzeit kommen ebenso zum Einsatz wie modernste Werkzeuge und ein insgesamt hoher Automatisierungsgrad.

Das Werk ist die weltweit erste CO₂-neutrale Fahrzeugfertigung von Ford. Bis 2035 will der US-Autobauer sämtliche Werke, ihre Logistik und die direkten Zulieferer bilanziell CO₂-neutral aufzustellen.

Ford-Chef Sander: „Aufbruch in eine neue Ära“

Ford ist spät ins Elektrozeitalter gestartet und will mit dem Kölner Werk nun aufholen. In Europa hat der US-Konzern im Pkw-Geschäft an Boden verloren. Der Autobauer setzt künftig in Europa auf deutlich weniger Modelle als in der Vergangenheit. „Wir werden künftig ganz bewusst nicht mehr für jedes Segment ein Angebot haben. Das gilt vor allem für solche, die schrumpfen“, sagte Sander jüngst im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Konzern werde sich auf wachsende Bereiche konzentrieren sowie auf Produkte, die zur Marke passen. Dies sind nach Aussagen Sanders SUVs, Pick-ups und leichte Nutzfahrzeuge wie etwa der Transit, mit dem Ford Marktführer in Europa ist.

Unlängst gab das Management bekannt, Teile der Kölner Entwicklungsabteilung in die USA zu verlagern und Personal abzubauen. Das heißt, die Fahrzeuge von morgen werden in weiten Teilen nicht mehr in Europa, also auch nicht in Köln geplant und konzipiert. In Folge dieser Neuausrichtung baut der Konzern auch in großem Umfang Stellen ab – 3800 in ganz Europa, davon 2300 am Standort Köln und Aachen.

Damit verliert die Ford-Europazentrale in den Augen vieler Beobachter an Bedeutung in dem US-Konzern. Die derzeitige Elektroinvestitionen sollen aber umso mehr verdeutlichen, dass der Standort auch künftig eine wichtige Rolle spielen soll.

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