„Für die, die eine Berufung in sich fühlen“

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Unterricht mit Schulleiter Günter Dischinger, der eigentlich Pensionär ist, aber aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen den Legionären Christi „Starthilfe“ in Sachen Schulverwaltung geben kann. (Bild: Nickel)

Unterricht mit Schulleiter Günter Dischinger, der eigentlich Pensionär ist, aber aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen den Legionären Christi „Starthilfe“ in Sachen Schulverwaltung geben kann. (Bild: Nickel)

Bad Münstereifel – Seine Klassenkameraden träumten davon, Feuerwehrmann oder Astronaut zu werden. Fragte man den kleinen Vincenz Heereman nach seinem Berufswunsch, antwortete er: „Papst, aber Bischof wäre auch gut.“ Dass er sein Leben in den Dienst der Kirche stellen wolle, habe er jedenfalls schon im Vorschulalter deutlich gespürt, sagt Vincenz Heereman lachend, der heute Bruder der Legionäre Christi und der erste deutsche Absolvent einer der Knabenschulen der Kongregation ist. Der früh verspürte Ruf Gottes festigte sich bei ihm, als er ab seinem 14. Lebensjahr die Apostolische Schule in Paris besuchte, im Anschluss begann er sein Noviziat in Bad Münstereifel.

Erste in Deutschland

Seit kurzem nun ist der heute 24-Jährige Betreuer an der Apostolischen Schule, die die Legionäre Christi im Oktober im ehemaligen St.-Angela-Internat eröffnet haben - die erste deutsche ihrer Art von weltweit 20 Apostolischen Schulen der Ordensgemeinschaft. 17 Jungen zwischen elf und 18 Jahren gehören zu den ersten Schülern der neu gegründeten Einrichtung. Sie kommen aus der ganzen Republik, von Marktoberndorf in Bayern bis Düsseldorf, auch drei Schüler aus Zülpich gehören dazu.

Streng gescheitelt und in Schuluniformen gekleidet, sitzen sie in den Klassenräumen, nicht mehr als ein halbes Dutzend Jungs in einer Klasse. Unterrichtet werden sie von neun weltlichen Lehrern, etliche Pensionäre sind darunter. Gefunden haben die Legionäre Christi sie über Anzeigen in kirchennahen Zeitungen oder mit Hilfe des Arbeitsamtes. Auch Schulleiter Günter Dischinger ist pensionierter Pädagoge, „ein Profi in Sachen Schulleitung, der uns hier auch in organisatorischen Dingen eine gute Starthilfe gibt, denn für uns ist die deutsche Schulgesetzgebung noch Neuland“, erklärt Bruder Joachim Richter, Studienpräfekt der Schule. Seine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Schüler angemessen gefördert und gefordert werden. Auch hat er die Rolle des Vermittlers zwischen den Ordensbrüdern und den weltlichen Lehrkräften inne.

Rektor der Apostolischen Schule ist Pater Fergus O'Carroll aus Limmerick, unter dessen Führung schon 800 Priester und rund 250 Seminaristen ausgebildet wurden. Der altgediente Legionär Christi, der bereits 1965 der Kongregation beitrat, erklärt: „Wir sind eine Schule für diejenigen, die eine Berufung in sich verspüren. Hier finden sie eine Atmosphäre, in der sie dies leben und entdecken können, um am Ende eine definitive Entscheidung zu treffen.“ Nicht jeder trete nach dem Abitur auch tatsächlich ins Noviziat ein. „Einen Priester kann man nicht machen“, betont Pater Fergus. Und Bruder Joachim Richter fügt an: „Ein Kind, das eine große sportliche Begabung zeigt, würden die meisten Eltern doch auch an einem Sportgymnasium anmelden.“

Bis zu 70 Schüler

Die Legionäre Christi rechnen mit sieben bis 15 neuen Schülern pro Jahr, so dass am Ende 55 bis 70 Schüler im Internat leben werden. Dabei steht keineswegs nur Religion auf dem Stundenplan - „wir bieten die selben Fächer und die gleiche Stundenzahl wie andere Schulen“, so Bruder Joachim. Nur dass an weltlichen Schulen die Ausbildung nicht so ganzheitlich sei wie an der Apostolischen Schule. „Hier geht es nicht um eine reine Wissensvermittlung, bei uns wird auch auf die Charakterbildung großer Wert gelegt.“ Das reicht von anständigen Tischmanieren bis hin zu sozialer Verantwortung, Disziplin und Respekt vor den Mitmenschen. „Von den Eltern hören wir nach ein paar Monaten oft, dass ihre Kinder enorm gereift seien“, so Pater Fergus. Bruder Vincent lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass die Jungs, so brav sie Außenstehenden erscheinen mögen, „einem auch schon mal auf der Nase herumtanzen“. Und er muss es wissen, ist er doch als Betreuer eine Mischung aus großem Bruder und „Mama“, der mit den Jungs Fußball spielt und bei Bauchweh die Wärmflasche bereitet.

Dass man den Schülern der Apostolischen Schule ein Höchstmaß an Eigenverantwortung zuschreibt, zeigt sich unter anderem in Regelungen wie dieser: Klausuren werden nicht unter Aufsicht geschrieben, sondern am eigenen Schreibtisch. Wer pfuscht, muss dies mit seinem Gewissen in Einklang bringen, genauso wie die Fouls beim Fußballspiel. „Einen Schiedsrichter brauchen wir nicht“, erzählt Brandon aus Zülpich. Der 13-Jährige ist glücklich an der Apostolischen Schule, weil hier „Nächstenliebe gelebt wird“. Außerdem lerne es sich viel besser - an seiner alten Schule saß er mit 32 anderen im Klassenraum.

Auch Hubert Gatzweiler aus Zülpich ist von seiner neuen Schule begeistert - „keiner wird ausgegrenzt, wir sind eine tolle Gemeinschaft“. Anfangs, so der Neuntklässler, sei ihm die Umstellung jedoch schwergefallen - vor allem, weil eine andere Disziplin an der Tagesordnung sei als an seiner alten Schule. Ob er denn sicher sei, später einmal Priester zu werden? „Ich habe hier eine gute Gelegenheit, das herauszufinden“, antwortet er.

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