Ausnahmeathletin mit Botschaft

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"Ironwoman" Astrid Benöhr.

"Ironwoman" Astrid Benöhr.

Es gibt Menschen, die können über die Marathon-Distanz von 42 Kilometern nur müde lächeln. Auch eine Radtour von Köln nach Berlin wird allenfalls ein Schulterzucken hervorrufen. Und den Rhein zu durchschwimmen - das ist nun wirklich lächerlich. 20 km Schwimmen, 1.000 km Radfahren und 200 km Laufen - erst diese Dimensionen sind für solche Menschen interessant.

Astrid Benöhr ist 44, hat drei Kinder großgezogen und lebt in Bergisch Gladbach - und ja, sie ist einer dieser Menschen. Ein Ultra-Triathlet. Geradezu harmlos hört sich ihr neuestes Projekt an: Ein Lauf durch ganz Deutschland, bei dem sie am 10. April auch in Köln Station machen wird. Doch sie läuft nicht einfach zur Erholung durch die ganze Republik, nein, sie hat ihre Deutschland-Tour unter das Motto "Laufen statt Rauchen" gestellt.

Schließlich hat sich die ehemalige Kettenraucherin selbst durch Laufen das Rauchen abgewöhnt. "Mit Anfang 20 ging mir beim Treppensteigen im vierten Stock die Puste aus," sagt sie. "Ich begann zu laufen, machte es zur Routine, und siehe da: Bald hatte ich das Rauchen regelrecht verlernt." Damit auch andere von ihrem Beispiel profitieren können, werden an allen Stationen ihres Laufs zusammen mit örtlichen Sportvereinen "NiQuitin-Lauftreffs" ins Leben gerufen - hier sollen Raucher gemeinsam lernen, ihrem Laster im wahrsten Sinne des Wortes davonzulaufen. Für dieses Ziel wird Astrid Benöhr binnen zwei Wochen Deutschland von Nord nach Süd durchmessen. Trotz ihres Trithlon-Trainings eine mörderische Distanz, die den eigenen Körper bis an die Grenzen fordert. Wind und Wetter, Berg und Tal und nicht zuletzt der innere Schweinehund sind ihre Gegner auf dieser Tour.

Dass sie diese überwinden kann, hat Astrid Benöhr in ihren 44 Lebensjahren schon oft genug unter Beweis gestellt. Nachdem sie, mehr durch Zufall, 1984 den zweiten Platz bei einem Triathlon in Köln erreicht hatte, war sie mit dem Virus des Ausdauersports infiziert. In der Folgezeit wurden die gelaufenen, geschwommenen und gefahrenen Strecken immer länger - und die Trophäen immer zahlreicher. Nachdem sie Frauen-Weltrekorde im 2-fachen, 3-fachen und 4-fachen Ultra-Triathlon aufgestellt hatte, suchte sie nach neuen Herausforderungen - und unterbot die Männer-Weltrekorde in der 5- und 10-fachen Ironman-Distanz um Stunden. 38 km Schwimmen, 1.800 km Radfahren und 422 km Laufen - was andere in ihrem ganzen Leben zurücklegen, schaffte Astrid Benöhr in 187 Stunden, 18 Minuten und 37 Sekunden. Dabei gönnte sie sich nur kurze Schlafpausen zwischendurch, oder legte sich nur für einige Minuten in den Kofferraum des eigenen Autos.

Wer glaubt, derartige Torturen würden über kurz oder lang dem Körper eher schaden, als nützen, der irrt: bei Tests an der Sporthochschule Köln wurden Astrid Benöhr eine erstklassige Gesundheit und reduzierte Risikofaktoren bescheinigt. Sie betont aber, dass der Triathlon eine körperharmonische Sportart ist: "Hier gilt wie beim Auto: Ohne Benzin läuft gar nichts. Wenn ich nicht rechtzeitig Mineralstoffe und Kohlenhydrate zuführe und mein Tempo kontrolliere, habe ich ein Problem." Auch ihre Ausbildung kam ihr zugute: "Mit meiner Vorbildung als biologisch-technische Assistentin weiß ich immer, was mir fehlt und was ich zu tun habe, vor, während und nach dem Wettkampf." Schließlich muß auch die Psyche bei den Höchstleistungen mitspielen. "Eiserner Wille gehört ebenso zum Durchhalten dazu, wie die Fähigkeit, sich Schwächen zuzugestehen," sagt Benöhr.

Astrid Benöhrs Deutschland-Lauf startet am 3. April in München und führt über Stuttgart, Wiesbaden, Köln, Dortmund und Hannover schließlich nach Hamburg, wo sie am 17. April erwartet wird. Und auch wenn ihr Lauf die Menschen vom Rauchen abbringen soll - die Sohlen werden bestimmt qualmen.

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