Das Leben als Superstar macht nicht selig

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Die Gewinner der bisherigen drei Staffeln: Tobias Regner, Elli erl und Alexander Klaws (v.l.)

Die Gewinner der bisherigen drei Staffeln: Tobias Regner, Elli erl und Alexander Klaws (v.l.)

Was ist ein Star? Im Allgemeinen versteht man darunter jemanden, der wegen einer ungewöhnlichen Begabung oder eines medienwirksamen Berufes sehr bekannt, sprich: berühmt geworden ist. Und ein Superstar? Das Präfix „super“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „oben, (dar)über; über - hinaus“, oder, salopp gesprochen, „überragend“. Ein Superstar ist also ein „überragender Star“, jemand, der noch über die normale Berühmtheit hinaus berühmt ist. So weit, so gut.

Und wenn es um Musik geht, an wen denkt man bei einer solchen Beschreibung? Vielleicht an Madonna, Michael Jackson, Robbie Williams. Und natürlich an Alexander Klaws, Elli Erl und Tobias Regner. Zumindest, wenn man RTL Glauben schenkt, denn immerhin kürte der Kölner Privatsender diese drei in den vergangenen Staffeln der Casting-Show „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) ganz offiziell zu Deutschlands neuen Superstars. Und Samstagabend wird uns in einem pompösen Finale der nunmehr vierte „Superstar“ präsentiert. Dem Gewinner verspricht RTL eine Karriere im Rampenlicht. Doch was ist eigentlich aus denen geworden, die diesen Titel nun schon eine Weile tragen?

Klaws von der Öffentlichkeit kaum beachtet

Beginnen wir bei Alexander Klaws. Er gewann die erste Staffel des Casting-Formats im Jahr 2003. Und landete mit seiner Single „Take me tonight“ gleich einen Nummer-eins-Hit. Sein Debütalbum „Take your Chance“ stand siebzehn Wochen an der Spitze der Charts. Auch die zweite CD „Here I am“ aus dem Jahr 2004 schaffte es auf Platz eins. Klingt nicht schlecht. Das war's dann aber auch, denn danach hat man von dem blonden Schwiegermutter-Traum nicht mehr allzu viel gehört. Mit seinem dritten Album „Attention!“ konnte er nicht an die alten Erfolge anknüpfen. Und heute? Heute singt Klaws, von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet, in der Berliner Inszenierung des Musicals „Tanz der Vampire“. Superstars sehen anders aus.

Nächster Fall: Elli Erl. In der bislang quotenschwächsten zweiten Staffel von „DSDS“ setzte sie sich im Finale gegen Denise Tillmanns durch. Ihre Single „This is my life“ schaffte es immerhin auf Platz drei der Charts. Doch weder die nachfolgenden Singles noch das Album „Shout it out“ erreichten eine vordere Chartsplatzierung. Nachdem sie ein Jahr lang ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllte, zog sie sich aus der Öffentlichkeit zurück und beendete 2005 erfolgreich ihr Lehramtsstudium. Im vergangenen Jahr hat sie in Zusammenarbeit mit Musikmanager Thomas Stein ein neues Album aufgenommen, am 1. Juni erscheint die Single „Can't Deny It“, zurzeit ist sie auf „Moving On“-Tour durch Deutschland. „Ich bin rundum glücklich und zufrieden. Mein Songs klingen erwachsener, reifer. Jetzt mach ich genau die Musik, die ich will“, sagt Erl im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ihre Teilnahme an DSDS bereut die 28-Jährige dennoch nicht, die Show sei eine tolle Erfahrung gewesen. An die Zeit danach denkt sie allerdings mit gemischten Gefühlen zurück. „Ich will niemandem ans Bein pinkeln, aber es hat musikalisch nicht gepasst, ich hab' mich nie wohl gefühlt“, sagt sie. Sie ist sich bewusst, dass ihre Vorliebe für Rockmusik und ihr damals eher burschikoses Auftreten nicht in das Vermarktungskonzept des Senders passten. „Ich bin nie davon ausgegangen, dass ich nach dem Sieg Millionen scheffeln werde. Die Sendung ist auf den schnellen Erfolg ausgelegt, nicht auf Langfristigkeit“, sagt Erl ohne die geringste Spur von Wehmut in der Stimme. Und erklärt selbstbewusst: „DSDS hab' ich abgehakt, ich schau jetzt nur noch nach vorn.“ Und das glaubt man ihr sogar. Ein „Superstar“-Titel ist scheinbar nicht allein seligmachend.

Zukunft von Tobias Regner ungewiss

Und Tobias Regner, Sieger der dritten Staffel? Seine erste Single „I still burn“ war ein Hit, auch das Album „Straight“ verkaufte sich beachtliche 120 000-mal. In Kürze erscheint sein zweites Album. Ob es ihm gelingt, sich dauerhaft im Musikgeschäft zu etablieren, bleibt abzuwarten.

Zugegeben: Castingstars haben es in Deutschland nicht leicht. Der Versuch, mit diesem Stempel als ernsthafter Künstler wahrgenommen zu werden, gleicht einer Quadratur des Kreises. Eine Erfahrung, die auch Elli Erl machen musste: „Viele denken, DSDS ist Plastik, die können da alle nix, auch wenn das natürlich Quatsch ist.“ In den USA sieht das ganz anders aus. Die „American Idol“-Siegerin des Jahres 2002, Kelly Clarkson, hat sich mit über zehn Millionen verkaufter Platten weltweit im Musikgeschäft etabliert. Und Jennifer Hudson, die Siebte von 2004, gewann dieses Jahr einen Oscar als beste Nebendarstellerin. Dem Hype um „Deutschland sucht den Superstar“ tut dies indes keinen Abbruch.

Allein der Ausstieg von Max Buskohl sorgte für jede Menge medialen Aufruhr - nicht nur in der „Bild“-Zeitung. Auch das Echo auf das Finale wird gewaltig sein. Aber ob der Sieger mit dem Titel „Superstar“ auf Dauer glücklich wird, ist mehr als fraglich. RTL kann das egal sein. Für die aktuelle Staffel haben sich nach Angaben des Senders 28 597 Kandidaten beworben - so viele wie nie zuvor. Die Quoten stimmen, und im ganzen Land warten und hoffen unzählige „Superstars“ in spe auf ihre fünfzehn Minuten Ruhm. Denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Und das nächste Casting kommt bestimmt.

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