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1,1 Millionen Sendungen täglichWie sich ein Kölner Briefzentrum an schrumpfenden Postverkehr anpasst

4 min
Mehrere Mitarbeiter sortieren kleine Pakete in den Multiformatsorter ein.

Letzte große Investition im Briefzentrum Köln-Gremberghoven: Mit dem Multiformatsorter können auch kleine Pakete bearbeitet werden

30 Jahre nach Eröffnung ist die Verteilerbasis der Deutschen Post in Gremberghoven inzwischen auch für Päckchen zuständig – was sich bis 2030 noch ändern soll

Wenn alle Sendungen am Ende einer Schicht in den gelben Transportern verstaut sind, wird im Briefzentrum in Köln-Gremberghoven applaudiert – täglich. „Post ist Mannschaftssport“ steht auf einem großen Banner, das an einer Wand in der 6500 Quadratmeter großen Halle hängt. Teil dieser Mannschaft ist seit ziemlich genau 30 Jahren auch Frank Dreier. Er war dabei, während insgesamt rund 11,5 Milliarden Sendungen – so die Hochrechnung der DHL Group – die Verteilerbasis am Standort im Kölner Osten durchliefen. 

Ende Oktober 1995 startete dort der Probebetrieb, 1996 ging das Briefzentrum als eines der ersten von bundesweit mittlerweile 82 „BZs“, wie sie unter Postlern genannt werden, an den Start. Eine alte Briefmarke zeigt den Werbespruch von damals: „Im Osten geht die Sonne auf.“  

Denn 300 Mitarbeitende und mehr als 30 Maschinen sorgen dafür, dass die Briefe von und für das Gebiet mit der Postleitzahl 51, vom rechtsrheinischen Köln über Leverkusen und Bergisch Gladbach, gestempelt und für die weitere Zustellung sortiert und weitergeleitet werden. „Das sind etwa 1,1 Millionen Sendungen pro Tag“, sagt Dreier, der nach seiner Ausbildung im Unternehmen als Betriebsaufsicht in Gremberghoven angefangen hat und seit 2019 den Standort leitet. 

Briefzentrumsleiter Frank Dreier (links) und Schichtleiter Riza Karadag arbeiten seit Gründung im Jahr 1995 im Briefzentrum 51.

Briefzentrumsleiter Frank Dreier (links) und Schichtleiter Riza Karadag arbeiten seit Gründung im Jahr 1995 im Briefzentrum in Gremberghoven.

Obwohl das Zentrum in 30 Jahren einen weitreichenden Digitalisierungsprozess durchgemacht hat, läuft nicht alles vollautomatisch. „Wir haben natürlich modernere Sortieranlagen und eine deutlich effektivere Leseelektronik“, so der 52-Jährige. Was früher per Hand sortiert werden musste, nehme heute nur noch einen Bruchteil des täglichen Geschäfts ein. Es gebe zwar viel Technik, aber der Mensch sei immer noch nötig. 

Zum Beispiel am Multiformatsorter, einer großen Maschine, die erst 2022 angeschafft und für die die Hallenkapazitäten erweitert wurden. „Da müssen wir noch selber auflegen“, erklärt Dreier, während seine Kollegen die Päckchen mit dem Adressfeld nach oben aufs Laufband heben, sodass eine Kamera sie auslesen und den Zielorten in ganz Deutschland zuordnen kann. 

Mehr Päckchen, weniger Briefe

Die Sortieranlage war Teil einer strategischen Neuausrichtung des Logistik-Konzerns, der auf die Entwicklung hin zu mehr Onlinebestellungen und gleichzeitig weniger Briefen reagiert hat. „Noch kommen auf sieben Briefe ein Paket“, so Niederlassungsleiterin Juliane Tiemann, die für insgesamt 4500 Angestellte an den Standorten in Köln und Troisdorf zuständig ist. „In Zukunft wird sich das Verhältnis aber auf zwei Briefe zu einem Paket ändern“, prognostiziert sie für 2030. 

Weil der Multiformatsorter kleine, sogenannte „warentragende“ Sendungen mit einer Größe von bis zu 15 Zentimetern bearbeitet, also etwa Buchsendungen, Ersatzteile oder Handyhüllen, werden die überquellenden Paketzentren entlastet, so Tiemann. 15.000 Päckchen übernimmt das Briefzentrum Gremberghoven etwa. Die Umstrukturierung soll sich auch in der Zustellung zeigen: Noch werden insbesondere im städtischen Bereich Pakete und Briefe getrennt voneinander geliefert. In fünf Jahren soll sich in 90 Prozent der Bezirke die Verbundzustellung etabliert haben, sagt die Niederlassungsleiterin.

Auf 6500 Quadratmetern stempeln und sortieren 300 Mitarbeitende die Post für und von Menschen aus Postleitzahlbereich 51.

Auf 6500 Quadratmetern stempeln und sortieren 300 Mitarbeitende die Post für und von Menschen aus Postleitzahlbereich 51.

Und noch eines soll bis 2030 optimiert werden: Im besten Fall bearbeiten die Briefzentren die Post so, dass sich der Vorbereitungsaufwand für den Zusteller auf ein Kleinstes minimiert. „Schon jetzt können wir die Sendungen viel feiner und tiefer sortieren, als früher. Sie werden exakt auf die Gangfolge der Touren angepasst“, erklärt Dreier. Selbst die Reihenfolge von Briefkästen an Hochhäusern berücksichtigt das System – und spart bei der Lieferung unnötige Meter und Zeit ein. 

Die immer feiner werdende Sortierung sichere außerdem den Standort. „Der Briefverkehr nimmt zwar ab, aber wir fassen die Sendungen öfter an, dadurch erhöht sich die Verarbeitungsmenge.“

Mengenmäßig haben die Mitarbeitenden auch in den kommenden Monaten mehr zu tun. Mit dem Ende der Herbstferien stelle man sich hier klassischerweise aufs Weihnachtsgeschäft ein. Ein besonders hohes Sendungsaufkommen werde auch am Black Friday (28. November) und der anschließenden Cyber-Week erwartet. Insgesamt hat DHL dafür rund 10.000 zusätzliche Aushilfskräfte in ganz Deutschland eingestellt und 11.000 Autos extra angemietet, wie aus einer Pressemitteilung des Unternehmens hervorgeht. 

Auch in Gremberghoven wird dann aufgestockt. Übrigens nicht nur, weil mehr Post bearbeitet werden muss – sondern auch, weil die Anzahl nicht-maschinenlesbarer Briefe zunimmt. Bunte, verschnörkelte Weihnachtskuverts machen der Technik manchmal Probleme. Im Zweifel ist dann wieder Handsortierung gefragt, so wie vor 30 Jahren.