Bisher gilt, zumindest formell, in der Union: Mit der AfD wird nicht zusammengearbeitet. Führende Unions-Politiker wollen diesen Beschluss jetzt aufweichen.
Neuer Umgang mit AfDFührende Unions-Politiker fordern: „Nicht immer die Nazikeule schwingen“

Der Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber fordert in einem Interview mit dem „stern“ seine Partei zu einem veränderten Umgang mit der rechtsextremistischen AfD auf.
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Wie sollte in Zukunft mit der AfD umgegangen werden? Führende Unions-Politiker plädieren für eine Abkehr von der bisherigen Praxis und damit für ein Einreißen der sogenannten Brandmauer. Ex-Generalsekretär Peter Tauber sagte dem „Stern“, dass, die derzeitige Stigmatisierung der AfD nur helfen würde.
Man müsse den Eindruck „Alle gegen die AfD“ vermeiden, so der 51-Jährige, der bis 2021 parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium war.
Peter Tauber: „Nicht immer die Nazikeule schwingen“
„Wir sollten deshalb über eine neue Politik der roten Linien nachdenken, die es dann aber auch erlaubt, Beschlüsse zu fassen, denen die AfD zustimmt“, so Tauber. Er fürchte ansonsten parlamentarische Blockaden, aufgrund der Stärke der AfD, die einen neuen Umgang mit der Partei notwendig mache.
Dafür müsse verhindert werden, dass „die Nazikeule“ bei jedem Beschluss, der mithilfe der AfD zustande kommt, „geschwungen wird“, fordert der Politiker, der seit seinem krankheitsbedingten Rückzug auf eigenen Wunsch als Lobbyist tätig ist.
Boykott bringt keine Entzauberung
Für die eigenen Themen ginge es im Falle einer Minderheitsregierung darum, Mehrheiten zu finden, sagte der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.Ob diese auch mithilfe der AfD zustande kommen sollen, ließ zu Guttenberg offen, plädierte jedoch für eine stärkere themenbezogene Auseinandersetzung mit den Rechtsextremen.„Entzauberung gelingt nicht durch Boykott“ so der ehemals von der Öffentlichkeit zum Hoffnungsträger der CSU stilisierten Politiker.
Zu Minderheitsregierungen könnte es in den östlichen Bundesländern kommen. Eine solche Regierung sei nie wünschenswert, „aber wer dieses Szenario nicht bis zum Ende durchdenkt, läuft Gefahr, in eine Falle zu tappen“, sagte zu Guttenberg gegenüber dem „Stern“. „Wenn es keine stabile Option gibt, sollte man bei einer Ministerpräsidentenwahl auf einen Plan B vorbereitet sein.“ Grundlegend solle die CDU aber am Unvereinbarkeitsbeschluss festhalten, so der 53-Jährige weiter.

Auch der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg spricht sich für einen veränderten Umgang mit der rechtsextremistischen AfD aus. Hier ist er bei einem Auftritt in der Fernseh-Talkshow von Markus Lanz im April 2025 zu sehen.
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Unvereinbarkeitsbeschluss schließt Zusammenarbeit mit der AfD aus
Die sogenannte „Brandmauer“ zur AfD ist in jenem Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU festgeschrieben. Darin ist die „Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit“ mit der AfD ausgeschlossen. Ebenfalls ausgeschlossen hat die CDU die Zusammenarbeit mit der Linken, was Mehrheiten gegen die AfD im Osten schwieriger zu organisieren macht.
Friedrich Merz hatte Anfang des Jahres noch als Oppositionsführer einen Migrationsantrag nur mit Stimmen der AfD durch den Bundestag gebracht. Für diesen Moment des Triumphs, aus der Sicht der AfD, hatte Merz viel Kritik einstecken müssen. Auch in der eigenen Partei stand eine Mehrheit hinter dem Aufrechterhalten der Brandmauer. Ungeachtet davon gilt auch für den Kanzler und die Parteispitze das Credo, keine Zusammenarbeit mit der AfD eingehen zu wollen. Auch eine Annäherung an die Partei wird bisher ausgeschlossen.
Merkel: AfD ist eine „menschenverachtende Partei“
Zuletzt hatte Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Partei vermehrt vor einer Öffnung gegenüber der AfD gewarnt. Es gebe zwar Unzufriedenheit in der Bevölkerung und gerade in ländlichen Regionen sei das Gefühl, sich weiterentwickeln zu können, verloren gegangen. Doch, so Merkel in weiter in einem ZDF Interview Anfang Oktober, müsse sie immer wieder sagen: „Es ist kein Grund, eine menschenverachtende Partei zu wählen, wenn man etwas zu kritisieren hat.“