Trivago-Chef ist beteiligtMillionen-Investment für Kölner Bildungs-Start-up

Lesezeit 3 Minuten
Case Gründer

Die Case-Gründer (links nach rechts): Philipp Seegers, Jan Bergerhoff und Max Hoyer

  • Die reine Abschlussnote sagt wenig über die tatsächlichen Fähigkeiten von Bewerbern aus – erst mit Kontext gewinnt sie an Aussagekraft.
  • Als Kooperationspartner hat sich Case einen deutschen Softwareriesen gesichert.
  • Mit dem Millionen-Investment will Case einen großen Markt auf einem anderen Kontinent in Angriff nehmen.

Köln – Das 2016 gegründete Kölner Unternehmen Case hat sich ein Millioneninvestment gesichert. Der Gründer des Düsseldorfer Hotelportals Trivago, Rolf Schrömgens, und der Münchner Unternehmer Thomas Alt, dessen Firma Metaio 2015 von Apple übernommen wurde, stecken gemeinsam einen niedrigen siebenstelligen Euro-Betrag in das Start-up.

Hervorgangenen ist Case aus einem Forschungsprojekt der Universität Bonn: Die Gründer Jan Bergerhoff, Philipp Seegers und Max Hoyer haben einen Algorithmus entwickelt, mit dem sie Hochschulabschlüsse vergleichbar und damit aussagekräftiger machen. Der Gedanke dahinter: Die reine Abschlussnote sagt wenig über die tatsächlichen Fähigkeiten von Bewerbern aus. Erst mit Kontext gewinnt sie an Aussagekraft – wie ist der Notenschnitt eines Studiengangs, welches Ansehen hat die Universität, gehört eine auf den ersten Blick durchschnittliche Note nicht sogar zu den besten unter den Kommilitonen? Schließlich kann eine 2,3 deutlich schwieriger in einem Studienfach zu erreichen sein als eine 1,7 in einem anderen.

Bewertung zwischen 0 und 100

Unternehmen sollen Fähigkeiten von Jobbewerbern mit Hilfe von Case besser einschätzen können. Case stellt das Abschneiden von Absolventen im Vergleich zu ihren Kommilitonen dar. Zudem berechnen die Kölner für jeden Bewerber einen Wert zwischen 0 und 100, der Studienleistungen einzuordnen hilft.

Die Ergebnisse seien deutlich aussagekräftiger als übliche Bewerbungsverfahren wie etwas Assessment Center, sagt Jan Bergerhoff, der ebenso promovierter Volkswirtschaftler ist wie seiner Gründerkollegen: „Unsere Bewertung basiert schließlich auf einem oft fünfjährigen Studium. Da steckt mehr drin.“

Grundlage für die Bewertung ist nach Angaben der Case-Gründer zum einen die Fachkraftstudie, die seit 2012 jährlich unter zuletzt 294 000 Studenten durchgeführt wird, zum anderen amtliche Daten zur Notenverteilung in rund 30 000 deutschen Studiengängen und deren Kombinationen.

Kooperation mit SAP

Das Kölner Unternehmen kooperiert bereits mit SAP: Der Softwareriese bietet die Möglichkeit, den Case-Algorithmus in die Bewerbungsmanagement-Software bei Unternehmen zu integrieren. Während einer Reise ins Silicon Valley, die bedeutendste Gründerregion der Welt, hatte Jan Bergerhoff sich bereits einen Termin bei den dort stationierten SAP-Experten sichern können. Zurück in Deutschland, gelang es ihm, die Kooperation dingfest zu machen.

Der Bedarf, neue Mitarbeiter mit dem Case-Algorithmus auf ihre tatsächlichen Studienleistungen hin zu durchleuchten, ist groß: Zu den Kunden gehören bereits die Deutsche Telekom, Porsche sowie die Beratungsunternehmen McKinsey und Simon-Kucher. Auch einige Mittelständler nutzen das System bereits.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Unternehmen zahlen einen geringen Betrag für jeden Bewerber, der bewertet wird. Bei den Konzernen kommen oft Hunderte oder Tausende Bewerber auf eine offene Stelle. Absolventen selbst können sich künftig auch ein Zertifikat über ihre Case-Bewertung für ihren Lebenslauf erstellen lassen.

Bei der Gründung ihres Unternehmens hatten sich Bergerhoff, Seegers und Hoyer das Exist-Gründerstipendium und damit rund 130.000 Euro Förderung gesichert. Als das Geld ausging, stiegen Privatinvestoren mit einem ebenfalls sechsstelligen Betrag ein – nun also die Millionen-Finanzspritze. In Deutschland, Großbritannien, Spanien, Portugal und Italien ist Case bereits unterwegs. Mit dem frischen Kapital will Case in Europa und Nordamerika weitere Bildungsdaten sammeln. Der Eintritt in den US-Markt wird in Angriff genommen: Dort gibt es schließlich mehr als 4000 Hochschulen – in Deutschland lediglich 480.

KStA abonnieren