Pfleger über Arbeit, Gehalt, Stress„Häufig sind Stellen über Monate ausgeschrieben“

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Tassilo B. arbeitet als Heilerziehungspfleger in Bonn

Bonn – Der Heilerziehungspfleger Tassilo B. verdient monatlich etwas weniger als 4000 Euro brutto – in einem Beruf, in dem es extrem schwierig ist, Arbeitskräfte zu finden. Er spricht über seine Ausbildung, finanzielle Situation und die Pandemie.

Ich bin Heilerziehungspfleger – also eine Mischung aus Pflegefachkraft und Pädagoge. Ich verbringe etwa 20 Prozent meiner Arbeit mit pflegerischen Aufgaben, der Rest ist Betreuungsarbeit. Früher habe ich mich überhaupt nicht für diesen Bereich interessiert. In der zehnten Klasse wollte ich noch etwas Handwerkliches machen.

Aber es kam, wie das manchmal so ist: Ich brauchte damals sehr kurzfristig noch einen Praktikumsplatz. Da habe ich meine Mutter um Hilfe gebeten, die wiederum eine Freundin kontaktierte, die in einem kleinen Wohnheim arbeitet. Und nach den zwei Wochen habe ich gedacht: Das macht ja Spaß – das könnte ich doch vielleicht später mal beruflich machen.

„Das ist ein relativ anstrengendes Ding“

In der Schule hatte ich Probleme, die habe ich nach dem Fachabitur abgebrochen. Aber mit dem Praktikum hatte ich einen guten Schritt getan und dann auch direkt die Ausbildung zum Heilerziehungspfleger angefangen. Das ist ein relativ anstrengendes Ding. Fachabitur ist die Grundvoraussetzung und ehrlich gesagt hat es sich für mich auch mehr wie ein Studium angefühlt. Ich war zwei Jahre an der Berufsschule, für die Klausuren mussten wir sehr, sehr viel lernen.

Heute arbeite ich in einer Wohnstätte bei einem großen Träger der Behinderten- und Eingliederungshilfe im Raum Bonn. Hier leben vor allem Menschen mit geistiger Behinderung. Ich bin seit drei Jahren Teamleiter, mache zu 75 Prozent Betreuungsschichten und zu 25 Prozent meinen Teamleiterjob. Mein Festgehalt ist an den TVÖD angelehnt – wobei die Teamleitung zusätzlich extra bezahlt wird.

Außerdem bekomme ich Schichtzulagen, allgemeine Zuschläge für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste. In Monaten mit Feiertagen verdiene ich am Ende etwas weniger als 4.000 Euro brutto, ansonsten sind es etwa 3400 bis 3500 Euro brutto.

„Kein Tag ist wie der andere“

Für meine Bonner Drei-Zimmer-Wohnung zahle ich warm 730 Euro. Ich mache keine großen Urlaube mit Flugreisen, das wäre aber absolut möglich. Ich kann nicht in Saus und Braus leben, aber ich kann wegfahren, Urlaub machen, essen und trinken, was ich will.

Meine Arbeit mag ich, weil kein Tag wie der andere ist. Meistens mache ich Früh- und Spätschichten, selten auch Nachtdienste. Besonders knackig sind die ersten Stunden in der Frühschicht: Die meisten unserer Bewohnenden arbeiten in den Bonner Werkstätten. Morgens haben wir etwa eine Stunde Zeit für die Grundpflege – Zähneputzen, anziehen, waschen – bevor ihre Zubringerbusse kommen. Anstrengend wird es dann, wenn jemand nicht aufstehen will.

„Kein Problem mit pflegerischen Aufgaben“

Nachdem die werktätigen Bewohnenden dann aufgebrochen sind, wird es entspannter und wir kümmern uns um die Rentner. Hier fällt ein großer Teil der Pflege an: Ganzkörperwaschung, duschen, Versorgung im Bett. Zeit für Arzttermine, Einkäufe und Freizeit, zum Beispiel kleine Ausflüge. Viele unserer Bewohnenden haben ihr Leben lang betreut gewohnt und werden es auch immer tun.

Meine liebste Aufgabe sind die 1:1-Ausflüge, weil man die Bewohnenden dort ganz anders kennenlernt und auch viel intensiver Zeit miteinander verbringen kann. Aber ich habe auch kein Problem mit den pflegerischen Aufgaben, das gehört selbstverständlich mit dazu.

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Das letzte Jahr mit Corona war kräftezehrend und hat von allen eine große Flexibilität abverlangt. Wir sind ein Mangelberuf, häufig sind Stellen über Monate ausgeschrieben und es gehen allgemein wenig Bewerbungen ein. Dabei können bei uns so viele Menschen arbeiten: Heilerziehungspfleger, Altenpfleger, Gesundheitspfleger, Erzieher, Sozialarbeiter und Sozialpädagogen.

Besonders kritisch wird es, wenn dann noch Urlaube und Krankheiten dazukommen. Im Oktober 2020 hatten wir Corona im Haus. Hier haben wir alle wirklich alles gegeben, um gut dadurch zu kommen. Ich habe selbst gemerkt, was das Virus für eine Auswirkung hat. Ich war selbst krank und sechs Wochen komplett hinüber.

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