Forscher: DDR drängte auf Einmarsch bei Prager Frühling

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Wien - Die gewaltsame Niederschlagung des Prager Frühlings Ende der 60er Jahre in der Tschechoslowakei ist nach neuen Erkenntnissen von Historikern vor allem auf die Initiative der Regierung der damaligen DDR zurückzuführen. Wissenschaftler des Ludwig-Boltzmann-Instituts im österreichischen Graz stellten am Freitag in Wien Ergebnisse ihrer Analyse der internen Gespräche der Führung der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPDSU) und der seinerzeitigen Verhandlungen mit der tschechoslowakischen Regierung sowie mit den Staaten des Warschauer Paktes vor. Demnach sprach sich der als "Hardliner" geltende sowjetische Staatschef Leonid Breschnew lange für eine politische Lösung des Konflikts aus.

Erst die "Agressivität" der DDR-Führung, insbesondere von Staats- und Parteichef Walter Ulbricht, habe letztlich zu dem Militäreinmarsch am 20. August 1968 geführt, sagte der Historiker Manfred Wilke von der Freien Universität Berlin, der ebenso wie tschechische und russische Wissenschaftler an dem Forschungsprojekt unter österreichischer Leitung beteiligt war. Breschnew habe lange eine Wiederherstellung der Führungsrolle der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei angestrebt - sogar unter dem reformorientierten Alexander Dubcek, sagte Wilkes österreichischer Kollege Stefan Karner. Die DDR habe aber einen Schneeball-Effekt der Reformbewegung in Prag im Keim ersticken wollen und diese als erste als "Konterrevolution" bezeichnet. Als sich das Politbüro der KPDSU dieser Linie anschloss, sei auch Breschnew eingeknickt.

Die Historiker werden die vollständigen Ergebnisse ihres 2006 gestarteten Projekts am 40. Jahrestag der Niederschlagung des Prager Frühlings am 20. August kommenden Jahres auf einem Symposium in Wien vorstellen. (afp)

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