Pulheimer ZwillingsmädchenDoppelpack-Dasein hat nicht nur Vorteile

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Die Zweitklässlerinnen Anne (l.) und Sofie mit ihren Eltern Elke und Peter Heidkamp

Die Zweitklässlerinnen Anne (l.) und Sofie mit ihren Eltern Elke und Peter Heidkamp

Pulheim.  – Der große Schriftsteller Erich Kästner und Elke Heidkamp aus Pulheim haben eines gemeinsam: Beide wuchsen als Einzelkinder auf. War es Kästners Sehnsucht nach einem Zwilling, der uns 1949 seinen berühmten Roman „Das doppelte Lottchen“ bescherte?

Überliefert ist das von Kästner nicht. Elke Heidkamp kann erzählen, dass sie schon gern eine Zwillingsschwester gehabt hätte. Bei ihr hat es nicht geklappt, aber bei ihren Töchtern. Die Zwillinge Anne und Sofie sind zwei quirlige Mädchen, die einander zum Verwechseln ähnlich sehen.

„Wir sind aber gar nicht gleich“

Sie haben die gleichen blonden Haare und blauen Augen, die gleiche Stimme, die gleiche fröhliche Art. Beim Erzählen halten sich die beiden siebenjährigen Mädchen unwillkürlich an den Händen. „Wir sind aber gar nicht gleich“, erklärt Sofie. „Anne hat längere Haare und ich habe eine kleine Narbe auf der Stirn. Da ist mir mal ein Kassettenrekorder draufgefallen.“ 

Stefan (l.) und Andreas Ender haben den gleichen Geschmack, was Frauen angeht, und sie haben auch den gleichen Beruf gewählt.

Stefan (l.) und Andreas Ender haben den gleichen Geschmack, was Frauen angeht, und sie haben auch den gleichen Beruf gewählt.

Aus Sicht der Eltern Elke und Peter Heidkamp besteht kaum Verwechslungsgefahr. „Nur wenn ich die beiden von hinten sehe, weiß ich es manchmal nicht so genau“, sagt Peter Heidkamp (62) mit einen Schmunzeln. Zwillingsmutter Elke Heidkamp (50) empfand die erste Zeit mit den beiden Babys als anstrengend. „Alles passierte gleichzeitig“, erzählt sie. „Sie hatten gleichzeitig Hunger oder wollten getröstet werden. Außerdem mussten wir alles doppelt anschaffen.“

Zwillingsdasein ist ein Segen

Heute ist das Zwillingsdasein der beiden für die Familie ein Segen. „Ich habe immer jemandem zum Spielen“, erklärt Anne. „Wir machen nachmittags ganz viel zusammen, wir gehen reiten, zum Zumba oder schwimmen.“ Vormittags geht das nicht. Die beiden gehen in unterschiedliche zweite Klassen der Barbaraschule in Pulheim. 

Das haben die Eltern so entschieden, die Kinder sind von der Trennung auf Zeit nicht so begeistert. Sie mussten sich eigene Freunde suchen, und das war anfangs schwierig. „Aber genau das wollten wir“, sagt Elke Heidkamp. „Die beiden sollten auch eine eigene Identität entwickeln, und das klappt auch ganz gut. Nur haben sich beide mit den gleichen Mädchen angefreundet, das ist schon lustig.“

Lustig war auch die Fernsehkarriere der beiden Zwillinge im zarten Alter von zwei Jahren. Im Kölner Tatort „Der Fall Reinhardt“ spielten sie mit. „Anne und Sofie teilten sich eine Rolle“, berichtet Peter Heidkamp. „Wenn man genau aufpasste, konnte man das sehen. Sofie saß im Kinderwagen, Anne wurde anschließend in das Haus getragen“, erinnert er sich.

Vor- und Nachteile ein Zwilling zu sein

Es hat Vorteile, ein Zwilling zu sein, aber auch Nachteile. „Manchmal habe ich auf dem Pausenhof Prügel bekommen und wusste gar nicht, warum“, erzählt Stefan Ender und lacht. Dann sei wohl der Bruder Andreas gemeint gewesen.

Stefan Ender im Alter von zwei Jahren

Stefan Ender im Alter von zwei Jahren

Die 57-jährigen Pulheimer sehen sich auch heute noch sehr ähnlich. Aber auch ihre Persönlichkeiten seien beinahe identisch, sagen sie. Beide sind handwerklich begabt, kreativ und bedächtig, beide machen nicht viele Worte. Sie haben sich sogar für den gleichen Beruf entschieden und sind Bodenverleger geworden.

Andreas Ender ist im Alter von zwei Jahren kaum von seinem Bruder zu unterscheiden.

Andreas Ender ist im Alter von zwei Jahren kaum von seinem Bruder zu unterscheiden.

Bei den Frauen bevorzugen beide „hübsch und blond“. In der Zeit, in der Stefan und Andreas Ender groß wurden, war es noch üblich, Zwillinge gleich anzuziehen und gleich zu behandeln. „Schrecklich“, findet Andreas Ender das aus heutiger Sicht. „Wir hatten immer die gleichen Lederhosen an, und samstags ging es immer zusammen in die Badewanne.“ Auch heute noch werden die beiden oft verwechselt. Sie haben sich schon vor langer Zeit angewöhnt, immer freundlich zu grüßen, auch wenn sie jemand anlacht oder auch anspricht, den sie gar nicht kennen.

Zwillinge bekommen eigenes Zimmer

„Aber manchmal sagt jemand: Na, hast du eine neue Frau? Dann muss ich das schon klarstellen“, sagt Stefan und lacht. Oft sehen sich die beiden Zwillinge nicht, obwohl beide in Pulheim wohnen. „Ich weiß ja, dass er immer für mich da ist“, sagt Andreas. Sein Bruder Stefan nickt dazu.

Bei den Grundschulmädchen Anne und Sofie steht bald eine räumliche Trennung an: Die Zwillinge bekommen getrennte Zimmer. „Das machen wir aber nur, weil Anne schnarcht“, erklärt Sofie. „Sie ist auf jeden Fall meine allerbeste Freundin“, beteuert sie. Anne lächelt und ergreift ihre Hand. 

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