Anwalt mit dem Tode bedroht

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Bonn - Er hat die Pflichtverteidigung von Hannahs Mörder übernommen - und ist zur Zielscheibe des Zorns vieler Bürger geworden: In mehr als 100 Schreiben, so schildert der Bonner Rechtsanwalt Uwe Krechel, werde ihm vorgeworfen, dass er den 25-jährigen Zdenek H. verteidigt habe. Und viele der Briefeschreiber, darunter sogar welche aus dem Ausland, schreckten auch nicht vor Beschimpfungen, Beleidigungen und selbst massiven Morddrohungen zurück. Dabei habe er, so versichert er, sogar Verständnis für die Gefühle der Menschen, die ihn angreifen.

Wie kaum ein Verbrechen hat die Entführung, Vergewaltigung und Ermordung der 14-jährigen Schülerin aus Königswinter-Oberdollendorf die Menschen in der gesamten Region erschüttert. Viele beteiligten sich an der Suche nach der am Abend des 29. August spurlos verschwundenen Hannah und nahmen zu Tausenden an einer Lichterprozession teil, als Hannahs grausamer Tod fünf Tage später traurige Gewissheit wurde. Und als Hannahs Mörder sich vor dem Schwurgericht verantworten musste und zu lebenslanger Haft mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt wurde, wollten viele den Mann sehen, der zu einer solchen Tat fähig ist.

Gesetzliche Vorschrift

Dass es auch für einen erfahrenen Strafverteidiger nicht leicht ist, einen solchen Mandanten zu vertreten, hatte Krechel schon in seinem Plädoyer klargestellt. Er war nach der Verhaftung des 25-jährigen Zdenek H. vom Gericht mit der Pflichtverteidigung beauftragt worden, so wie es das Gesetz vorsieht. Was Krechel nach den teils anonymen Schreiben nicht ruhen lässt, sei nicht „die Furcht um mich und meine Gesundheit oder meine Reputation“. Ihm ist es vielmehr ein Anliegen, dass die Menschen verstehen, warum er diese Verteidigung übernommen habe: „Der Tod von Hannah und der Schmerz und die Trauer ihrer Eltern und Geschwister haben mich in gleicher Weise in meinem Herzen erreicht. Ich habe selbst Kinder und vermag nicht einmal im Ansatz zu fühlen, wie es mich träfe, sie durch eine solch abscheuliche Tat zu verlieren.“

Menschen, keine Taten

Aber so erklärt er: „Wir alle unterliegen auch Pflichten und Gesetzen, und moralischen und ethischen Geboten, die auf unserer freiheitlichen und demokratischen Grundordnung und christlichen Grundlagen beruhen.“ So wie ein Arzt es nicht ablehnen dürfe, einen Straftäter zu behandeln, so könne sich ein Anwalt seine Fälle nicht danach aussuchen, ob ihm die Mandanten gefallen. „Ich verteidige Menschen, nicht ihre Taten“, sagt er. Und das habe er auch Hannahs Mörder und den 180 anderen, die er bereits verteidigt habe, als erstes erklärt. „Würden wir unsere Gesetze, unsere freiheitliche Grundordnung und das, was uns christliches Denken lehrt, über Bord werfen, wäre jedem Einzelnen und auch mir kein Schritt geholfen.“ Seine Gedanken seien bei den Eltern von Hannah sowie bei den Eltern anderer Mordopfer. Aber auch bei den Eltern, deren Kinder zu Mördern geworden seien, und die sich mit der Frage quälten, warum ihre Kinder solche Taten begangen hätten.

Wie Krechel versichert, habe er jedem Briefeschreiber, sofern der nicht anonym geblieben sei, persönlich geantwortet oder mit ihm telefoniert. Das werde er auch weiterhin tun. Auch wenn er vielleicht nicht ihre Ansichten teile, „ihre Gefühle kann ich sehr gut verstehen.“ (rik)

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