„Rheingold-Apotheke“Tees aus eigenem Kräutergarten

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Betreiberin Hedwig Buballa will die Geheimnisse der Rheingold-Apotheke zum Leben erwecken. (Bild: Schäfer)

Betreiberin Hedwig Buballa will die Geheimnisse der Rheingold-Apotheke zum Leben erwecken. (Bild: Schäfer)

Mülheim – Schon der Eintritt ist ein kleines Erlebnis: Dunkle, hölzerne Regalen warten auf den Besucher anstatt klinisch weißer Räume. Auf den Tischen stehen alte Petrischalen, Mörser und Waagen. Man kommt sich vor wie in einem Museum für Pharmazie, es ist ein Ausflug in eine andere Zeit. Kein Wunder, schließlich wurde die „Rheingold-Apotheke“ an der Berliner Straße vor kurzem 100 Jahre alt und Betreiberin Hedwig Buballa will deren Geschichte erlebbar machen.

Dazu hält die Apothekerin etwas in der Hand, das zwar aussieht wie ein Mikroskop, aber eine ganz andere Funktion hat. Das 50 Jahre alte Gerät diente einst zur Bestimmung des Blutzuckerspiegels. „Ich schmeiße so etwas wie dieses Diabetometer nicht weg“, betont die Inhaberin der „Rheingold-Apotheke“. Allerdings müsse sie oft in alten Büchern nachschlagen, wie solche Apparate bedient wurden. Außer dem Diabetometer sind noch andere Geräte aus dem frühen 20. Jahrhundert zu sehen. Buballa: „Die stammen alle aus dem Laboratorium meines Vorgängers Fritz Nottbrock.“

Zwei Generationen der Familie Nottbrock prägten die „Rheingold-Apotheke“, ehe Buballa sie vor fast 15 Jahren übernahm. Friedrich Nottbrock erhielt im September 1908 die Konzession für die Apotheke und eröffnete diese im Frühjahr 1909. Die Bedingungen waren schwierig: Die Berliner Straße war durch Industrie und Bahnanlagen geprägt. Viel Kundschaft waren nicht zu erwarten. Der Erste Weltkrieg und die anschließende Inflation waren weitere Hindernisse. Doch die Apotheke überlebte.

Als Friedrich Nottbrock in den 30er Jahren starb, schien der Familienbetrieb vor seinem Ende zu stehen. Sohn Fritz hatte anfangs keine Ambitionen, das elterliche Geschäft zu übernehmen. Als Leistungssportler wurde er deutscher Meister im 400-Meter-Hürdenlauf, was ihm die Teilnahme an den Olympischen Spielen von 1932 und 1936 ermöglichte. Er wurde Sportlehrer und begann erst später mit dem Studium der Pharmazie. 1940 pachtete er das Geschäft und übernahm die Apotheke, 1950 als Inhaber. Dazwischen lagen ein Fronteinsatz als Heeresapotheker und der Wiederaufbau nach dem Krieg. Fritz Nottbrock arbeitete bis ins hohe Alter von 80 Jahren in seiner Apotheke.

Hedwig Buballa fühlt sich ihren Vorgängern verpflichtet: „Bei Fritz Nottbrock standen Ratschläge zur Selbstmedikation im Vordergrund.“ In Erinnerung an Nottbrock habe sie vor neun Jahren im Hinterhof einen Kräutergarten angelegt, um aus den Pflanzen heilsame Tees zu machen. Buballa: „Außerdem machte ich Führungen durch diesen Garten und verriet den Besuchern Tee-Rezepte.“ Leider endete dieses Projekt abrupt, als das Haus 2006 saniert und der Kräutergarten dabei zerstört wurde. „Ich hatte nicht mehr die Kraft, alles wieder aufzubauen“, so Buballa.

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