Eklatanter UnterschiedSo viel weniger verdienen Kölnerinnen im Vergleich zu Kölnern

Lesezeit 6 Minuten
In roten Schuhen sitzt eine Teilnehmerin zwischen Männern in dunklen Anzügen und passendem Schuhwerk.

Vor dem Gesetz sind Männer und Frauen in Deutschland gleichgestellt. In vielen Lebensbereichen zeigen sich aber immer noch deutliche Ungleichheiten.

Dass Männer und Frauen gleich behandelt werden, davon sind wir noch weit entfernt. Wie und wo sich das in Köln und der Region auswirkt, zeigen wir anhand verschiedener Statistiken.

Braucht es tatsächlich noch einen Weltfrauentag, im Jahr 2023? Hier in Deutschland ist Gleichstellung doch längst erreicht, mögen Sie jetzt denken. Schließlich ist doch sogar in unserem Grundgesetz verankert, dass Männer und Frauen in allen Lebensbereichen gleichgestellt sind. 

So einfach ist es aber nicht, das hat sogar die Bundesregierung erkannt: „In Deutschland ist die rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern erreicht. An der tatsächlichen, alltäglichen Gleichstellung arbeiten wir noch.“

Denn vor allem in der Arbeitswelt, der Politik und insbesondere der Familie lebt die Benachteiligung von Frauen fort – auch im Jahr 2023. Wie und wo sich das ganz konkret hier in Köln und der Region auswirkt, zeigen wir anhand verschiedener Statistiken.

Wer führt die größten Unternehmen in Köln und Region?

Dass Frauen in gleichem Maße wie Männer erwerbstätig sein dürfen, ist in Deutschland seit Jahrzehnten gang und gäbe.  Dennoch bestehen weiterhin markante Ungleichheiten in der Arbeitswelt. So existieren zum einen geschlechtsspezifisch geteilte Arbeitsmärkte, die für Frauen tendenziell schlechtere Arbeitsbedingungen, geringere Einkommen, ein niedrigeres soziales Ansehen sowie höhere Armuts- und zum Teil auch Arbeitsplatzrisiken mit sich bringen.

Zum anderen haben Frauen es immer noch erheblich schwerer, Karriere zu machen. Zwar rücken sie inzwischen zunehmend in die höheren Ebenen der Berufswelt vor, dennoch gilt weiterhin die ungeschriebene Regel: je höher die Ebene der beruflichen Hierarchie, umso kleiner der Anteil der Frauen und umso ausgeprägter die Dominanz der Männer.

Die Chefetagen der Berufswelt sind inzwischen zwar keine „frauenfreien Zonen“ mehr; immer häufiger gelingt Frauen der Aufstieg bis in die Spitzenpositionen. Aber auch heute bilden sie dort nur kleine Minderheiten. Dieses Bild zeigt sich auch bei den beschäftigungsstärksten Unternehmen im IHK-Bezirk Köln: Von insgesamt 49 Vorstandspositionen sind nur 11 mit Frauen besetzt, also gerade einmal 23 Prozent. Parität herrscht dabei lediglich im Vorstand der Kliniken der Stadt Köln, in allen anderen Vorstandsgremien sind Frauen deutlich in der Unterzahl. Der Vorstand des Chemiekonzerns Lanxess ist derzeit sogar komplett männlich besetzt. Nach Angaben eines Unternehmenssprechers rückt jedoch Anfang April eine Frau in den Vorstand auf.

Übrigens: Eine Studie aus dem Jahr 2021 zeigt auf, dass bei der derzeitigen Entwicklung Geschlechterparität in den Vorständen der 100 größten deutschen börsennotierten Unternehmen frühestens im Jahr 2053 erreicht wird.

Wie viel Geld steht Männern und Frauen zur Verfügung?

Die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen zeigt sich aber nicht nur in den Vorstandsgremien und Chefetagen, sondern in jedem Job und in jeder Branche. Denn durchschnittlich betrachtet, verdienen Männer auch heute noch erheblich mehr Geld als Frauen – rund sieben Prozent für die exakt gleiche Arbeit. Zieht man den durchschnittlichen Stundenlohn über Branchengrenzen hinweg zu Rate, wächst der Einkommensabstand auf satte 18 Prozent an. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, erhielten Frauen mit durchschnittlich 20,05 Euro einen um 4,31 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (24,36 Euro).

Die Ursachen für diese Gehaltslücke, auch Gender-Pay-Gap genannt, hat vielfältige Ursachen. „Frauen arbeiten beispielsweise in schlechter bezahlten Berufen oder erreichen seltener Führungspositionen als Männer. Einige Frauen erhalten auch dann von ihrem Arbeitgeber weniger, wenn Tätigkeit, Bildungsweg und Erwerbsbiografie vergleichbar mit denen der männlichen Kollegen sind“, heißt es in der Erklärung des Statistischen Bundesamts.

Während Frauen in Köln über ein Medianeinkommen von 1300 bis 1500 Euro netto im Monat verfügen, sind es bei Männern 1500 bis 2000 Euro. NRW-weit liegt das Medianeinkommen der Frauen sogar nur bei 900 bis 1300 Euro je Monat.

Teilzeit oder Vollzeit: Wie arbeiten Männer und Frauen in Köln?

