Kölner Café wird 180 Jahre alt„Wir haben nicht das Iced-Matcha-Latte-Publikum“

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Schmitz Familie

Familiensache: Josef sen., Simone, Josef jr., Ingrid und Vivienne Schmitz (v.l.)

Köln – Wenn man Seniorchefin Ingrid Schmitz fragt, wie es gelingt, einen Familienbetrieb über Generationen aufrecht zu erhalten, dann sagt die 82-Jährige ganz abgeklärt: „Mit viel Arbeit.“ Und man müsse dem Nachfolger etwas zutrauen, ihn machen lassen. Das hat geklappt: Printen-Schmitz in der Breite Straße feiert sein 180-jähriges Bestehen.

Mögen in Köln fast täglich Cafés mit immer neuen Kaffeekreationen, hippen Einrichtungen und Trends aus dem Boden schießen – die Institution an der Breite Straße ist geblieben. „Wir haben nicht so das Iced-Matcha-Latte-Publikum“, sagt Schwiegertochter Simone Schmitz (40). Aber vielleicht ist auch das ein Grund für den langanhaltenden Erfolg.

1842 auf der Breite Straße gegründet

1842 wurde der Betrieb gegründet, zweimal musste der Standort innerhalb der Breite Straße gewechselt werden. Das heutige Domizil wurde nach dem Krieg neu gebaut und 1959 bezogen. „Da lag noch alles in Trümmern, wir hatten freien Blick auf den Dom“, erzählt Seniorchef Josef Schmitz (85). Auf einem alten Foto ist neben der Baustelle noch die Werbung des Kaufhaus Peters, dem Vorgänger von Karstadt, zu sehen.

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Das Caféhaus wurde schnell wieder zum Treffpunkt. Damals waren die Sitten noch anders. „Zum Kaffee wurde sehr viel Asbach getrunken“, erinnert sich Josef Schmitz. „Und es wurde geraucht.“ Seine Mutter wachte damals streng über alles, machte aber von 12 bis 13 Uhr ihren Mittagsschlaf. Einen Mittagstisch gab es damals noch nicht.

Das war die erste Neuerung, die Josef und Ingrid Schmitz einführten. Ab den 70ern wurden mittags von der „Kaltmamsell“ kleine kalte Gerichte wie Würstchen und Kartoffelsalat und Strammer Max zubereitet. Die zweite Neuerung: Sonntags blieb das Café geschlossen – was bis heute so geblieben ist. „Damit man wenigstens ein bisschen Zeit für sich hatte“, so Ingrid Schmitz. Die Familie wohnt über dem Café und ist ansonsten immer abrufbar.

Geschäftsgespräche bei Printen-Schmitz

Wochentags verlegten dann Mitarbeiter aus den umliegenden Büros gerne ihre Geschäftsbesprechungen beim Herrengedeck an die Caféhaustische. „Oft kamen dann die Sekretärinnen vorbei, um Unterlagen zu bringen“, erinnert sie Ingrid Schmitz.

Jahrzehntelang führten Journalistinnen und Journalisten von „Express“ und „Kölner Stadt-Anzeiger“, die damals noch gegenüber im Pressehaus auf der Breite Straße arbeiteten, hier Interviews. Der legendäre „Express“-Fotograf „Zik“ Heinz-Walter Friedriszik, der 2016 verstarb, war hier wie zuhause. „Er war der Einzige, der sich selbst Kaffee holen durfte“, so Ingrid Schmitz. Nach „Zik“ ist heute noch ein Frühstück benannt.

2000 übernahm Sohn Josef (56) den Betrieb. Und die Eltern ließen ihn machen. Mitarbeiter vom Gericht am Appellhofplatz, vom WDR, Touristen und Messegäste bilden einen stetigen Gästestrom. Immer wieder gern gesehen ist der Herr aus Saudi-Arabien, der nach der Dentalmesse stets 200 Nougatringe von Printen-Schmitz mit nach Hause nimmt.

Und es gibt viele Stammkunden. „Da kommen inzwischen schon die Enkel mit ihren Enkeln“, sagt Simone Schmitz. „Da hängen viele Kindheitserinnerungen dran.“ Obwohl das Café nach Modernisierung und wesentlicher Verkleinerung heute ganz anderes aussieht.

In der – normalen – Vorweihnachtszeit wird das Café von Holländern und Engländern überrannt. „Fürs Match-Latte-Machen hätten wir da eh keine Zeit“, so Simone Schmitz. Die Pandemie hat der Betrieb recht gut durch Außer-Haus- und -Online-Verkauf überstanden. Nicht zuletzt, weil Enkelin Vivienne (28), inzwischen selbst Konditormeisterin, die Website „Printenhouse“ und die Sozialen Medien bespielt.

Flockensahne verkauft sich nicht mehr 

Was das Angebot angeht, muss sich auch ein Traditionsbetrieb immer wieder Neues einfallen lassen. Flockensahne geht heute überhaupt nicht mehr, dafür Zimtschnecken wie wild. Beim Mittagstisch läuft Pfannkuchen am besten.

Geblieben sind die Printen, die auch nach wie vor gut verkauft werden. Dabei wurde die Printe erst in den 1970er Jahren in den Namen integriert, um sich von den vielen anderen Schmitzens in Köln zu unterscheiden. „Unsere Vorfahren kamen aus Maastricht und haben den Brauch mit nach Köln gebracht“, sagt der Juniorchef. Die Gewürzmischung ist geheim, noch nicht einmal die Mitarbeiter kennen sie.

Es gibt die Bruchprinten, die von einer großen Platte abgebrochen werden, und die fünf Printensorten Kräuter, Prinzess (mit Zuckerguss), Schokolade, Mandel und Nuss. Die Printe ist je nach Lagerung und Verarbeitung sehr unterschiedlich in der Beschaffenheit, doch der Geschmack bleibt gleich. Sie können weich oder auch hart sein. „Nur ganz alte Kunden fragen noch nach den sehr harten Printen“, sagt Ingrid Schmitz. Weich bleiben sie durch hohe Luftfeuchtigkeit. Der Tipp der Fachleute: in Brot- oder Gebäckdose aufbewahren. Oder in dringenden Fällen Printen und eine Tasse kochendes Wasser in ein verschließbares Gefäß geben.

 „Haben Sie auch Aachener Printen?“

Trotzdem müssen sich die Schmitzens nicht selten die Frage gefallen lassen: „Haben Sie auch Aachener Printen?“ „Da antworte ich immer: Wir machen unsere eigenen Printen schon seit 180 Jahren, die können wohl nicht verkehrt sein“, sagt Josef Schmitz jr.

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Die Printen werden das ganze Jahr gebacken, im Oktober bis Weihnachten aber mehrmals in der Woche. „Dann duftet es hier in der ganzen Nachbarschaft“, schwärmt Simone Schmitz. Es sei dann aber auch rund um die Uhr Stress. „Manchmal träume ich dann, die Kunden stehen am Bett und wollen bestellen“, sagt Vivienne Schmitz. „Komisch, dass wir alle die Printen trotzdem gerne mögen“, sagt ihre Großmutter lächelnd.

An diesem Samstag wird mit Musik und Spezialitäten in der Breite Straße gefeiert.  

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