Größter Preisrückgang seit 23 JahrenWarum Immobilien im Kölner Raum nur für manche ein Schnäppchen sind

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Blick über ein Wohngebiet mit Einfamilienhäusern und mehreren Straßen. In den Gärten stehen zahlreiche Bäume. Das Gebiet hat viele Grünflächen.

Einfamilienhäuser wie hier in Köln-Vingst sind auf dem Immobilienmarkt begehrt. Die veränderte Zinslage hat bei den Preisen zu Veränderungen geführt.

Käufer sollten nicht allzu lange mit ihrer Entscheidung warten, sagt ein Experte. Die Zinsen könnten sich wieder bewegen.

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind im ersten Quartal 2023 so stark gesunken wie seit 23 Jahren nicht mehr. Gegenüber dem Vorjahresquartal gingen die Preise laut dem Statistischen Bundesamt demnach um durchschnittlich 6,8 Prozent zurück. Im Vergleich zum letzten Quartal des Vorjahres betrug der Rückgang 3,1 Prozent. Die Statistiker aus Wiesbaden machen für das Preisminus eine stark gesunkene Nachfrage in Folge höherer Kosten für eine Bankfinanzierung und explodierender Verbraucherpreise verantwortlich.

Immobilien: Preise sinken in Metropolen stärker als auf dem Land

Die Entwicklung macht sich im Stadt wie auf dem Land bemerkbar, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. In den Top-7-Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf waren Ein- und Zweifamilienhäuser gut ein Zehntel günstiger als im Vorjahresquartal, Wohnungen kosteten 6,4 Prozent weniger. In kreisfreien Großstädten waren die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 9,7 Prozent rückläufig, für Eigentumswohnungen um 5,7 Prozent. Einen geringeren, aber weiterhin deutlichen Preisrückgang verzeichneten Häuser (minus 7,8 Prozent) und Wohnungen (minus 5,3 Prozent) in dünn besiedelten ländlichen Kreisen.

Michael Voigtländer, Immobilienexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW), berichtet im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ von „sehr starken Veränderungen“ im Immobilienmarkt: „Der starke Zinsanstieg hat dazu geführt, dass Menschen keine Immobilien mehr kaufen können oder wollen.“ Anfang 2022 konnten Käuferinnen und Käufer Immobilienkredite mit zehnjähriger Laufzeit noch mit einem Zinssatz von 1,0 Prozent abschließen, doch seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine gingen die Zinsen nach oben. Aktuell fallen etwa 3,8 Prozent an. Viele, die sich vor anderthalb Jahren noch ein Haus oder eine Wohnung hätten leisten können, kommen als Käufer nicht mehr infrage. Entsprechend hat sich der Markt gelichtet, während das Angebot nicht geringer ist.

Es gibt einige, die jetzt verkaufen wollen, weil sie unsicher sind oder das Geld brauchen
Michael Voigtländer, Institut der deutschen Wirtschaft in Köln

„Es gibt einige, die jetzt verkaufen wollen, weil sie unsicher sind oder das Geld brauchen“, sagt Voigtländer. Doch wer jetzt verkaufen möchte, hat den besten Zeitpunkt bereits verpasst. Das gilt insbesondere für Immobilien mit schlechter Energiebilanz: „Besonders stark dürften die Preisrückgänge bei Immobilien sein, die einen hohen Energieverbrauch aufweisen“, sagt der IW-Experte. „Ein hoher Energieverbrauch ist mit erheblichen Mehrkosten und Sanierung verbunden, die irgendwann fällig werden. Bei jüngeren Immobilien ist mit niedrigeren Preisabschlägen zu rechnen.“

Energieklasse E: Preisnachlässe von 15 Prozent möglich

Das bestätigt Stefan Kraschl, Experte bei KSK-Immobilien, dem Immobilienmakler der Kreissparkasse Köln: Bei modernen Objekten könnten weiterhin hohe Preise durchgesetzt werden, dort komme es seltener zu Nachlässen. Die beschleunigte Energiewende infolge des russischen Angriffskriegs hat Häuser mit alten Heizungen und schlechten Dämmwerten äußerst unattraktiv gemacht. Es gilt also: Je höher der Energieverbrauch, desto schlechter lässt sich eine Immobilie verkaufen. „Bei älteren Objekten mit Energieklasse E und schlechter gibt es auch schonmal Preisnachlässe von 15 Prozent“, so Kraschl.

„In Köln und der Region gibt unter einzelnen Veedeln oder Gemeinden keine besonderen Gewinner oder Verlierer“, sagt der Experte der Kreissparkasse. Und Schnäppchen zu machen, „ist aufgrund der Zinslage schwierig“, so Kraschl. Das gilt nicht für alle: „Wem 100.000 oder 150.000 Euro zusätzliche Mittel ‚in den Schoß gefallen‘ sind, beispielsweise durch Erbschaft, der kann Schnäppchen machen“, sagt er.

Schnäppchen sind mit ausreichend Eigenkapital möglich

„Wer jetzt viel Eigenkapital hat und nicht so sehr auf die Bankfinanzierung angewiesen ist, hat jetzt Chancen“, sagt auch Michael Voigtländer: „Im Markt sind wenige Konkurrenten unterwegs und man besitzt eine gute Verhandlungsposition. Jetzt kann man durchaus ein Schnäppchen machen, in ein, zwei Jahren kann das anders aussehen.“ Er rechne mittelfristig damit, dass die Zinsen sich entspannen. „Wenn sie wieder sinken, werden die Preise relativ schnell wieder steigen“, sagt Voigtländer: „Ich glaube nicht, dass es sich lohnt, lange zu warten.“

Auch Stefan Kraschl sieht die Chance, „mit mehr Ruhe am Markt zu agieren und Objekte ein zweites Mal zu besichtigen. In der Vergangenheit war es für Käufer hektischer, da es ungleich mehr Interessenten gab.“ Da mussten dann auch schonmal spontan 20.000 Euro mehr geboten oder von heute auf morgen zugesagt werden, sonst war die Immobilie anderweitig vergeben. „Eine Nachfrage ist weiterhin da, aber der ganz große Hype der letzten Jahre ist vorüber.“

Und ein dramatischer Einbruch sei der aktuelle Preisrückgang schon gar nicht, sagt der Immobilienkenner: „In den vergangenen Jahren gab es Preissteigerungen von teilweise zehn Prozent pro Quartal, jetzt geht es um knapp sieben Prozent innerhalb eines Jahres zurück auf ein gesundes Niveau.“

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