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„Rechtsextreme Sympathien“ vorgeworfen

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Baden-Württembergs Ministerpräsident Oettinger

Baden-Württembergs Ministerpräsident Oettinger

Jerusalem/Stuttgart - Der baden-württembergischeMinisterpräsident Günther Oettinger (CDU) steht auch nach Rücknahmeseiner umstrittenen Trauerrede für den früheren Regierungschef HansFilbinger (CDU) weiter unter Druck. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum inJerusalem warf ihm am Freitag "rechtsextreme Sympathien" vor undforderte erneut seinen Rücktritt. Die durch ihre Suche nachuntergetauchten Nazi-Verbrechern bekannte Einrichtung begründete diesunter anderem mit Oettingers Mitgliedschaft in dem von Filbingergegründeten rechtskonservativen Studienzentrum Weikersheim.

Dort würden regelmäßig Redner mit extremistischen und zum Teilantisemitischen Ansichten zu öffentlichen Vorträgen eingeladen,erklärte der Direktor des Jerusalemer Büros, Efraim Zuroff. Oettingerteilte am Freitag mit, er lasse seine Mitgliedschaft bei dem Zentrummit sofortiger Wirkung ruhen. SPD und Grüne kritisierten dies alshalbherzig. CDU und Landesregierung müssten die Kontakte kappen.

Oettinger verlangte vom Präsidenten des Studienzentrums, BernhardFriedmann, zudem Aufklärung über eine geplante Veranstaltung mit demfrüheren Bundeswehr-General Reinhard Günzel. Günzel war im November2003 wegen seiner öffentlichen Zustimmung zu einer als antisemitischkritisierten Rede des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmannentlassen worden. Ein Regierungssprecher betonte, Oettinger sei wieschon seine Vorgänger mit der Wahl zum Ministerpräsidentenautomatisch Mitglied im Studienzentrum geworden: "Er hat nie einenAufnahmeantrag ausgefüllt."

Friedmann räumte in einer Mitteilung ein, dass Jung-Weikersheim -der Nachwuchs des Studienzentrums - Günzel und Hohmann als Referenteneingeladen habe. Er und der Geschäftsführer des Zentrums, RonaldSchrumpf, hätten jedoch Bedenken dagegen erhoben und darum gebeten,von dieser Veranstaltung Abstand zu nehmen. Sie hätte dann nach denIrritationen um die Trauerrede Oettingers zunächst "in kleinem,privatem Rahmen" stattfinden sollen. "Das wurde von uns untersagt",ergänzten Friedmann und Schrumpf.

Verbindungen zu Extremisten bekannt

Der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, JohannesSchmalzl, sagte, das Studienzentrum werde von seiner Behörde nichtüberwacht. Gleichwohl seien Verbindungen zu Extremisten bekannt:"Wenn wir Hinweise hatten auf Weikersheim, dann sind sie entstandenaus der Beobachtung anderer rechtsextremistischer Bestrebungen."Innenminister Heribert Rech (CDU) wies darauf hin, dass dasStudienzentrum ein privater Verein sei.

Konsequenzen "angesichts rechter Umtriebe" im Zentrum forderteauch der Zentralrat der Juden. Es sei "außerordentlich problematisch,wenn Figuren wie Günzel und Hohmann als Referenten eingeladen"würden, sagte Zentralrats-Generalsekretär Stephan Kramer derNetzeitung. Oettinger müsse die politische Ausrichtung desStudienzentrums überprüfen.

Der Regierungschef hatte sich am Donnerstag mit der Spitze desZentralrats getroffen, der auf dem Höhepunkt der Filbinger-Affäreebenfalls seinen Rücktritt verlangt hatte. Diese Forderung war nachdem Gespräch in Frankfurt vom Zentralrat als gegenstandslosbezeichnet worden.

Unterdessen trat der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm(CDU) der Forderung entgegen, das Studienzentrum Weikersheim zuschließen. Er ist Vizepräsident der Einrichtung im Main-Tauber-Kreis.Schönbohm sagte dem "Tagesspiegel" (Samstag), die Vorwürfe derFörderung rechtsextremen oder gar antisemitischen Gedankenguts seien"unbegründet, ja abstrus". (dpa)

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