Fitness-TrendKräftig abhängen beim Luft-Yoga

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Der neue Trend aus den USA: Arial Yoga. Unserer Autorin Jenny (l.) hat's gefallen.

Der neue Trend aus den USA: Arial Yoga. Unserer Autorin Jenny (l.) hat's gefallen.

Die Sonne scheint durch das lindgrüne Tuch, das meinen ganzen Körper fest umschließt. Schwerelos hänge ich mitten im Raum. Es ist ganz still und ich spüre keine Bewegung. Kein Drehen, kein Schaukeln. Meine Gedanken sind vollkommen ruhig. Es fühlt sich an, als wäre ich unsichtbar – verschwunden von der Welt. Bis mich meine Lehrerin, die 33-jährige Janika Staats, zurück in die Realität holt. Behutsam geht sie um mich herum und streicht über eine Klangschale. Die leisen Töne wecken mich sanft. 60 Minuten Aerial Yoga (deutsch: Luft-Yoga) habe ich hinter mir. 60 Minuten, in denen ich über mich hinausgewachsen bin. Denn ein bisschen Mut gehört schon dazu, wenn sich Körper und Geist ganz auf ein Tuch verlassen sollen, das hüfthoch von der Decke baumelt.

Mit einem Haken an der Decke

Genau wie Power-Yoga oder Hot-Yoga, das in einem auf bis zu 40 Grad erhitzten Raum ausgeführt wird, stammt auch dieser neue Fitness-Trend aus den USA. Klassische Yoga-Übungen aus dem Hatha- und dem Vinyasa-Yoga werden hier in einem etwa drei Meter breiten, trapezförmigen Lycra-Tuch ausgeführt, das mit einem Haken an der Decke befestigt ist. „Kernelemente im Aerial Yoga sind Umkehrpositionen“, erklärt mir Staats, die vor etwa einem Jahr die fünfwöchige Ausbildung zur Aerial-Yoga-Lehrerin in Hamburg beendet hat. „Das Tuch sichert dich in Über-Kopf-Haltungen wie dem Hand- und Kopfstand, die sonst nur fortgeschrittene Yogis ausführen können oder für die man einen Assistenten braucht.“ Tatsächlich war das elastische Tuch während der ganzen Stunde wie ein Trainingspartner für mich. Einmal Vertrauen gewonnen, konnte ich es um meine Hüfte wickeln, mich hineinlegen oder -setzen, meine Beine und Arme daran festklammern, kreiseln und sogar kopfüber hängen oder schwingen wie ein Pendel. Das war jedoch alles andere als leicht. Denn um den Körper in dem Tuch zu stabilisieren, braucht man Kraft und vor allem eine gute Körperspannung.

Yoga für jeden

Zwar waren mir viele Übungen, die sogenannten Asanas, schon aus dem Hatha-Yoga bekannt, eine Vorerfahrung braucht man jedoch nicht, um Aerial Yoga auszuprobieren. Es eigne sich für Anfänger, Fortgeschrittene, jede Altersklasse und jede Gewichtsklasse, so Staats. Wer unter Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, starken Rückenschmerzen oder einem Bandscheibenvorfall leidet, sollte jedoch vorher mit einem Arzt sprechen. Zu den klassischen Hatha-Übungen, bei denen man in einer Position verharrt und sich in die Dehnung hineinfühlt, kommen dynamische Übungen aus dem Vinyasa-Yoga sowie Atem-Übungen.

So beginnt eine Stunde mit einfachen schwingenden oder kreisenden Bewegungen, die mit dem Atem kombiniert werden, um sich an das Tuch zu gewöhnen. Grundsätzlich kann man vier Grundpositionen unterscheiden: den Ribs-Hang (die Rippen hängen im Tuch), den Hip-Hang (die Hüften hängen im Tuch), den Back-Straddle (Über-Kopf, z. B. Handstand) und den Aerial-Bhadrasana, der Schmetterling, bei dem man mit dem Tuch eine Schlaufe bildet, in der man, nur durch die Füße gehalten, zum Sitzen kommt. Zu diesen Positionen addiert Staats je nach Erfahrung des Schülers weitere Figuren. Die End-Entspannung bei der man ganz im Tuch zum Liegen kommt, schließt die Stunde ab. Wie spirituell eine Übungsstunde abläuft, kann individuell gestaltet werden. „Gerade im Aerial Yoga ist es toll, ein Om im Tuch zu sprechen oder ein Mantra zu singen. Ob ich diese Elemente einsetze, entscheide ich je nach Wunsch des Schülers“, sagt Staats.

Tolle Wirkung

Die Wirkung auf meinen Körper konnte ich schnell spüren. Die Über-Kopf-Positionen, in denen ich teilweise bis zu fünf Minuten verharrte, haben meine Wirbelsäule und meine Gelenke angenehm gestreckt. Für Staats kommt dazu, dass die Organe so aus ihrer typischen Haltung gelöst werden. „Bei den Umkehrhaltungen im klassischen Yoga, wie dem Kopfstand, hast du immer noch einen Stauraum irgendwo im Körper. Beim Aerial Yoga kannst du Körper und Geist einmal komplett frei hängen lassen.“ Und genau so hat es sich auch angefühlt. Fazit: Wer Lust auf was Neues hat und nach einem Tag im Büro den Wunsch kennt, sich mal richtig auszustrecken, sollte Aerial Yoga ausprobieren. Es macht Spaß und bringt Körper und Geist wortwörtlich in Schwung.

Hinweis: Janika Staats bietet Aerial Yoga in Köln-Sülz an. Eine Stunde Personal Training kostet 60 Euro. Ein Schnupperkurs (90 Min.) 50 Euro. Infos und Anmeldung unter 0178/540 1710 oder www.yogaluft.de

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