„In welcher Gesellschaft werden unsere Enkel leben?“

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Prof. Dr. Jost Bauch.

Prof. Dr. Jost Bauch.

Prof. Dr. Jost Bauch stellte im City-Forum streitbare Überlegungen zur Zukunft der Bundesrepublik vor.

Euskirchen - Nein, ein Blatt nahm Prof. Dr. Jost Bauch nicht vor der Mund. Der Soziologe, der an der Universität Konstanz lehrt und in Euskirchen lebt, referierte am Montag während einer Versammlung der Kreissenioren-Union über das Thema „In welcher Gesellschaft werden unsere Enkel leben?“ Auf ausgesprochen eloquente Art und Weise malte der Wissenschaftler ein durchweg düsteres Zukunftsszenario an die Wand. Seine provokanten Thesen stützte er einerseits mit Daten und Fakten. Andererseits trat hinter der Fassade der rein empirischen Erhebung ein Weltbild zutage, dass sich wohl mit dem Begriff „neokonservativ“ bezeichnen ließe.

„Gebärverweigerung“

Ein Beispiel: Die Probleme der demographischen Entwicklung skizzierte Jost Bauch zunächst mit eindrucksvollen Zahlen. Die Lebenserwartung der Menschen in Deutschland steigt, im Gegenzug werden zu wenig Kinder geboren, die Gesellschaft überaltert. Irgendwann, so analysierte der Wissenschaftler, steht die Alterspyramide komplett auf dem Kopf. Im nächsten Atemzug sprach er von der „Gebärverweigerung deutscher Frauen“ und gab emanzipatorischen Bestrebungen eine Mitschuld an sinkenden Bevölkerungszahlen.

Den Frauen legte er ans Herz, ihre Selbstverwirklichung eher in der Kindererziehung denn in „niederen Büroarbeiten“ zu suchen. Konsequenterweise forderte der Soziologe eine grundlegende Reform der Familienpolitik ein.

„Vehemente Einschnitte“ verlangte er dagegen bei den sozialen Sicherungssystemen, die in Zukunft schlichtweg unfinanzierbar würden: Allein mit der Praxisgebühr, so Bauch, sei es da nicht getan.

Als es um die Globalisierung ging, lehnte sich Jost Bauch eng an Samuel Huntingtons umstrittene These vom „Kampf der Kulturen“ an. Vor allem linke Soziologen, so Bauch, hätten in der Vergangenheit „One-World“-Theorien vertreten, die von einem friedlichen Miteinander von Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen ausgehen. Der Konstanzer Wissenschaftler prophezeite für die Zukunft eine „Parallelgesellschaft“, in der verschiedene geschlossene ethnische Gruppen nebeneinander leben. „Das wird ein Hauen und Stechen geben“, sagte der Soziologe, der einen Kampf um Anteile am ohnehin sinkenden Bruttosozialprodukt vorhersagte.

Was man Prof. Dr. Jost Bauch attestieren muss: Er legte einige beeindruckende Zahlen vor, die die Zuhörer zum Grübeln brachte. So rechnete er etwa vor, dass der Anteil der Lohnnebenkosten im Jahre 2035 etwa 63 Prozent des Einkommens ausmachen werde. Um die sozialen Systeme weiter zu finanzieren, müsste das Rentenalter dann bei 77 Jahren liegen. „Viele müssten dann über den Tod hinaus arbeiten“, sagte Jost Bauch. Dass sich das Konzept der sozialen Absicherung an diesem Punkt ad absurdum führt, liegt auf der Hand.

Dann führte Jost Bauch Statistiken zum Problem der Zuwanderung an. Er behauptete, dass der Sozialhilfeanteil bei Ausländern drei Mal so hoch sei wie der Bevölkerungsanteil, dass die Arbeitslosenquote bei Einwanderern doppelt so hoch sei wie allgemein in der Bundesrepublik, und dass 40 Prozent der in Deutschland lebenden Türken nicht berufstätig seien. In Zukunft werde sich die Situation noch verschärfen. 2060, so Bauch, werde es in Deutschland wohl mehr Ausländer als Einheimische geben. „Die Enkel-Generation wird dann gewaltige Probleme mit der Durchsetzung ihrer Identität und ihrer Interessen haben“, sagte der Soziologe.

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