Weniger Inhalt zum gleichen PreisWie große Hersteller bei Verpackungen tricksen

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Rama hat eine neue Verpackung – und 100 Gramm weniger Inhalt bei gleichem Preis

Rama hat eine neue Verpackung – und 100 Gramm weniger Inhalt bei gleichem Preis

Köln – Wenn Lebensmittelhersteller die Verpackungen ihrer Produkte erneuern, wird damit suggeriert, dass sich der Inhalt verbessert habe. Sie werben mit neuen Farben, neuen Rezepturen. Zuletzt verschleiert der optische Neuanstrich allerdings häufig eine Veränderung, die zum Nachteil der Verbraucher ist. Denn immer mehr Lebensmittel werden in kleinerer Füllmenge verkauft – aber zum gleichen Preis.

Diese versteckten Preiserhöhungen nennt man „Shrinkflation“. Der Begriff leitet sich vom englischen Wort „shrink“ (schrumpfen) und „Inflation“ ab. Bei den Verbraucherzentralen gehen derzeit vermehrt Beschwerden zu diesem Vorgehen ein, und das über alle Produktgruppen hinweg. „Ganz besonders viele Beschwerden gibt es zu Margarine“, sagt Elisabeth van Thiel, Fachsachbearbeiterin für Lebensmittelrecht bei der Verbraucherzentrale NRW. Viele Marken haben die Füllmenge hier zuletzt spürbar reduziert, Rama und Sanella gar um 100 auf nun nur noch 400 Gramm. Das entspricht einem Preisanstieg von 25 Prozent.

Haribo und Pringles heimlich verteuert

Aber auch zahlreiche andere Hersteller haben ihre Produkte geschrumpft: In den kleinen Haribo-Tütchen befinden sich nun nur noch 175 statt 200 Gramm (ca. 15 Prozent teurer), der Inhalt einer Pringles-Packung verringerte sich von 200 auf 185 Gramm. Laut Hamburger Verbraucherzentrale sind zuletzt außerdem verstärkt die Eigenmarken großer Händler betroffen. In einigen Fällen werden die Preise gleich doppelt erhöht: durch eine geringere Füllmenge bei teureren Verkaufspreisen.

Die Gründe liegen auf der Hand: Über die gesamte Produktionskette hinweg sind die Kosten stark gestiegen, für Energie, Logistik und Rohstoffe wie Speiseöl. Eine kleinere Füllmenge ist leichter zu kaschieren als ein gestiegener Preis.

Billigere Zutaten verwendet

Auch bei der Zutatenliste wird gerne der Rotstift angesetzt. Teure Zutaten werden dabei durch billige, weniger hochwertige Alternativen ausgetauscht. Verbraucherschützer nennen das „Skimpflation“ (skimp: knausern, schludern). „Bei Margarine wird zum Beispiel Fett durch Wasser ersetzt. Wir hatten auch einen Fall, bei dem ein Haferdrink nur noch fünf statt elf Prozent Vollkornhafer enthielt“, sagt van Thiel.

Wer nicht regelmäßig Verkaufsetiketten studiert, bekommt das häufig nicht mit. Es sei „völlig intransparent“, was sich in der Branche abspiele, sagt Thiel. „In Krisenzeiten merken wir, dass der Lebensmittelmarkt dringend Leitplanken braucht.“ Die Verbraucherschützer sprechen sich daher für die Einrichtung einer Markttransparenzstelle aus.

Waren mit viel Luft verpackt

Auch unabhängig von einer Veränderung der Füllmenge bei gleichem oder gar steigendem Preis neigen viele Konsumgüterhersteller zum Pfuschen, was die Verpackung angeht. Um mehr Inhalt vorzugaukeln, umgeben Lebensmittelhersteller ihre Waren oft mit unverhältnismäßig viel Luft, arbeiten mit doppelten Böden, großen Deckeln, dicken Wandungen oder schlicht überdimensionierten Umverpackungen. Laut Mess- und Eichgesetz sind solche Täuschungsmanöver eigentlich verboten. Doch fehlen in genau diesem Gesetz konkrete Regelungen, wann eine solche Mogelpackung vorliegt. Lediglich eine Verwaltungsrichtlinie gibt grob vor, dass nicht mehr als 30 Prozent Luft in der Packung sein sollten.

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Nicht jede Riesenverpackung mit wenig Inhalt ist aber gleich verboten. So liegt zum Beispiel laut der Verbraucherzentrale Hessen keine Täuschung vor, wenn die Käufer mit einem Missverhältnis zwischen Inhalt und Umfang der Verpackung rechnen können. Wie zum Beispiel bei gut tastbarem Inhalt oder durchsichtiger Umverpackung. Pralinenpackungen dürfen so gestaltet sein, dass das Volumen der Verpackung sechsmal so groß ist wie das Gewicht der Praline.

„Die schwammigen Bestimmungen und dadurch notwendigen Einzelfallprüfungen machen es schwer, Mogeleien schnell und konsequent zu unterbinden und unnötigen Verpackungsmüll zu vermeiden“, heißt es bei der Verbraucherzentrale Hessen. „Darum halten wir es für sinnvoll und notwendig, konkrete Regelungen zu erlassen und Gesetzestexte anzupassen, wonach jede Verpackung bis zum Rand beziehungsweise zur Naht gefüllt sein sollte.“

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