Ein Haus voller Stundenschlag

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Einige der zahlreichen "Schätzchen" des Wuppertaler Uhren-Museums.

Einige der zahlreichen "Schätzchen" des Wuppertaler Uhren-Museums.

Wuppertal - Seit zweieinhalb Wochen ticken die Uhren wieder nach der normalen Mitteleuropäischen Zeit (MEZ) und im Takt mit der „mittleren Sonnenzeit am 15. Grad östlicher Länge“. Bei der Umstellung wurden auch im Wuppertaler Uhren-Museum die Zeitmesser für eine Stunde angehalten. „Wir hatten alle Hände voll zu tun“, scherzt Jürgen Abeler (72), dessen Vater Georg in den 50er Jahren begann, Uhren zu sammeln, und damit eine der größten und bedeutendsten Privatsammlungen in Deutschland begründete.

VERBORGENE

SCHÄTZE

Kuriose Museen in NRW

Indes haben die meisten der alten Schätzchen, die hier von 5000 Jahren Zeitgeschichte zeugen, ihre aktiven Zeiten hinter sich. Gemessen an der Gesamtzahl laufen nur wenige. Beharrlich tröpfelt eine ägyptische Wasseruhr aus dem Jahre 150 v. Chr. vor sich hin. Der weinende Amor, dem Pfeil und Bogen geklaut wurden, ist Jürgen Abeler ans Herz gewachsen: „Er füllt mit seinen Tränen in 24 Stunden den mit Zeiteinteilung beschrifteten Zylinder.“

Römische und griechische Sonnenuhren, französische Pendulen und napoleonische Kaminuhren, Stutzuhren in Tierformen, Kerzen- und Sanduhren, Uhren in Dolchen, Knöpfen und in einem hölzernen Totenkopf: Das Uhren-Museum im Kellergewölbe des Juwelier-Stammhauses Abeler reicht bis zur ersten kontinentaleuropäischen Atomuhr aus dem Jahre 1956.

Immer wieder kann Jürgen Abeler seine Sammlung durch Besonderheiten erweitern; er findet sie in aller Welt, kennt sämtliche Börsen, besucht Auktionen und ist mit vielen anderen Privatsammlern in Kontakt. Auch von außen zeigt das Abeler-Haus den Wuppertalern, was die Stunde geschlagen hat: Ein Glockenspiel mit 37 Glocken ertönt täglich jeweils um 10, 12, 16 und 18 Uhr. Die Drei-Räder-Uhr an der Hausfassade, gebaut in den 50er Jahren aus einem zerborstenen Pferdefuhrwerk samt Deichsel, kündet von Zeit und Stunde. „Mein Vater hat sie konstruiert und wochenlang daran getüftelt“, erinnert sich der Uhrmachermeister, der stolz auf seine neueste Errungenschaft verweist: eine Weltbevölkerungs-Uhr, die rasend schnell und unaufhaltsam tickt. „Kein echter Zeitmesser zwar, aber ein Zeichen der heutigen Zeit.“

Das Faible für Uhren ist bei Jürgen Abeler eng gekoppelt an einen hingebungsvollen Forscherdrang. In drei Bänden hat er die verzweigte Familiengeschichte der Uhrmacher-Dynastie Abeler niedergeschrieben, hat Bücher über Uhren verfasst, darunter auch eine Arbeit über bergische Standuhren. Die tickenden und schlagenden Uhren-Riesen sind eine Besonderheit der Region. „160 Hersteller habe ich hier im Umkreis von Wuppertal ermittelt.“ Ihre handwerklichen Schmuckstücke versorgten einst herrschaftliche Wohnräume mit Zeitangaben.

Auch die Erfindung der Sommerzeit vor fast 90 Jahren hat Jürgen Abeler in eigenen Aufsätzen dargelegt. In der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai 1916 wurde in Deutschland die Stunde von 23 Uhr auf 24 Uhr vorgestellt, um das Tageslicht besser zu nutzen. Mit dem Ende der Mitteleuropäischen Sommerzeit (MESZ) wird dieser Vorgang alljährlich im Herbst wieder rückgängig gemacht. Seit 1980 sind MESZ und MEZ feste Begleiter des Jahres.

Jetzt herrscht wieder Normalzeit, vorgegeben von der Physikalisch- Technischen Bundesanstalt in Braunschweig. Armbanduhren, Wecker, Kirchturmuhren, Bahnhofs-, U-Bahn-, Gleitzeit-, Signal- und Reklameuhren - die meisten werden gerichtet sein. Wenn nicht, kein Drama. Wer den Wechsel im Herbst verschläft, kommt ja nicht zu spät ans Ziel, sondern zu früh. (dpa)

Uhrenmuseum Abeler, Wuppertal-Elberfeld, Poststr. 11;

geöffnet: Montag bis Freitag von 16 bis 18 Uhr; Samstag 11 bis 14 Uhr;

Eintritt: Erwachsene 3 Euro; Kinder bis 12 Jahre 1,50 Euro; Gruppen mit angemeldeter Führung: 2 Euro pro Person plus 15 Euro einmalig für die Führung

 www.abeler.de

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