Trotz FinanzierungEigenheim für Mehrheit nicht bezahlbar

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Neubaugebiet

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Köln – 400.000 neue Wohnungen wollte Bauministerin Klara Geywitz (SPD) in diesem Jahr errichten. Doch davon, dieses Ziel zu erreichen, sei sie weit entfernt, kritisierten viele Branchenexperten. Das nun aufgelegte Aktionsprogramm gleicht einem Eingeständnis. Durch das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“, bestehend aus Bauwirtschaft, Gewerkschaften, weiteren Verbänden, Ländern, Kommunen und dem Bund, soll das Ziel trotzdem erreicht werden. Kurzum: Die Baukosten sollen gedrückt, Planung und Genehmigungen entbürokratisiert und durch serielles Bauen die Geschwindigkeit vorangetrieben werden.

„Die Konditionen sind schlechter geworden im Vergleich zum Vorjahr, wo wir dann unter 300 000 Wohnungen fertig hatten“, sagte Geywitz im Deutschlandfunk. „Gleichzeitig - und das ist natürlich der Grund, warum ich mich auch von dem Ziel nicht verabschiede, gibt es eine ungebrochene hohe Nachfrage.“

Mehrheit rechnet nicht mit Eigenheim

Laut dem Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) lebten vergangenes Jahr 50,5 Prozent der Menschen in Deutschland zur Miete – so viele wie in keinem anderen EU-Land. Viele von ihnen sind angewiesen auf bezahlbaren Wohnraum und für viele von ihnen rückt angesichts der Immobilienpreise, oft infolge des Wohnraummangels, der Traum vom Eigenheim weiter in die Ferne.

Einer bundesweiten Befragung des Immobilienfinanzierers Engel & Völkers Finance zufolge sagten 62 Prozent der Befragten, dass eine Immobilienfinanzierung für sie gar nicht mehr möglich wäre – zumindest ohne Erbschaft oder Schenkung. 53 Prozent der Befragten sagten, ihnen fehle das notwendige Eigenkapital. Laut Rebecca Scheidler, Geschäftsführerin des Immobilienfinanzierers, sei eine Vollfinanzierung in der aktuellen Situation aufgrund der Inflation, der gestiegenen Darlehenszinsen und der gestiegenen Baukosten für viele Menschen schwierig: „Die Banken sind bei der Vergabe von Krediten zunehmend restriktiver, so dass Finanzierungen ohne Eigenkapital nur dann bewilligt werden, wenn andere Faktoren die Kreditwürdigkeit positiv beeinflussen.“

Wohnkostenbelastungen in Großstädten „hoch“

Ein mittleres bis hohes Einkommen mag dabei zwar helfen, die Belastungen durch den Immobilienkauf sind laut dem Maklerportal Immowelt dennoch auch für diese Menschen hoch. Das Portal hat die Preise von 60-Quadratmeter-Wohnungen in 80 deutschen Großstädten analysiert. Demnach müssen Single-Haushalte mit einem in Deutschland durchschnittlichen Lohn von 3500 Euro brutto in 56 dieser Städte mehr als 30 Prozent ihres Gehalts bei der Finanzierungsrückzahlung einplanen. Das Statistische Bundesamt stuft eine Belastung zwischen 30 und 40 Prozent als hoch ein. Auch Personen mit einem Bruttoeinkommen von 5000 Euro seien in mehr als der Hälfte der Städte hohen Belastungen ausgesetzt. Angesichts der steigenden Energiepreise dürften die Wohnkostenbelastungen prozentual weiter zulegen.

Die Konsequenz ist dem Portal zufolge ebenso eindeutig: Im Verlauf des vergangenen Jahres sei die Nachfrage in Deutschland nach Kaufimmobilien um 17 Prozent gesunken – gleichzeitig stiegen die Anfragen für Mietimmobilien um 34 Prozent.

Bausparvertrag als Alternative

Im Zuge der verteuerten Immobilienfinanzierungen blicken viele Kaufinteressenten aktuell wieder auf die Bausparverträge. Bei ihnen wird auf eine festgelegte Summe für eine festgelegte Zeit angespart, sobald diese erreicht wird, wird der Wert samt einem Darlehen ausgezahlt. Der Vorteil ist – zumindest aktuell –, dass die Darlehenszinsen bei Vertragsabschluss festgeschrieben werden und die der Bausparverträge aktuell teilweise sehr deutlich unter 2,5 Prozent liegen. Die Bauzinsen hingegen liegen bei mehr als drei Prozent, viele Experten rechnen mit einem weiteren Anstieg.

Je nach Berechtigung können Sparer von staatlichen Förderungen wie der Wohnungsbauprämie (jährlich maximal 70 Euro (bei Alleinstehenden) bzw. 130 Euro (bei Ehepaaren)) sowie der Arbeitnehmersparzulage (43 Euro jährlich) profitieren.

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Dem gegenüber stehen allerdings verschwindend geringe Zinsen in der Sparphase: 0,01 bis 0,10 Prozent betragen diese je nach Anbieter. Außerdem kommen nach Abschluss des Kredits weitere ein bis 1,6 Prozent der Bausparsumme als Zahlung drauf. In der Regel müssen die Bauspardarlehen zudem innerhalb von zehn Jahren zurückgezahlt worden sein, Kreditnehmer sollten sich also bei den Summen bzw. Raten nicht überschätzen.

Laut Verbraucherzentrale könne ein Bausparvertrag zumindest dann attraktiv sein, wenn Wohnungsbauprämie und Arbeitnehmersparzulage gewährt werden. Aufgrund der vielen komplizierten Produkte verweisen die Verbraucherschützer aber auf das eigene Beratungsangebot. Oft lohnten sich demnach eher alternative Anlagemöglichkeiten zum Sparen auf eine eigene Immobilie.

Bereit für Abstriche

Ein Bausparvertrag kann in der Regel auch gar nicht einen vollständigen Immobilienerwerb decken. Engel & Völkers Finance zufolge wären fast 40 Prozent der Befragten bereit, Abstriche bei der Lage zu machen, um den Preis zu drücken. Ein Drittel würde bei der Ausstattung oder Größe des Gartens die eigenen Ansprüche zurückfahren, oder auf den Garten verzichten. Etwa 25 Prozent wollten den Platz reduzieren. 34 Prozent würden aus Kostengründen auf ein freistehendes Haus verzichten und zum Beispiel ein Reihenhaus wählen.

Auch außerhalb der Wunschimmobilie würde gespart, so geben die Befragten an, auf den Kauf eines (teuren) Autos verzichten zu wollen (63 Prozent), auf teure Kleidung und Schuhe zu verzichten (60 Prozent), teure Einrichtungsgegenstände (52 Prozent), teure elektronische Geräte (45 Prozent) oder auf Urlaubsreisen (43 Prozent).

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