AusnahmetalentPowerfrau mit Puste und Gefühl

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Marie Tjong-Ayong gehört zu den besten Nachwuchsjazzerinnen im Rheinland. (Bild: Gremmler)

Marie Tjong-Ayong gehört zu den besten Nachwuchsjazzerinnen im Rheinland. (Bild: Gremmler)

Frechen – Auf den ersten Blick will man kaum glauben, dass diese zierliche, junge Frau da oben auf der Bühne überhaupt genug Puste fürs Trompetespielen hat. Doch wenn sie dann mit sicherem Griff ihr Instrument ansetzt, um ein Solo zu blasen, weiß man schon nach den ersten Takten: Marie Tjong-Ayong hat den Bogen wirklich raus. Nicht von ungefähr gilt die 17-Jährige Frechenerin, die erst seit fünf Jahren Trompete spielt, in der Jazzszene als große Nachwuchshoffnung, der manche auch eine Profikarriere zutrauen.„Viele haben das Bild von einem dicken, alten Mann im Kopf, wenn sie an Jazztrompeter denken“, schmunzelt Marie. Ganz falsch ist das nicht: Frauen, die Trompete spielen und dazu noch Jazz machen, sind immer noch ziemliche exotische Erscheinungen.

Ihre Leidenschaft für die Trompete entdeckte Marie in der Musikschule. „Ich wollte Cello oder Trompete lernen“, erinnert sie sich, „mein Vater ist auch Jazzmusiker, deswegen bin ich sozusagen mit einem Gefühl für diese Musik aufgewachsen.“ So hört Marie auch privat viel Jazzmusik. „Trompete zu spielen bedeutet für mich ein Gefühl von Freiheit. Ich fühle mich einfach total wohl, wenn ich mit anderen Musik mache und merke, dass es sich schön anhört“, schwärmt sie. Ich selbst bin keine große Jazz-Expertin. Doch wenn Marie loslegt, klingt es auch für mich eindringlich und tiefgründig, auf der einen Seite warmund gleichzeitig doch wortwörtlich sehr „cool“.

„Mir wird oft gesagt, dass man es heraushört, wenn ich spiele“, erzählt sie, „das höre ich gern, denn ein eigener, unverwechselbarer Sound ist gerade in der Jazzszene enorm wichtig, um sich zu behaupten.“ Ihr persönlicher Stil brachte ihr kürzlich beim Landeswettbewerb „Jugend jazzt“ in Dortmund unangefochten den ersten Preis bei den Solotrompetern und eine der besten Wertungen im gesamten Wettbewerb ein. Ihr routinierter Gig erregte viel Aufsehen: Inzwischen spielt Marie in drei Bigbands der Frechener und der Rheinischen Musikschule und tritt regelmäßig auf. Sogar eine Session mit Susanne Riemer, die als eine der besten europäischen Jazztrompeterinnen gilt, hat sie schon gemacht.

„Ich werde immer wieder eingeladen, bei musikalischen Projekten mitzumachen“, erzählt Marie. Die Spannweite ist groß. Vom Kirchenchor bis hin zum Sinfonieorchester war schon alles dabei. Dabei hat sie gar keine klassische Ausbildung, aber Jazzer können halt improvisieren. Ohne intensives Üben läuft aber auch bei Marie nichts. „Manche Stücke sind sehr schnell und daher schwierig zu greifen, oder es geht in sehr hohe Tonlage. Das ist besonders schwierig, weil man enorm viel Luft braucht“, erklärt sie. Bis zu zwei Stunden am Tag macht sie deshalb spezielle Atem- und Technikübungen, lernt Akkorde,improvisiert über bekannten Jazz-Standards.Nächstes Jahr will Marie ihr Abi machen und dann nach Möglichkeit das Fach Jazztrompete studieren. „Zwar ist es schwer, professionell in der Jazzszene Fuß zu fassen. Aber wenn ich mein eigenes Spiel weiter ausbaue und noch mehr Ausdruckskraft entwickele, habe ich vielleicht eine Chance.“

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