Ausländische Hochschulen in Köln

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Mustafa Cakir von der Anadolu-Universität

Mustafa Cakir von der Anadolu-Universität

Köln hat eine reiche Hochschullandschaft. Was wenige wissen: Am Friesenplatz sitzt die Kontaktstelle der staatlichen türkischen Anadolu-Universität. Hier werden Fernstudenten betreut, die in Deutschland leben.

Auf dem Schreibtisch stehen Fähnchen mit den türkischen und deutschen Nationalfarben. Darüber, an der Wand, hängt ein Bild von Kemal Atatürk, der als Begründer der modernen Türkei gilt. „Aber hier sitze ich selten“, sagt Mustafa Cakir beim Fototermin. Klischees schätzt er nicht. „Ich verstehe mich als Vermittler“, sagt Dr. Mustafa Cakir in ausgezeichnetem Deutsch.

Cakir leitet die „Kontaktstelle der Anadolu-Universität für Westeuropa“ in Köln und berät vom Friesenplatz aus Bewerber und Teilnehmer der Fernstudiengänge. Er selbst hat (in der Türkei) deutsche Sprachwissenschaften und Pädagogik studiert. Breite Bildung und die Fähigkeit, sich in Mutter- und Zweitsprache gut ausdrücken zu können, sind für ihn Voraussetzungen zur Integration – überall. Und Integration heiße: „Einen positiven Betrag zu der Gesellschaft zu leisten, in der man lebt.“

Die erst 1958 gegründete staatliche Anadolu-Universität im türkischen Ekisehir, hervorgegangen aus einer Akademie für Wirtschafts- und Handelswissenschaften, bietet an neun Fakultäten Präsenzstudiengänge an. Das Spektrum reicht von Pharmazie, Geschichte, Soziologie und Pädagogik bis hin zu Naturwissenschaften, Bildenden Künsten, Rechts-, Wirtschafts-, Kommunikations- und Ingenieurwissenschaften. Drei weitere Fakultäten widmen sich gezielt dem Fernstudium – in enger Zusammenarbeit mit den Fachdozenten der ganzen Universität.

„Mit 620 000 Studenten, davon rund 5000 in Westeuropa, zählen wir zu den zehn größten Hochschulen der Welt“, sagt Cakir, der befristet nach Köln versetzt wurde und danach in Ekisehir als Professor lehren wird. Natürlich könne ein junger Mensch mit türkischen Wurzeln, der an einer Kölner Schule das Abitur gemacht hat, auch gleich an einer deutschen Hochschule studieren, räumt Cakir ein. Doch wer sich in Universitätssystemen zweier Länder profiliere, weite den Blick und empfehle sich für grenzüberschreitende Aufgaben. Deutsche können sich übrigens ebenfalls zum Fernstudium an der türkischen Uni anmelden, vorausgesetzt, ihre Sprachkenntnisse reichen aus.

Multinationale Perspektiven liegen in Anbetracht der Fernstudien-Fächer nahe: Außenhandel und Touristik (Dauer jeweils zwei Jahre, Abschluß Vordiplom der Anodolu-Universität), BWL und VWL (jeweils vier Jahre, Abschluss Diplom). Für die Zukunft geplant sind auch deutsch-türkische, also zweisprachige Studiengänge.

Das Vordiplom, sagt Cakir, werde an deutschen Hochschulen als „Grundstudium plus zwei Semester“ anerkannt. Das Diplom („Lisans“) sei mit dem Bachelor zu vergleichen und könne um den Masterstudiengang und die Promotion erweitert werden. Bewerber müssen, dem türkischen Hochschulgesetz folgend, das Gymnasium abgeschlossen haben oder eine gleichwertige Schulbildung vorweisen. Zweimal im Jahr werden, zum Beispiel in Köln, Examina abgelegt: eine Zwischen- und eine Jahresabschlussprüfung. Die Teilnahme ist Pflicht. Wer das Pensum schaffen und in die nächste Studienstufe „versetzt“ werden will, muss im Durchschnitt mit 30 Arbeitsstunden pro Woche rechnen. Ob ihr Wissen ausreicht, können die Studenten mit Tests im Internet ausprobieren. Und alle, denen das schriftliche Lehrmaterial aus der Türkei, ergänzt um Videos und CDs, nicht ausreicht, können nahe dem Wohnort an Tutorien teilnehmen, mit Kommilitonen diskutieren und Dozenten Fragen stellen.

Die Erfolgsquote erreicht etwa 40 Prozent – „wer zu uns kommt, ist motiviert“, sagt Cakir. Allerdings dürften ganz Ungeeignete schon an der Aufnahmeprüfung scheitern. Diese frage nicht nur Schulwissen ab, sondern teste auch, inwieweit Bewerber in der Lage seien, selbstständig zu lernen. „Wir wollen, dass die Teilnehmer sich weiterbilden“, betont Cakir, „wir wollen nicht, dass sie Enttäuschungen erleben.“

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