Das Ziel war die Erft

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In den letzten Februartagen 1945 erreichten US- Truppen den Kreis. Zuvor hatten ihre und britische Flugzeuge Städte und Dörfer regelmäßig bombardiert.

Rhein-Erft-Kreis - Am Niederrhein stehen die Briten unter Befehlshaber Montgomery. Von dort bis zur Mosel die Amerikaner unter Führung von Patton. Entlang der Stellungen dieser Armeen erstreckt sich die Front, die vom Niederrhein bis zur Eifel dem Verlauf der Rur folgt. Und nur die Sprengung der Stauseen durch die Deutsche Wehrmacht hat verhindert, dass die US-Truppen sie bereits in breiter Front in Richtung Elsdorf, Bergheim, Kerpen und Erftstadt überschritten haben. Unternehmen Grenade (Granate) - darin ist der Vorstoß zunächst bis an die Erft geplant - muss verschoben werden. Die Rur, sonst ein gemächlicher Fluss, ist zum reißenden Gewässer geworden.

Doch als die Wassermassen sich verlaufen haben, gelingt die Überquerung, und zwei US-Regimenter marschieren unter zum Teil noch heftigen Kämpfen in Richtung Erft: eins durch den Hambacher Forst, eins von Düren über Merzenich und Buir in Richtung Sindorf. Einen Tag nach der Überschreitung der Rur gibt Hitler in Berlin noch eine Durchhalteparole aus: „Heute prophezeie ich am Ende den Sieg des Deutschen Reiches.“ Mit der Wirklichkeit hat diese Prophezeiung nichts mehr zu tun. Bei Heppendorf treffen amerikanische Panzer zwar erneut auf deutschen Widerstand. Wolfgang Trees berichtet in seinem Band „Schlachtfeld zwischen Maas und Rhein“ auch von einem heftigen Gefecht zwischen deutschen und amerikanischen Panzern am Vormittag des 27. Februar. „Die St.-Ulrich-Kirche in Sindorf erhält mehrere schwere Artillerietreffer und die Sakristei brennt völlig ab.“ GI's haben Handgranaten in den Keller der Kirche geworfen und damit das Feuer entfacht - dort lagert die Pfarrei ihre Briketts.

Am gleichen Tag aber fällt Heppendorf. Ein Teil der Bewohner flüchtet nach Manheim. Andere werden von den Alliierten zusammen mit einigen Sindorfern und Ahern für mehrere Tage in der Heppendorfer St.-Dionysius-Kirche einquartiert, während die Kämpfe noch weitergehen. (Siehe nebenstehender Bericht). Weiter südlich kommen die Amerikaner jetzt schnell voran. Schon am 25. Februar hatten die ersten US-Einheiten aus dem Rurtal den Neffelbach erreicht und bewegten sich am Flüsschen entlang in Richtung Blatzheim. Die 104. US-Infanterie-Division sowie die 3. US-Panzerdivision erreichen den Ort als Erste. Andere Einheiten rücken nach. „Am 28. Februar lagen amerikanische Soldaten vor Bergerhausen und bereiteten sich auf die Einnahme von Kerpen vor“, schreibt der Frechener Historiker Volker Schüler in seinem Band „Vom Hakenkreuz zum Sternenbanner“. Drei Tage rollt unter anderem die 87. Infantriedivision auf Kerpen zu. Die Bewohner, neben einigen Zivilisten zahlreiche Fremdarbeiter, erleben in der von Sturmpanzern zusammengeschossenen Stadt angstvolle Nächte. Irgendwann verlassen die Menschen in Scharen die zweifelhafte Deckung in den Trümmern und treten die Flucht an - allerdings die Flucht nach vorne, in Richtung der vorrückenden US-Soldaten. Bei Langenich treffen amerikanische Artillerie und Flüchtlinge aufeinander. Und so müssen die Kerpener zusehen, wie ihre Stadt vom freien Feld aus beschossen wird. Wenig später fällt Kerpen, und die US-Panzer rollen durch das schwer zerstörte Städtchen. Weiter nördlich sind die Amerikaner, unterstützt durch schwere Artillerie, bereits am 25. Februar bis Kirch-Kleintroisdorf vorgedrungen. In der folgenden Nacht nehmen nachrückende Einheiten Grottenherten unter Dauerbeschuss. Bis dahin hatte die 11. Panzerdivision der Deutschen dort große Teile ihres Geräts in Stellung. „Inzwischen aber hatte sich die Hauptmasse der deutschen Tigerpanzer in Richtung Königshoven, Pütz und Hohenholz abgesetzt“, heißt es bei Schüler. Und: „Weitere Einheiten zogen sich durch Niederaußem auf Fliesteden und Esch bei Köln zurück.“ In den frühen Morgenstunden des 27. Februar fällt das zu etwa einem Drittel zerstörte Grottenherten, und auch Pütz und Königshoven werden nach starkem Artilleriebeschuss und dem Abwurf von Kettenbomben eingenommen. In der Königshovener Schulchronik heißt es: „Sie (die Amerikaner) stießen auf geringen Widerstand. Das Dorf wurde belegt und nach Waffen durchsucht. Fünf deutsche Soldaten fielen im Kampf. Drei deutsche Panzer und ein deutscher Spähwagen blieben zerschossen liegen.“ Es sterben vier Männer und eine Frau durch Granateinschlag.

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