Hinzu kommt, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten als Männer, wodurch die Verdienstungleichheit weiter verstärkt wird. Dieses Bild zeigt sich auch in Köln: Während 82 Prozent der erwerbstätigen Männer Vollzeit arbeiten, sind es bei den Frauen gerade einmal 56 Prozent.

Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen wird meist am Stundenlohn festgemacht. Aufs gesamte Berufsleben gerechnet fällt der Unterschied noch drastischer aus. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt: Frauen verdienen, auf das komplette Erwerbsleben gerechnet, nur etwas mehr als halb so viel Bruttoeinkommen wie Männer. 

Für Mütter ist dieser sogenannte Gender Lifetime Earnings Gap noch größer. Damit haben sich auch drei Ökonominnen des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) beschäftigt und den Zusammenhang zwischen Gender-Pay-Gap und Gender-Care-Cap – also der ungleichen Verteilung von Familienarbeit – untersucht.

Auffällig ist, dass die Lohnlücke bei den 20- bis 30-Jährigen noch nicht sehr ausgeprägt ist. Zwar liegen die durchschnittlichen Bruttostundenlöhne von Frauen auch in dieser Altersgruppe etwas unter denen der Männer. „Aber beide Gruppen verzeichnen in diesem Alter ein sehr ähnliches Lohnwachstum. Ab dem Alter von 30 Jahren steigt jedoch die Gender-Pay-Gap stark an“, schreiben die Autorinnen Clara Schäper, Annekatrin Schrenker und Katharina Wrohlich. Während für Männer bis zum Alter von 40 Jahren ein hohes Lohnwachstum zu verzeichnen ist, stagniert der Brutto-Stundenlohn von Frauen.

In Zahlen ausgedrückt: Die Lohnlücke beträgt in der Gruppe der 20- bis 30-Jährigen etwa sieben Prozent. Danach steigt sie stark und erreicht im Alter ab 40 Jahren mehr als 22 Prozent und bleibt bis zum Ende des Erwerbslebens auf diesem Niveau. Dass die Gender-Pay-Gap sich mit dem durchschnittlichen Alter von Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes ausweitet, ist der Studie zufolge kein Zufall.

Denn auch die sogenannte Gender Care Gap weitet sich im Alter zwischen 25 und 35 Jahren stark aus. „Mit der Geburt eines Kindes haben Frauen deutlich häufiger als Männer familienbedingte Erwerbsunterbrechungen und arbeiten deutlich häufiger in Teilzeit. Beides beeinflusst auch den Stundenlohn negativ“, heißt es in der Analyse.

Aus dem Gutachten für den Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung geht hervor, dass Frauen für unbezahlte Sorgearbeit deutlich mehr Zeit aufwenden als Männer. Frauen verwenden im Schnitt täglich 52,4 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Umgerechnet sind das 87 Minuten Unterschied. So leisten Männer pro Tag im Schnitt zwei Stunden und 46 Minuten unbezahlte Sorgearbeit, bei Frauen sind es vier Stunden und 13 Minuten.

Deutscher Staat setzt starke Anreize für traditionelle Rollenaufteilung

Aber es steht doch jeder Familie frei, eine andere als die klassische Rollenaufteilung zu wählen, mögen Sie jetzt anmerken. Natürlich, zumindest in der Theorie. In der Praxis sorgen bestehende Lohnunterschiede sowie staatliche Anreize jedoch weiterhin dafür, dass die traditionelle Aufteilung – zumindest zeitweise – mehr Vorteile zu bieten scheint. Das zeigt auch eine Studie der Bertelsmann Stiftung: Die Kombination aus Ehegattensplitting, steuer- und abgabenfreien Minijobs sowie fehlenden Betreuungsmöglichkeiten setzt starke Anreize für eine traditionelle Rollenaufteilung, in der die Frau weniger Erwerbsarbeit und dafür mehr Sorgearbeit übernimmt als der Mann, heißt es darin.

Dabei sind die Vorteile einer solchen Spezialisierung im Haushalt über das Leben gering, der Preis langfristig aber hoch: „Viele Frauen stecken in der Zweitverdienerinnenfalle fest. Dadurch sind es bei Trennungen und im Alter vor allem Frauen, die gravierende finanzielle Einbußen in Kauf nehmen müssen“, erklärt Manuela Barišić, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung.

Für Alleinerziehende – zumeist Mütter – ist die Situation laut Studie besonders bitter. Im Vergleich zu verheirateten Müttern, die in traditionellen Rollen durch das Partnereinkommen abgesichert sind, fällt es Alleinerziehenden, die auf eigene Erwerbstätigkeit angewiesen sind, deutlich schwerer, ihren Lebensstandard zu sichern. Sie müssen im Haupterwerbsalter zwischen 20 und 55 Jahren durchschnittlich Einbußen von rund 25 Prozent hinnehmen.

Bis zur Rente steht Frauen im Schnitt weniger Geld zur Verfügung als Männern

Die finanziellen Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen, die sich früh auftun und durch das gesamte Berufsleben ziehen, wirken sich natürlich auch auf Rentenansprüche aus. So erhalten Männer in Nordrhein-Westfalen verglichen mit Frauen im Durchschnitt den 1,9-fachen Rentenbetrag: Männern stehen 1356 Euro pro Monat zur Verfügung, bei Frauen sind es gerade einmal 733 Euro. Die Armutsgrenze für einen Einpersonenhaushalt liegt in Deutschland übrigens bei 1251 Euro.

KStA abonnieren