„Sauhund“Heiko Maas stellt sich in Dresden und Zwickau dem Zorn der Leute

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Heiko Maas in Dresden

Heiko Maas zu Gast auf einer Veranstaltung des Institut für Kommunikationswissenschaft (ifk) der TU Dresden – doch nicht alle wollten ihn dort haben.

Dresden – Dresdens Polizeipräsident, ein Mann wie ein Baum, wirkt gerade, als würde er sich heftig fremdschämen. „Mit dem Pöbel muss man in Dresden bedauerlicherweise immer rechnen“, sagt Horst Kretschmar. „Die Kultur des menschlichen Miteinanders lässt leider zu wünschen übrig.“

Was den erfahrenen Polizeiführer am Montagabend ein wenig deutlicher werden und das P-Wort benutzen lässt, sind die hässlichen Begleitumstände eines Politikerbesuchs: Heiko Maas, der SPD-Bundesjustizminister, war gerade in der Stadt. Vor Studenten der Technischen Universität sollte er einen Vortrag über Hass, Hetze und das Internet halten. Sofort meldeten sich vier Demonstrationen aus der lokalen Hassmenschenszene an.

Keine Ausweichmöglichkeiten für beide Seiten

Pegida verzichtete auf seine seit Herbst 2015 übliche Montagabend-Kundgebung und beorderte zusammen mit der AfD das Wutvolk vor die Turnhalle am Rand der Altstadt, in die Maas ausweichen musste. Im Hörsaalzentrum der Uni ging es nicht – die Proteste  und der deshalb nötige Großeinsatz der Polizei hätten die laufenden Prüfungen im Haus gestört.

Wenn Heiko Maas in Sachsen auftaucht, ist der Mob schon da. Anderen erging es ähnlich: Gebrüll bei Kunstaktionen wie den hochkant gestellten Busse neben der Frauenkirche, Gebrüll bei einer Fotoaktion über ertrunkene Flüchtlinge vor der Semperoper. Gebrüll gehört dazu. Wenn Joachim Gauck, der frühere Bundespräsident, in Görlitz, Dresden, Bautzen oder Sebnitz war, klebten ihm mindestens 30 „Hau-ab“-Rufer wie Kletten am Hosenbein. Bei der Einheitsfeier am 3. Oktober 2016 in Dresden bekam die komplette Staatsspitze die verheerende Wirkungsweise des asymmetrischen Gepöbels mit: Wenigen Hundert Schreiern gelang es, das ganze Fest aufs Gründlichste zu verderben.

Maas ist besonders unbeliebt

Wahrscheinlich ist kein Bundespolitiker bei den Wütenden so unbeliebt wie der Saarländer Maas Vor gut einem Jahr hat er Pegida als eine „Schande für Deutschland“ bezeichnet. Nach einem 1. Mai-Auftritt in Zwickau musste er fluchtähnlich die Stadt verlassen musste.

Nun also ein Besuch in Dresden, zum Vortag eingeladen hat das Institut für Kommunikationswissenschaft: 250 Polizisten müssen den Kurzbesuch bewachen. Einige Hundert Maas-Hasser erwarten den Minister mit Trillerpfeifen und Transparenten  („Lügenminister“, „Wollt Ihr den totalen Maas?“) vor der Sporthalle, die Maas dann über einen Nebeneingang betritt. Draußen das Geschrei: „Hau ab, hau ab“ und „Volksverräter“. Sächsische AfD, Pegida, Leute aus der Identitären Bewegung. Seit Maas gegen Hasskommentare im Netz vorgehen will, ist er das Feindbild der rechtspopulistischen Szene. Etliche Demonstranten tragen Kopfbinden: Stasi 2.0.

Wenig wissen und trotzdem zornig

Bei manchen braucht es noch nicht einmal einen konkreten Anlass, es reicht diffuser Zorn. Unter den Demonstranten steht eine ältere Frau im roten Karohemd. Sie sagt, sie heiße Margitta und gehe zu Pegida, sie hat ein Pflaster über dem Mund. Sie weiß nichts über Heiko Maas, ist aber mit seinen „Methoden“ nicht einverstanden, über die sie nichts weiteres sagen kann, weil sie nur ganz selten mal einen Computer anschaltet. „Das alles erinnert mich an früher“, sagt sie. „Dafür bin ich 1989 nicht auf die Straße gegangen.“ Während sie erzählt, redet der AfD-Politiker Egbert Ermer aus der Sächsischen Schweiz am Mikrophon und erinnert beglückt an das Neo-Nazi-Konzert mit 6000 Besuchern vergangenes Wochenende im thüringischen Ort Themar: „So sieht Nationalstolz aus.“

In der Turnhalle, deren Zugang scharf kontrolliert wird, steht Universitätsrektor Hans Müller-Steinhagen, der die Proteste draußen für absurdes Theater hält. Dass an einer Universität kein Meinungsaustausch mehr möglich sein solle, das sei doch nicht zu begreifen. Ständig das Gejammer von Pegidisten, niemand höre ihnen zu und sie kämen nicht zu Wort. Und dann würden dieselben Leute eine Diskussionsveranstaltung stören und alles niederschreien. „Zuhören gehört auch zur Debattenkultur“, so der Rektor.

Der Justizminister bleibt locker

Maas, der „Sauhund aus dem Saarland“,  erträgt alles mit Fassung. Ist ja nicht das erste Mal, wird auch nicht das letzte sein. „Leute, die Berufe ausüben wie ich, müssen so etwas aushalten. Sie haben eine höhere Belastungsgrenze“, kommentiert er den Trubel. Jeder habe das Recht, auch Ablehnung zum Ausdruck zu bringen, sagt er . „Ich weiß nur nicht, ob ständige Rufe wie 'Hau ab' ein besonderer Beitrag zur Diskussionskultur sind.“

Als Maas mit seinem Vortrag durch ist und erklärt hat, warum er gegen Hass im Netz per Gesetz vorgehen muss, fragt ihn ein Mann, ob das alles nicht zu weit gehe, ob das nicht nur eine „Kampagne gegen virtuelle Toilettenschmierereien“ sei. „Toilettenschmierereien?“, fragt Maas schlagfertig zurück. „Ich kenne wenige Toiletten mit 22 Millionen Nutzern.“ Danach geht es nach Zwickau, eine SPD-Veranstaltung. Wieder Polizeischutz, wieder Buhen und „Hau ab“-Rufer, aber nur 70. Keine besonderen Vorkommnisse, notiert später die Polizei.

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