Barchefin des „Suderman“ in Köln„Die Leute sind nach den Drinks schneller platt“

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Barchefin Katrin Löcher von der Suderman-Bar in Köln

  • Im Interview spricht Barchefin Katrin Löcher über veränderte Trinkgewohnheiten nach dem Lockdown und Frauen als Bartenderinnen in der gehobenen Cocktailszene.
  • Außerdem empfiehlt sie zwei sommerliche Drinks.

Köln – Frau Löcher, haben sich die Trinkgewohnheiten der Gäste nach dem Lockdown verändert?

Auf der einen Seite haben die Leute super Lust, und trinken vielleicht auch einen Drink mehr. Andererseits sind sie auch schneller platt, sie sind es nicht mehr richtig gewohnt. Im Lockdown sind viele auch eher um 10 oder 11 Uhr schlafen gegangen, das merkt man dann auch. Bei uns, dem Personal, war das auch nicht anders. Das wird sich sicher wieder einpendeln.

Haben sich die Kunden geändert?

Das ist schwer zu sagen. Wir haben Glück, dass wir ein recht großes Stammpublikum haben. Wir leben von der Nachbarschaft, davon dass die Leute regelmäßig kommen, die sind alle noch da. Da freuen wir uns über jeden: über ältere Herrschaften wie über die Jüngeren.

Wie ist die Atmosphäre hier im Agnesviertel? Wodurch zeichnet sich das Veedel aus, zu dem das Suderman über die Karte eine Verbindung herstellt?

Es gibt viele junge Familien, die sich auch mal einen Babysitter organisieren und abends ausgehen. Es ist ein sehr lebendiges Viertel, mit vielen Restaurants und Ausgehmöglichkeiten, auch durch die belebte Neusser Straße. Als Cocktailbar bilden wir gemeinsam mit Toddy Tapper in der Schillingstraße allerdings die Ausnahme. In Nippes gibt es noch die Bar Fly, aber hier in der Ecke gibt es nicht viele. Das ist für uns sehr schön, mit dem Toddy Tapper sind wir auch eng verbandelt.

Es herrscht viel Leben auf der Straße: Auch auf dem Sudermanplatz selber. Im Lockdown haben wir einen To-Go-Service angeboten, weshalb wir recht viel in der Bar waren. Die Menschen haben den Platz richtig genutzt.

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Die 33-Jährige Katrin Löcher ist passionierte Mixerin.

Suderman-Barchefin hat in Köln Abitur nachgeholt

War es von Anfang an Ihr Ziel Barchefin zu werden?

Ich habe während meiner Schulzeit nebenbei in der Gastro gearbeitet und habe in Köln dann mein Abitur nachgeholt. Dann war ich überzeugt, dass ich studiere: Ich war an Biologie und Ernährungswissenschaften interessiert. Dann bin ich aber wieder reingerutscht, habe die Geschäftsführung in einem Restaurant übernommen und darüber ist mein Interesse an der Bar gestiegen.

Daraus wollte ich dann mehr machen. Das hat gut funktioniert. Ich habe am Anfang viel Arbeit und viel Leidenschaft reingesteckt. Das muss man auch, wenn man was erreichen will.

Ging es Ihnen darum, in eine Führungsposition zu kommen oder vor allem auch um das Cocktailmixen?

Der Anspruch war wirklich, Drinks zu machen, zu verstehen, was hinter Cocktail-DNA steckt, was Mixologie ist. Ich bin sehr geschichtsinteressiert und da ist ein ganz großer Bereich, sich mit der Geschichte von Spirituosen, mit Persönlichkeiten hinter der Bar zu beschäftigen und klassische Cocktails zu lernen. Das war die Ambition. Meine Chefs hier haben mich da auch sehr gefördert und mir letztlich angeboten, diese Aufgabe zu übernehmen.

Bartenderin Monica Berg aus London wurde 2020 von der „World's 50 Best Bars“-Jury als beste Bartenderin ausgezeichnet. Erstmals ging diese Ehrung an eine Frau. Haben Frauen es in der Barbranche schwerer und warum?

Die Frage kommt häufig, denn Frauen in der Bar sind gefühlt immer noch eine Rarität, obwohl es inzwischen schon mehr geworden sind. Das ist wie bei handwerklichen Berufen, das ist tatsächlich weniger typisch. Ob ich es schwieriger habe oder hatte, weiß ich nicht. Ich glaube, das hat eher was mit einem selber zu tun. Will man diese Arbeit überhaupt machen? Was man nicht vergessen sollte ist:

Ob man in einer gehobenen Bar arbeitet oder nicht, da gehört auch körperliche Arbeit dazu: Eis schleppen, Getränke aus dem Keller holen. Dazu muss man bereit sein. Wenn man nur die aufgeräumte, glänzende Bar hinter der Theke sieht: Das ist nicht der Job. Der lässt sich nicht anhand von Instagram-Profilen nachvollziehen. Man muss da Bock drauf haben, und dann supporten dich die Jungs, das ist, was ich erlebt habe. Ich habe tatsächlich nie Respektlosigkeiten von Kollegen erfahren oder das Gefühl, als Frau minderwertiger zu sein.

