Den Gründervater der Gesolei gefunden

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Die Backsteinbauten der Gesolei-Siedlung, die neben der Zuckerfabrik Elsdorf entstand, galten als besonders fortschrittlich. Viele Bewohner lebten viele Jahrzehnte in ihren Häusern.

Die Backsteinbauten der Gesolei-Siedlung, die neben der Zuckerfabrik Elsdorf entstand, galten als besonders fortschrittlich. Viele Bewohner lebten viele Jahrzehnte in ihren Häusern.

Elsdorf - Der Name wurde zum Begriff für eine ganze Siedlung: Gesolei. Das Wort war derart prägend, dass die Gesolei, südlich der Zuckerfabrik gelegen, von vielen für einen eigenen Ortsteil Elsdorfs gehalten wurde, was sie aber nie war. Woher der Begriff stammt, ist bekannt. Er ist die Kurzform des Namens einer Messe, die 1926 in Düsseldorf stattfand: die große Ausstellung für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen. Nach dem Ersten Weltkrieg lag die deutsche Wirtschaft noch am Boden, und die Planer entwarfen auf der Messe ein Bild, wie die Gesellschaft in eine bessere Zukunft geführt werden konnte. Doch wie der Name nach Elsdorf kam, war den Heimatforschern unbekannt. Dr. Peter Zenker, früherer Leiter des Bergamtes Aachen, ist dieser Frage nachgegangen und hat nun eine umfangreiche Arbeit zum Thema Gesolei in Elsdorf vorgelegt, die auch im Internet abrufbar ist. „Es waren die Brüder Josef und Christian Mertens aus Elsdorf, beide bei der Reichsbahn beschäftigt, die im Sommer 1926 zur Ausstellung nach Düsseldorf fuhren“, hat Zenker bei seinen Recherchen herausgefunden. „Von den vielen Eindrücken begeistert, kamen sie zurück und belegten, nachdem sie mit anderen Siedlern die ersten Häuser an der Dürener Straße hinter der Zuckerfabrik im Jahre 1929 errichtet hatten, diese neue Siedlung mit dem Namen Gesolei.“

Das Wohngebiet war entstanden, weil im aufstrebenden Elsdorf Wohnungsnot herrschte. Mit dem Bau der Zuckerfabrik im 19. Jahrhundert und der Eisenbahnstrecke Düren-Neuss wuchs der Ort beständig. „Teils waren Menschen in Baracken untergebracht, und die Gemeinde hatte kein Geld, eigene Wohnungen zu bauen“, sagt Zenker. Ab 1927 verteilte der Elsdorfer Gemeinderat Grundstücke entlang der Dürener Straße, die damals noch Buirer Straße hieß, an „Bauwillige und Baulustige“. Die dort bereits seit 1924 stehenden beiden Doppelhäuser, die vom Zuckerproduzenten Pfeifer & Langen errichtet worden waren, wurden in die Siedlung integriert.

„Viele Vorschläge, die die Brüder Mertens in Düsseldorf gesehen hatten, setzten sie in ihren Häusern um“, berichtet Zenker, der heute in Siegburg lebt. Ganz wichtig für diese Bauten sei gewesen, dass sich hinter dem Haus ein Stall für Hühner, Schweine oder Kaninchen befand, ein Schuppen und eine Toilette mit Wasserspülung. „Die Toilettenanlage hatte ein Klärgrube, das war eine Errungenschaft in der damaligen Zeit, ein ganz großer Fortschritt.“ Zum Haus gehörte zusätzlich noch ein Nutzgarten für Kartoffeln, Obst und Gemüse.

Josef Mertens wurde laut Zenker zum Gründervater der Siedlung. „Er hatte eine tonangebende Rolle, in die er nicht gewählt wurde, sondern die allein auf seiner Persönlichkeit beruhte.“ Welchen Stellenwert die Siedlung hatte, belegt folgende Zahl: Rund 55 Prozent der Gesolaner lebte mehr als 20 Jahre dort. „Das ist ein Ausdruck für die Bindung der Menschen an ihren Ort.“

Im Sicherheitsstreifen

„Wir hatten immer das Gefühl, dass die Gesolei etwas Besonderes war“, sagt Elisabeth Bevermeier, Tochter von Josef und Anna Mertens. Und ihr Mann Peter Frantzen, ebenfalls alter Gesolaner bestätigt: „Die Siedlung bedeutete Fortschritt.“

Bis 1990 war die Gesolei nach mehreren Bauphasen auf rund 80 Häuser angewachsen, in denen 284 Menschen lebten. Dann aber folgte das Ende der Siedlung. Weil das Gelände der Gesolei im Sicherheitsstreifen des Tagebaus Hambach liegt, in dem sich keine Menschen dauerhaft aufhalten dürfen, wurden die Bewohner umgesiedelt. Viele Gesolaner zogen nach Neu-Etzweiler um, wo sie 2001 das Abschlussfest ihrer Umsiedlung feierten. Auch Elisabeth Bevermeier, die Tochter des Gesolei-Gründervaters, und ihr Mann leben heute in Neu-Etzweiler. Ihr Haus steht an der Gesoleistraße.

 www.go-z.org/drz

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