„Mein Kopf ist im Moment nicht frisch“

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Der Angeklagte schwieg am ersten Prozesstag vor der 11. großen Strafkammer des Kölner Landgerichts. Noch in der Tatnacht hatte er hingegen ein Geständnis abgegeben.

Köln / Bergheim-Büsdorf - Mit herunterhängenden Schultern, den Blick starr nach unten gerichtet, betrat Markus K. gestern den Gerichtssaal. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, seine Freundin Elke S. aus Bergheim-Büsdorf und seinen dreijährigen Sohn Robin in der Nacht zum 30. Juli 2001 getötet zu haben. Ins Gesicht, in Bauch und Oberkörper trafen die 40 Jahre alte Altenpflegerin die Messerstiche ihres ehemaligen Partners. Sie starb an ihren inneren Blutungen. Die Schreie von Sohn Robin, der die Tat beobachtet hatte, brachte Markus K. zum Ersticken, indem er ihm - laut Anklage - mit großer Wucht das Messer dreimal in Herz und Rücken stieß. Damit habe er den einzigen Tatzeugen beseitigen wollen.

Gleich zu Beginn der Verhandlung erklärte Verteidiger Uwe Krechel, dass sein Mandant schweigen werde, keine Fragen zur Tat beantworten werde. Außerdem beantragte Krechel, einen männlichen psychiatrischen Sachverständigen zu bestellen. Der von der Staatsanwaltschaft bestimmten Frau wolle K. sich nicht öffnen. Der Verteidiger bedauerte, dass diesem Wunsch nicht schon früher entsprochen worden sei. Die Beauftragung der Gutachterin sei ohnehin „nicht ordnungsgemäß gelaufen“, es gebe keinen Aktenvermerk. Das Gericht unter Vorsitz von Dr. Bruno Terhorst will den Antrag beraten.

Blutverschmiert, zitternd und mit einem Handtuch um die verletzte Hand gewickelt, fanden zwei Polizisten Markus K. in der Mordnacht im drei Kilometer entfernten Niederaußem. Er selbst hatte um seine Verhaftung gebeten. „Ich habe etwas Schlimmes getan. Habe meine Freundin und mein Kind umgebracht“, habe der Angeklagte gestammelt. Auf eine als Zeugin geladene Polizistin habe er einen verwirrten Eindruck gemacht. Er habe immer wieder gemurmelt, sein Leben sei jetzt verpfuscht. Die Adresse von Elke S. konnte er aber angeben. Doch der Notarzt kam zu spät.

Mit versteinerten Miene und ohne Emotionen zu zeigen, verfolgte der Angeklagte die Schilderungen der geladenen Polizeibeamten. Zuvor hatte er - sichtlich angestrengt - von seiner Vergangenheit berichtet. Seine Kindheit verbrachte er in Baden-Württemberg in mehreren Waisenhäusern und bei Pflegefamilien. Seine Mutter hatte ihn gleich nach der Geburt im Stich gelassen. Sie setzte sich nach Frankreich ab. Wer sein Vater ist, weiß K. nicht. Stockend und in kurzen, abgehackten Sätzen sprach der 38-Jährige auch von seinen glücklosen Frauenbekanntschaften. „Mein Kopf ist im Moment nicht frisch. Ich brauche etwas länger, um mich zu erinnern“, sagte er zur Entschuldigung. Die Lehre zum Maler brach er ab. Als Aushilfe und mit Jobs hielt er sich über Wasser. Dabei geriet er mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt. 1989 verurteilte ihn das Landgericht Nürnberg zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren, unter anderem wegen sexueller Nötigung, Diebstahl und Vergewaltigung.

Eine im Gefängnis begonnene Brieffreundschaft führte ihn dann nach der Entlassung ins Rheinland nach Grevenbroich. In einer Motorradkneipe lernte er die selbstständige Altenpflegerin Elke S. kennen, die in der Wohnung über der Kneipe mit ihrem heute zehn Jahre alten Sohn Raphael lebte. Sich an diese Zeit erinnernd, kämpfte der Angeklagte mit den Tränen. Es sei schwer gewesen, an Elke heranzukommen. Sie sei so verschlossen, aber auch launisch gewesen. Nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes Robin im Juni 1998 gab es Probleme in der Beziehung. Der Angeklagte zog aus, hatte eine neue Liebschaft. Elke S. zog nach Büsdorf. Der Kontakt riss jedoch nie ab. Der Angeklagte suchte sich Arbeit als Pferdepfleger in Pulheim, lebte dort in einem Wohnwagen. Nach drei Monaten kündigte er und kam vorübergehend bei Freunden unter, die gegenüber von Elke S. wohnten. Warum er dann in der Nacht zum 30. Juli vergangenen Jahres auf Freundin und Kind mit dem Messer losging, blieb am gestrigen Prozesstag im Dunkeln. Am Donnerstag werden weitere Zeugen gehört.

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