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Henns GeschmackssacheEin neuer Stern am Rhein: Das „La Vie“ von Thomas Bühner

3 min
Das La Vie in Düsseldorf

Klimatisiert und edel: Das „La Vie“ im „One Metro Campus“ in Düsseldorf.

Sie suchen edles Understatement und noblen Stil und stehen auch kulinarisch auf harmonische Eleganz?

Das Wichtigste zuerst: dieses Restaurant ist klimatisiert. Und es ist ausgesprochen schön. Falls Sie für einen Filmdreh eine Location suchen, die edles Understatement und noblen Stil besitzt, suchen Sie nicht weiter. Das „La Vie“ im „One Metro Campus“ in Düsseldorf ist ein Prestige-Objekt des Konzerns, der sich dafür den ehemaligen 3-Sterne-Koch Thomas Bühner ins Haus geholt hat – eine Sensation im kulinarischen Deutschland. Wobei Bühner, der unter anderem noch ein „La Vie“ in Taipeh besitzt, hier abends nicht am Herd steht, sondern als Betreiber und Konzeptgeber fungiert.

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

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Der Herd gehört seinem ehemaligen Küchenchef aus Osnabrücker Zeiten: Timo Fritsche. Und wer erwartet, dass dieser frühere Signature Dishes auftischt, wird enttäuscht werden. Stattdessen tragen die Speisen Fritsches Handschrift – die natürlich durch Bühner geprägt ist. Schon gut einen Monat nach Eröffnung im Mai kam der erste Michelin-Stern – es ist wohl nicht verwegen, wenn man vermutet, dass Bühner hier ein Vertrauensvorschuss in Sachen Konstanz eingeräumt wurde. Die Auszeichnung ist vollends verdient, wobei man vielleicht sogar noch höhere Weihen anstrebte. Zumindest liegt der Preis von 258 Euro pro Menü in der 2-Sterne-Liga (mittlerweile um 30 Euro reduziert).

Physalis und Dorade

Die kalte Vorspeise vereint Dorade und Physalis auf erfrischende Art.

Los geht es mit ein paar Kleinigkeiten, die Calamari und Imperial Kaviar vereinen, sowie Fenchel mit Stachelbeere sowie Pastinake mit Zitrone. Hier wird das kulinarische Prinzip bereits deutlich: stets gibt es zwei zentrale Elemente. Klar wird auch: es geht nicht um Kontraste, sondern um Harmonie und Eleganz. Die erste kalte Vorspeise vereint dann Dorade und Physalis auf erfrischende Art. Fritsches exaktes Finetuning ist spürbar.

Thomas Bühner

3-Sterne-Koch Thomas Bühner fungiert als Betreiber und Konzeptgeber.

Handwerklich ist alles hochpräzise

Beim nächsten Gang wurde mit der Zucchini küchentechnisch einiges angestellt, um ihre Textur zu verändern, ihr zur Seite cremig-nussige Comté-Sauce, aber das Gericht wirkt aromatisch ein wenig schwer. Ein enorm saftig gegarter Kabeljau findet sich mit Erbsen in verschiedenen Texturen auf dem Teller, darunter eine Mole (mexikanische Sauce), die an eine hochkonzentrierte, köstliche Erbsensuppe erinnert. Wiederum alles handwerklich hochpräzise.

Kabeljau mit Erbsen

Enorm saftig gegarter Kabeljau mit Erbsen in verschiedenen Texturen.

Butterweich Sous-vide-gegart das Reh, welches in Kirschen seinen Partner findet, aber auch in Umeboshi (eingelegte Ume-Früchte) und Pfifferlingen. Dazu gibt es eine cremige Reh-Tarte. Wie heute en vogue pimpen auch hier feine asiatische Nuancen einen konzeptionell sehr klassischen Gang. Für eine Zeit, in der Optik auf dem Teller extrem wichtig ist, wirken die Platings recht zurückhaltend. Gediegene Eleganz scheint auf dem Teller in Form und Aromatik das Ziel zu sein.

Timo Fritsche

Der Chef in der Küche ist Timo Fritsche.

Bei den Süßspeisen zeigt sich die Küche experimentierfreudig

Bei den Süßspeisen zeigt sich die Küche dann experimentierfreudiger, und kombiniert Pfirsich mit Amazake (ein süßes Getränk aus fermentiertem Reis), sowie Brennnessel (in Form von Mousse, Blättern und getrocknetem Pulver) mit einem Bergamotte Sorbet. Stark!

Nachtisch beim La Vie

Pfirsich mit Amazake, einem süßen Getränk aus fermentiertem Reis - ein starkes Dessert.

Ebenso hervorragend agieren Restaurantleiterin Antonia Winkler und Sommelier Thilo Kownatzki, der aus einer Karte schöpfen kann, die für ein neu eröffnetes Restaurant beeindruckend umfangreich ausfällt, und ihre Schwerpunkte bei Champagner, Burgunder und deutschen Weinen hat.

Wer einen ersten Eindruck vom neuen „La Vie“ gewinnen möchte, ohne direkt die große Hafenrundfahrt buchen zu müssen, hat sonntags die Chance dazu, wenn auch à la carte bestellt werden kann – bei einem Restaurant dieser Klasse ein äußerst seltenes Angebot.


Henns Auswahl:

7-Gang-Menü (omnivor oder vegan) 228 Euro, Sieben begleitende Gläser 135 Euro

Fazit: Edel-stylishes Sterne-Restaurant mit klassischem Fine Dining, öfters mit hochfeinen asiatischen Nuancen. Hohe Preise, sehr guter Service.

Bewertung: 5 von 6

La Vie, Schlüterstraße 1, 40235 Düsseldorf, Mi-Sa ab 18.30; So ab 12 Uhr (sonntags auch à la carte)