Vom Baby bis zum UropaSo funktioniert ein Mehrgenerationenhaus in Köln-Ehrenfeld

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Das Gebäude in der Jakob-Schupp-Straße

Köln – Die Jungen bringen den Alten die Einkäufe in die Küche, diese passen so lange auf die Kinder auf und backen derweil womöglich noch einen Schokoladenkuchen. Und das alles in bester Harmonie. So schön könnte es zugehen in einem Mehrgenerationenhaus – „aber man darf das Ideal auch nicht verklären“, sagt Werner Nußbaum. Er ist hauptamtliches Vorstandsmitglied der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft „Die Ehrenfelder“ und somit quasi der Chef eines der ältesten Mehrgenerationen-Häuser Kölns.

An der Jakob-Schupp-Straße leben seit 15 Jahren Senioren, Familien und Singles zusammen in einem Haus der Genossenschaft mit 30 unterschiedlich großen barrierefreien Wohnungen – und das nicht zufällig. „Alle Bewohner werden von dem Verein Wohnen mit Alt und Jung ausgewählt“, erklärt Nußbaum, „wir mussten also auch Kompetenz abgeben, wir haben bei der Vermietung nur ein Vetorecht, brauchten dies aber nie auszuüben.“

Weniger Probleme im Haus

Obwohl er sagt, dass man dem Ideal allenfalls nahe kommen kann – „schließlich können wir nicht in den Vertrag schreiben, wer wem zu helfen hat“ – ist er mit dem Projekt sehr zufrieden. „Wir haben mit dem Haus weniger Probleme als mit anderen, es gibt weniger Nachbarschaftsstreitigkeiten, Kleinreparaturen fallen seltener an, weil die Bewohner sich selbst kümmern und der Verein macht gute Arbeit.“ Für seine Genossenschaft ist es ein Prestige-Objekt oder schöner formuliert ein Beitrag für die soziale Verantwortung.

Gemeinschaftliches Wohnen

Baugruppen planen und bauen gemeinsam – in der Regel als Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Mitglieder treten gemeinsam als Bauherren auf und haften gemeinsam. Nach dem Bau kann das Haus dann in einzelne Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Ein Beispiel sind die „Wunschnachbarn“.

Co-Housing bedeutet, dass man nur einen relativ kleinen Bereich mit Schlafzimmer und (Tee-)Küche für sich selbst hat und dafür gemeinsam einen größeren Wohn- und Küchenbereich nutzt. Co-Housing gibt es sowohl innerhalb von Baugruppen („Wunschnachbarn“) als auch in Form von Mieträumen – zum Beispiel bei dem bald startenden Projekt „Futur3“ der GAG in Köln Kalk, wo 47 Menschen zusammen in kleinen Wohnungen mit einer großen Wohnküche leben und regelmäßig gemeinsam kochen werden.

Mehrgenerationen-Wohnen kann auch in Mietwohnungen verwirklicht werden. Ein Beispiel ist neben dem Mehrgenerationenhaus der Genossenschaft „Die Ehrenfelder“ das Projekt des Vereins „Lebensräume in Balance“, der 2017 ein Mehrgenerationenhaus der GAG mit 34 Wohnungen in Köln-Ostheim bezog. 

Einfach sei es damals nicht gewesen, sagt Nußbaum, in den Genossenschafts-Gremien durchzusetzen, dass ein neues Haus auf dem „Sahnegrundstück“ exklusiv für den Verein „Wohnen mit Alt und Jung“ gebaut werden soll. Und finanziell ist es auch nicht besonders lukrativ für die Ehrenfelder – die Bewohner sind allesamt Mitglieder der Genossenschaft und bezahlen deshalb nur die üblichen Mieten. Die Kosten für die Gemeinschaftsräume, die extra für das Mehrgenerationenhaus geplant und gebaut wurden, muss der Eigentümer, also die Genossenschaft, tragen. Dennoch, sagt Werner Nußbaum, würde er so ein Projekt sofort wieder machen, die Erfahrungen seien durchweg positiv und der Bedarf sei riesig. „Ständig“ bekomme er Anfragen von ähnlichen Vereinen und Wohnprojekten, die „unter das Dach unserer großen Genossenschaft“, die immerhin 4.200 Wohnungen besitzt, schlüpfen wollen.

Wohnraum zu teuer

Trotzdem haben die Ehrenfelder kein zweites Mehrgenerationenhaus eröffnet. „So etwas in Bestandshäusern zu verwirklichen, geht nicht, man bräuchte ja mindestens zehn oder 15 leere Wohnungen gleichzeitig“, sagt Nußbaum. Und neu zu bauen, das käme inzwischen nicht mehr in Frage. „Wir können als Genossenschaft nicht Grundstücke zu Mondpreisen kaufen und dann zu Mickey Mouse Preisen vermieten, das geht leider nicht.“

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In kleinerem Rahmen versucht die Ehrenfelder Genossenschaft dennoch alternative Wohnformen zu unterstützen – so wurde bereits eine Demenz-WG eingerichtet, in dem Mehrgenerationenhaus gibt es eine Pflegegruppen-Wohnung und gerade überlegen die Genossenschaftler, wie sie gemeinsam mit einem Verein, der behinderte Heranwachsende betreut, ein integratives Wohnprojekt umsetzen können.

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