„Es war gemein, die Schwester da mit hineinzuziehen“

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Mit ungewöhnlicher Härte hat die Staatsanwaltschaft im Mordprozess Alina auf Versuche der Verteidigung reagiert, die Glaubwürdigkeit von Mutter und Schwester zu hinterfragen. In seinem Plädoyer, in dem er lebenslange Haft für den angeklagten Stiefvater forderte, sorgte Staatsanwalt Stephan Neuheuser mit einem Satz für Aufsehen: „Es war gemein, wie die Verteidigung versucht hat, die Schwester Vanessa da mit hineinzuziehen.“ Die beiden Anwälte von Jimmy J. hatten immer wieder auf vermeintliche Ungereimtheiten in der Aussage Vanessas hingewiesen und bei Zeugen diesbezüglich Nachfragen gestellt. Allerdings ohne Erfolg. Vanessas Angaben wurden letztlich als absolut glaubwürdig anerkannt, auch weil sie im Laufe des Prozesses von vielen Zeugen bestätigt wurden.

Verteidiger Thomas Ohm machte sich bei dieser Kritik der Staatsanwaltschaft eifrig Notizen. Es ist davon auszugehen, dass er oder seine Kollegin Karin Bölter in ihren Plädoyers am Donnerstag darauf eingehen werden. Dass die Verteidigung „in diesem Punkt unter der Gürtellinie agiert“ habe, kritisierte wenig später auch Vanessas Opferanwältin: „Vanessa ist schwer traumatisiert durch die Vorfälle in der Tatnacht. Sie leidet noch heute fürchterlich. Wenn sie bemüht ist, dies nicht nach außen zu zeigen, so kann man ihr das nicht zum Vorwurf machen.“

In der Tat überraschten sowohl Vanessa als auch ihre Mutter, die als Nebenklägerin auftritt, durch eine außergewöhnliche Selbstdisziplin an jedem der bislang zwölf Prozesstage. Sie sitzen stundenlang dem Angeklagten gegenüber, lassen sich aber nicht zu Gefühlsausbrüchen hinreißen. Sonja Utermann, Anwältin der Mutter Ingeborg J., deutete in ihrem Plädoyer allerdings an, wie die Familie unter der Bluttat leidet: „Meine Mandantin ist psychisch am Ende.“ Auch Utermann forderte eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten.

Ingeborg J. gab nach ihrer Anwältin noch selbst eine kurze Stellungnahme ab. Sie bestätigte, dass sie mit der Scheidung von Jimmy J. warten wollte, bis er seine vermeintliche Erbschaft im Iran antreten konnte. Dies habe sie aber nicht wegen eigener Interessen gemacht, „sondern damit er nach der Trennung finanziell nicht in ein Loch fällt“. Das Erbe entpuppte sich wenig später als Hirngespinst.

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