Ullmann-ProzessEin Gefühl von Unfehlbarkeit

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Georg Baron von Ullmann im Kölner Landgericht

Georg Baron von Ullmann im Kölner Landgericht

  • Erfolge der Vergangenheit führten zu unrealistischen Erwartungen im Bankhaus Sal. Oppenheim

Köln –  Wie geschmeidig-zurückhaltend sich Aufsichtsrat und Aktionärsausschuss der untergegangenen Privatbank Sal. Oppenheim anscheinend verhalten haben, ist am Mittwoch im Untreue-Prozess gegen Georg Baron von Ullmann erneut deutlich geworden. Übten sie eine nennenswerte Kontrolle aus? Es habe "keine offenen Fragen" gegeben, keine "kontroversen Diskussionen", alles sei stets "einstimmig" über den Tisch gegangen, sagte ein 74-jähriger Zeuge, der lange Zeit Wirtschaftsprüfer und Steuerberater des Bankhauses war. Ohnehin sei etwa der mächtigere Aktionärsausschuss von den Gesellschaftern zwar "umfassend informiert" worden, jedoch nur mit Blick auf die "große Linie", nicht auf "einzelne Geschäfte". Um ein solches Geschäft geht es in dem langwierigen Prozess: Als Vorsitzender des Aufsichtsrats und Vize des Aktionärsausschusses soll es Ullmann, der diese Funktionen 2005 nach dem Tod von Alfred Freiherr von Oppenheim übernommen hatte, pflichtwidrig unterlassen haben, eine für die Bank nachteilige Transaktion zu thematisieren. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ist dem Geldhaus bei einem Immobiliengeschäft im Frankfurter Bankenviertel, abgewickelt über die Oppenheim-Esch-Grundstücksgesellschaft Bockenheimer Landstraße, ein Schaden von 23,5 Millionen Euro entstanden. "Es hat Hilfen gegeben, man musste kein Betriebswirtschaftsprofessor sein", sagte der Zeuge zur Frage nach der Eignung dafür, die besagten Gremien zu leiten. Kritisch merkte er an, diese hätten sich "vielleicht zu schnell zufrieden gegeben" und es möge "etwas an Nachhaltigkeit gefehlt" haben. Ein entscheidendes Auswahlkriterium bei der Neubesetzung der Posten lag nahe bei einem Bankhaus, das von sogenannten Familienstämmen beherrscht war. Ullmann nahm seine Aufgaben als Vertreter des Stammes "Schlenderhan" wahr, und Friedrich Carl von Oppenheim vom Stamm "Lindenallee" tat dies gleichsam überkreuz als Chef des Aktionärsausschusses und Vize des Aufsichtsrats. Warum kaufte Sal. Oppenheim Ende 2008 für 123,4 Millionen Euro knapp 95 Prozent der Anteile an jenem Fonds, obwohl die globale Finanzkrise schon auf dem Höhepunkt war, die Bank ein Sparprogramm aufgelegt hatte und es Stimmen gegeben haben soll, die sogar einen Verkauf - statt Ankauf - von Immobilien-Vermögen vorschlugen? Lag es an illusorischen Erwartungen einer baldigen Besserung? Womöglich wirkten frühere Erfolge nach, von denen der Zeuge ebenfalls sprach. Nach der Übernahme der größeren BHF-Bank und dem Aufstieg zur größten Privatbank Europas, die schließlich ihren Hauptsitz nach Luxemburg verlegte, habe die Sal.-Oppenheim-Geschäftsführung "so etwas wie ein Unfehlbarkeitsgefühl" entwickelt. Damit war es spätestens dann vorbei, als 2009 die Arcandor-Pleite die Bank mit in den Abgrund riss.

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