Streit unter NachbarnNachbar in Kuckenberg bekämpft Heulager auf Beton

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Eigentlich müsste entsiegelt werden. Aber eine„privilegierte Landwirtschaft“ könnte den Beton nachträglich legitimieren.

Eigentlich müsste entsiegelt werden. Aber eine„privilegierte Landwirtschaft“ könnte den Beton nachträglich legitimieren.

Burscheid – Martin Lorenzet hat an die Fassade seines bergischen Fachwerkhauses in Kuckenberg eine alte Tafel angebracht: „Provinzial Feuerversicherungs-Anstalt“ steht dort in schnörkeliger Schrift. Ein Relikt aus der preußischen Zeit, als den Einwohnern der Rheinprovinz ein wirksamer Versicherungsschutz bei Brandschäden gewährt werden sollte. Mittlerweile hat Lorenzet sein Haus anders versichert. Das nostalgische Schild blieb. Und seine Sorgen vor einem Brand sind so groß wie lange nicht.

Gut dreißig Meter von seinem Grundstück entfernt stapelt sein Nachbar Günter Becker meterhoch Heu- und Strohballen auf einem Konstrukt aus Hunderten Holzpaletten. „Bei dieser Gluthitze wird mir da richtig mulmig, sowas brennt doch wie Zunder“, sagt Lorenzet. Der ehemalige Gastronom kann nicht nachvollziehen, dass in Kuckenberg im großen Stil solches Material gelagert wird. Nun ist das Thema Stroh und Feuer eine weitere Facette eines alten Streits. Der nahm seinen Anfang, als Becker die Wiese hinter seinem Wohnhaus zubetonierte und dort Metallgerüste für seinen neuen Betrieb lagerte. Das Gewerbe war verbunden mit Lärm. Lorenzet protestierte vehement.

Abriss verfügt

Vor zehn Jahren sprach der Kreis eine Ordnungsverfügung gegen Gerüstbau Becker aus. Unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von insgesamt 13.000 Euro hatte die Behörde von dem Gerüstbauer verlangt, dass die ohne Baugenehmigung illegal errichteten Gewerbebauten im Hinterhof seines Wohnhauses wieder abgerissen werden müssen. Die seitens der Kreisverwaltung damals recht großzügig bemessenen Fristen wurden damit begründet, dass ein „sofortiger Vollzug die Existenz des Betriebes gefährden“ würde.

Martin Lorenzet hält die Kreisbehörde über die Aktivitäten seines Nachbarn auf dem Laufenden.

Martin Lorenzet hält die Kreisbehörde über die Aktivitäten seines Nachbarn auf dem Laufenden.

Becker zog 2011 nach Massiefen um. Auf dem Gelände in Kuckenberg musste er eine Dachkonstruktion zurückbauen, eine Metallwand, ein Geländer. Außerdem musste er einen Schuppen sowie zwei Holzlager entfernen. Das tat er auch.

Nachbarschaftsstreit schwelt weiter

Doch der Nachbarschaftsstreit schwelt immer weiter. Seit Jahren liegt Lorenzet mit seinem Nachbarn im Clinch. Die Kreisbehörde in Bergisch Gladbach geht mit spitzen Fingern an die Briefe, die ihr Lorenzet über die Aktivitäten seines Nachbarn in Kuckenberg schreibt. Die behördlichen Antwortschreiben klingen mitunter so distanziert und sachlich, als handle es sich um einen spätestens durch Stefan Raabs Hit berühmt gewordenen Nachbarschaftsstreit um Maschendrahtzaun und Knallerbsenstrauch. Vor zwei Jahren schrieb die Kreisbehörde: „Die Nutzung der Betonfläche zum zeitweiligen Abstellen von einigen Siloballen ist baurechtlich nicht zu beanstanden.“

Doch auf dem Hinterhof des Nachbarhauses stehen nun Gebilde in der Größe von Festzelten. Unter den Planen stapelt Becker Hunderte Stroh- und Heuballen auf Holzpaletten. „Seit gut einer Woche werden täglich neue Lkw-Ladungen abgeliefert. Und das in einem Landschaftsschutzgebiet“, empört sich Lorenzet. Er dokumentierte alles mit Fotos, die er dem Kreis zur Verfügung stellte.

Gerüstbau wird Landwirtschaft

Ilona Willms, Inhaberin der Firma Gerüstbau Becker mit Sitz in Kuckenberg, erklärte auf Anfrage, dass ein Antrag für die Lagerung von Strohballen beim Kreis schon vorliege. Auf die Frage, ob der Antrag schon genehmigt wurde, wollte sie sich nicht äußern. Auch nicht dazu, wie es mit dem Rückbau der versiegelten Wiese hinter dem Haus in Kuckenberg steht. Diese Betonfläche sollen die Eigentümer laut Kreis bis Ende 2018 wieder zurückbauen.

Hinter den Wohnhäusern in Kuckenberg entsteht nun ein Lager für Strohballen. Die bereiten den Nachbarn ein mulmiges Gefühl.

Hinter den Wohnhäusern in Kuckenberg entsteht nun ein Lager für Strohballen. Die bereiten den Nachbarn ein mulmiges Gefühl.

Wie Kreissprecher Alexander Schiele erklärte „hat eine Betonbodenplatte im Außenbereich dort nichts zu suchen“. Tatsächlich müsste eine solche versiegelte Fläche zurückgebaut werden. Aber es gibt laut Schiele die Möglichkeit nachträglich für die Betonbodenplatte eine Genehmigung zu erhalten, wenn es sich um eine „privilegierte Landwirtschaft“ handle. Für eine solche habe die Eigentümerin nun eine Bauvoranfrage eingereicht. Bis September müsse sie nachweisen, dass es sich um eine privilegierte Landwirtschaft handelt. „Dann schauen wir, ob das reicht“, erklärte Schiele. Und: „Wir schauen, ob von den Heuballen eine Gefahr ausgeht.“ Sollte das der Fall sein, werde die Eigentümerin aufgefordert, zurückzubauen.

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