Die holzverarbeitende Industrie läuft Sturm gegen das neue Gebäudeenergiegesetz. Sie will Altholz lieber recyceln als verbrennen.
Sorge um wichtigsten RohstoffHolzindustrie prangert Energiegesetze als klimaschädlich an

Fertige, in Säcken abgepackte Holzpellets laufen in einem Sägewerk über das Förderband.
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Deutschland soll klimaneutral werden. Die Bundesregierung strebt dieses Ziel bis 2045 an und damit noch fünf Jahre schneller als die EU. Klimaneutralität bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein Gleichgewicht zwischen den dann noch unvermeidlichen CO₂-Emissionen und der Aufnahme von CO₂ aus der Atmosphäre, etwa durch Bäume und Pflanzen, besteht. Mit dem Anfang September vom Bundestag verabschiedeten Gebäudeenergiegesetz (GEG) verspricht sich die Ampel einen weiteren Schritt hin zu diesem Ziel.
Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung
Das sehen nicht alle Beteiligten so. Aktuelle politische Entscheidungen wie das GEG oder das Wärmeplanungsgesetz seien mit Blick auf Fehlanreize zur Förderung von Holzverbrennung problematisch, meint Frank Herrmann, Chef des Holzwerkstoffherstellers Pfleiderer. Das Unternehmen aus Neumarkt in der Oberpfalz ist einer der größten Spanplattenhersteller Deutschlands.
Großflächige Holzverbrennung ist für Klimaziele kontraproduktiv
„Der Energietransformation mit großflächiger Holzverbrennung begegnen zu wollen, ist für die Erreichung der Klimaschutzziele kontraproduktiv“, sagt der Pfleiderer-Chef im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Den größten Klimaschutzeffekt hat Holz in der stofflichen Verwendung, wenn das CO₂ in Produkten wie Möbeln gebunden bleibt. Verbrennung sollte erst die letzte Stufe in der Kaskade sein, wenn gar keine andere Verwertung mehr möglich ist.“ Entsprechend führe eine staatliche Förderung zu Wettbewerbsverzerrungen zulasten einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft und bedrohe die nationale Holzwerkstoffindustrie und ihre Arbeitsplätze, so Herrmann.

Frank Herrmann, CEO des Holzwerkstoffherstellers Pfleiderer
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Tatsächlich wird die sogenannte thermische Verwertung von Biomasse, zu der auch Holz gehört, schon seit einigen Jahren staatlich gefördert. So werden die bei der Verbrennung von Biomasse entstehenden CO₂-Emissionen nicht in der Treibhaus-Bilanz von Unternehmen oder Energieversorgern berücksichtigt. Das spart Millionen Euro, da auf den Kauf von CO₂-Zertifikaten verzichtet werden kann oder frei werdende Kontingente sogar am Markt verkauft werden können.
Wir verbrennen nur Altholz, dass nicht stofflich verwertet werden kann
Davon hat auch Pfleiderer als nach eigenen Angaben größter Verbrenner von Altholz in Deutschland profitiert. „Bei uns ist Verbrennung und Nachhaltigkeit kein Widerspruch. Wir verbrennen im Sinne der Kreislaufwirtschaft nur Altholzklassen, die nicht für die stoffliche Verwertung aufgearbeitet werden können, zum Beispiel kontaminierte Bahnschwellen“, sagte Herrmann.
Sperrmüll wird wieder zu Spanplatten weiterverarbeitet
Bessere Holzklassen wie unbehandelte Paletten oder zahlreiche Arten von Sperrmüll könnten problemlos dem Kreislauf wieder zugeführt werden und somit neue Spanplatten für Küchen und Möbel entstehen. Das einmal von den Bäumen gebundene CO2 bliebe somit im Holz und belaste das Klima nicht in der Luft.
Seit dem Ausbruch des Angriffskrieges auf die Ukraine hat die Nachfrage privater Haushalte nach Pelletöfen stark zugenommen, was im vorigen Jahr zu massiven Engpässen und Preissteigerungen sowohl bei den Öfen als auch bei Holzpellets geführt hat. Die staatlichen Förderungen und die seit Ende 2022 konjunkturbedingt sinkenden Holzpreise haben jüngst auch große Unternehmen motiviert, ihre Wärmeversorgung auf Holz umzustellen.
BMW stellt auf Holzverbrennung um
So hat zum Beispiel BMW vor kurzem bekannt gegeben, die Hälfte der Heißwasserversorgung des Werkes Dingolfing durch die Verbrennung von Holz zu erzeugen. Angeblich sei dies sehr umweltfreundlich, da vorwiegend Schadholz aus dem Wald und Abfälle aus dem Sägewerk, zum Beispiel Sägespäne, verwendet würden. „Diese Argumentation ist faktisch falsch und nicht haltbar“, sagt Anemon Strohmeyer, Geschäftsführerin des Verbands der Deutschen Holzwerkstoffindustrie, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Recyclingholz wird von Pfleiderer wieder zu Möbeln verarbeitet
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„Die genannten Holzgüten werden seit Jahrzehnten von der Holzwerkstoffindustrie im Sinne der Kreislaufwirtschaft für neue Produkte verarbeitet. Heutige Spanplatten basieren fast ausschließlich auf Sägenebenprodukten –insbesondere auch aus Schadholz aus dem Wald – und sogenanntem Recyclingholz zum Beispiel aus alten Möbeln. Wer sich hier nicht an die Fakten hält, muss sich den Vorwurf der Fake News gefallen lassen“, so Strohmeyer.
Auch das Umweltbundesamt sieht die Verbrennung von Holz kritischer als die aktuelle Regierung und spricht sich aus ökologischen Gründen inzwischen gegen den Einbau von Holzheizungen in Neubauten aus, da mittlerweile mehr als 20 Prozent der gesamten Feinstaubemissionen auf Holzheizungen entfallen würden.
Derweil entstehen auch im Rheinland neue Kraftwerksprojekte auf Holzbasis. So nehmen gerade die Stadtwerke Dinslaken ein Holz-Energiezentrum in Betrieb, und das Chemieunternehmen Solvay plant in Rheinberg einen weiteren Kraftwerkskessel, der 2025 ans Netz gehen soll.