Und die Gäste?

Da gibt es manchmal welche, die einem ein komisches Gefühl geben, aber da muss man wissen, wo man steht.

Inwiefern?

Es gibt Situationen, wo man hinter der Bar steht und ich gebeten werde, den Kollegen zur Beratung zu holen. Natürlich kann ich meinen Angestellten holen, sage ich dann. Oft lösen sich diese Situationen sofort auf, wenn die Lady daneben sagt, sie will von mir beraten werden. Da gibt es manchmal Machogehabe, aber das ist hier sehr selten.

Kölner Barchefin Katrin Löcher: Im Gastgewerbe muss man sich selbst zurücknehmen

Was ist die größte Herausforderung an dem Beruf?

Im Gastgewerbe ist es natürlich so, dass man sich immer zurücknehmen muss. Wenn man nicht so gut drauf ist, kann man das nicht rauslassen. Das ist sehr herausfordernd, auch gerade während Corona. Man bekommt komische Fragen gestellt oder einem wird grundlos eine Schuld zugewiesen. Da muss man manchmal bei sich halten. Auch sollte man sich körperlich fit halten und sein Leben drumherum dahingehend gestalten. Jeden Abend nach Feierabend erstmal was trinken geht zum Beispiel eher nicht, sondern ich achte drauf, mich ordentlich zu ernähren und Sport zu machen.

Wo gehen Sie gerne aus, wenn Sie mal frei haben?

Die gehobenen Bars sind alle sehr eng. Ob im Spirits in der Innenstadt, was ein bisschen unsere Schwesterbar ist oder in der Rosebud Bar: Da bin ich sehr gern.

Zur Person und zur Bar

Katrin Löcher ist Barchefin des 2015 eröffneten Suderman im Agnesviertel. Die gebürtige Duisburgerin lebt seit 12 Jahren in Köln. Seit 2016 arbeitet sie in der Cocktailbar am Sudermanplatz, seit 2018 ist sie Barchefin.

Dominique Simon, der auch die „Spirits“-Bar an der Engelbertstraße betreibt und Felix Engels sind die Betreiber der Bar, die zur gehobenen Cocktailszene Kölns zählt. Die Einrichtung ist in einem minimalistischen Stil der 50er-Jahre gehalten: Messing, Beton und Holz dominieren die Optik. Auf der Karte finden sich neben vielen Eigenkreationen auch gezapftes Bier sowie eine Auswahl an Craft-Flaschenbieren. Im Lockdown hat das Sudermann gemeinsam mit dem „Spirits“ einen Lieferservice etabliert: Mit dem „Soul-To-Soul-Shop“ kann man sich für Anlässe daheim Cocktailpakete zuschicken lassen und mit wenigen Handgriffen seine Drinks selber mixen. (gam)

Was ist Ihr Lieblingsdrink?

Ich habe es am Anfang geliebt, zu shaken. Ich liebe einfach diese Technik des Mixens und finde es auch toll, auf Zeit zu mixen und mich in Sachen Schnelligkeit herauszufordern, gerade auch weil wir eine große Bar sind, wo es auf Effizienz ankommt. Aber was meine Lieblingsdrinks sind, finde ich schwierig zu sagen. An einem heißen Tag habe ich Lust auf einen Mojito: einfach Rum, Minze, Zucker, Soda. Aber an Winterabenden will ich auch mal was Kräftigeres, etwas mit dunklen Noten.

Würden Sie einem Gast, der definitiv zu viel getrunken hat, einen Drink verweigern? Haben Sie das schon einmal gemacht?

Das habe ich erst einmal, aber nicht weil der Gast zu betrunken war, sondern weil er anfing zu pöbeln und unverschämt zu sein. Wenn jemand an der Theke einschlafen würde, würde ich ihm auch nichts mehr geben. Aber wenn jemand betrunken ist und seine Grenze nicht kennt, weiß ich nicht, ob ich die Person sein muss, der ihn davon abhält. Da sollte man sensibel dran gehen, unsere Gäste sind Erwachsene, die wissen sollten, was sie tun.

Was empfehlen Sie als Sommerdrink?

Zum Beispiel den Flora-Highball: Mit Gin, Holunderblüte, Veilchen, Gurke, Zitronenwasser und Soda getoppt. Oder den Luftikuss: Das ist unsere Hommage an die Weinschorle mit Riesling, Lillet, Aloe Vera, Maracuja, Mango und mit Soda aufgegossen. Auch super lecker.

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