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Die Geschichte der Kamelle

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Karneval ohne Kamelle - undenkbar.

Karneval ohne Kamelle - undenkbar.

Kein Rosenmontagszug ohne Kamelle und Strüßjer - das galt schon bei den ersten Maskenzügen nach der Karnevalsreform von 1823. Der Prinz - damals noch „Held Karneval“ genannt - hielt auf einem Triumphwagen wie ein feudaler Herrscher Einzug in die Stadt und verteilte als Teil des höfischen Zeremoniells Geschenke an seine treuen Untertanen. Die hagelten damals allerdings noch nicht wie ein Sturzregen auf die Narren nieder, sondern wurden vornehm verteilt, von Adjutanten des Helden, „welche Bonbons und Blumen aus Auftrag des Helden den schönen Damen ausspendeten“.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts kam die Sitte auf, dass auch andere Zugteilnehmer Bonbons in die Menge warfen; aus dem Jahr 1900 wird berichtet, dass nun auch „Schaumwein“ und Blumensträuße von den Wagen heruntergereicht wurden. Eine Episode blieb der Versuch, Erbsen zu werfen. Außergewöhnlich daran war, dass diese überwiegend aus dem Publikum auf die Wagen geworfen wurden und nicht umgekehrt. „Überall regnet es Erbsen und gipsernes Konfetti zu den Wagen herein und aus diesen wieder heraus; je toller je besser ist die allgemeine Losung“, heißt es in einem Bericht. Wegen der Verletzungsgefahr wurde der Brauch schließlich verboten.

Wann aus den „Bonbons“ (von französisch „bon“ = gut) kölsche „Kamelle“ (von spanisch „caramelo“ = gebrannter Zucker, Karamell) wurden, ist nicht überliefert. Unzweifelhaft ist der Ausdruck heute aber auf dem Vormarsch. Wie man im Bonner Amt für Rheinische Landeskunde festgestellt hat, spricht man inzwischen auch im Krefelder Raum, wo man früher von „Bröckskes“ oder „Klümpchen“ redete, nun von „Kamelle“.

Der Name und der Ruf nach Kamelle hielten sich sogar, als einige Jahre lang im Kölner Rosenmontagszug kaum noch Kamelle geworfen wurden. Da das „Wurfmaterial“ - wie die süßen Gaben im Karnevalistendeutsch heißen - immer teurer wurde, waren viele Gesellschaften auf Bonbons osteuropäischer Herkunft ausgewichen. Die Billigbonbons reizten häufig aber Gaumen und Zunge. Als sie deswegen immer seltener von der Straße aufgesammelt wurden, verzichteten viele Gesellschaften ganz auf die Süßigkeiten. Stattdessen wurden Waffeln, Frucht- und Kaugummis, Pralinen oder Schokolade geworfen.

Aber im Herzen der Kölner hat die Kamelle immer überlebt. Und in diesem Jahr kehrt sie triumphierend in den Zug zurück. Die Renaissance der Kamelle scheint gesichert. (rr)

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