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Henns GeschmackssacheWarum man Deutschlands bestes Sternerestaurant in Pulheim findet

4 min
Küchenchef Torben Schuster
ist in der Restaurantküche zu sehen.

Küchenchef Torben Schuster ist ein Meister seines Fachs. 

Torben Schusters Küche im Gut Lärchenhof zeigt bei manchen Arrangements Weltklasse. Was den Gast im Golfplatz-Restaurant erwartet.

Ein bisschen fühle ich mich, als würde ich auf Emily und Richard Gilmores Anwesen fahren, als sich das große Metalltor des Lärchenhofs wie von Geisterhand öffnet. Der Pulheimer Golfplatz gilt als einer der zehn besten Deutschlands, die Handicap-Anforderung ist hoch (20,1 für Männer, 23,7 für Frauen) und der Preis für eine Runde oder gar eine Club-Mitgliedschaft ist üppig.

Ohne das auch für Normalsterbliche geöffnete Golfclub-Restaurant (eigentlich sind es zwei, denn auch ein Bistro gehört dazu) käme ich hier gar nicht rein. Aber so gehört schon diese Einfahrt zu einem der herausragenden Fine-Dining-Erlebnisse im Rheinland. Dank eines großen Umbaus im Frühjahr ist das Restaurant deutlich schöner geworden. Der große, helle Speisesaal mit der hohen, offenen Holzdecke wirkt nun gleichermaßen edler und moderner, aber auch einladender und wärmer. Im Sommer sitzt man draußen wunderschön mit Blick auf den Platz.

Der Gastraum ist zu sehen mit hellen Sesseln und Tischen in hellem Holz.

Nach einer umfänglichen Neugestaltung zeigt sich das Restaurant hell und atmophärisch wärmer.

Das Menü beginnt mit einem Doppelschlag von zwei Grüßen aus der Küche: Hamachi Tatar im Tartelette und eine Stroopwaffel mit Lebercreme – beides aromatisch und texturell absolut auf dem Punkt. Auch bei den nächsten beiden Grüßen - einer gelben Gazpacho mit einem herrlich festen Stück Hamburger Garnele, und einer Jakobsmuschel auf Ochsenherztomate mit Shiso, zeigt Chefkoch Torben Schuster, wie exakt Fine Tuning und Balance hier mittlerweile zelebriert werden.

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

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Ganz großes Geschmackskino folgt bei der harmonischen Kombi zweier klassischer Hauptdarsteller: Rauchaal und Gänseleber. Mit im Spiel sind auch Apfel, Macadamia sowie Nussbutter. Was schwer, fettig und wie ein Auffahrunfall schmecken könnte, ist ein ebenso leichter wie komplexer und faszinierender Genuss.

Tellergericht ist zu sehen, die Zutaten Aal und Gänseleber fein angerichtet auf einem transparent grünen Saucenspiegel.

Komplexer Genuss: Rauchaal und Gänseleber

Ein weiteres Highlight ist eine Hommage an den kürzlich verstorbenen Drei-Sterne-Koch Jonnie Boer vom „De Librije“ (Zwolle), einer der beiden großen Lehrmeister von Schuster. Der Seeteufel findet sich mit Rollmopstee, Zillertaler Bauchspeck und soviel potentem Baharat-Gewürz auf dem Teller, dass man hier tatsächlich mal von einem kulinarischen Feuerwerk sprechen kann. Quasi Kölner Lichter zum Essen.

„Quasi Kölner Lichter zum Essen“

Früher merkte man Schusters Gerichten häufig entweder den Einfluss von Boer oder Yoshizumi Nagaya (Düsseldorf) an, mittlerweile hat er aus diesen Haupt-Inspirationen einen ganz eigenen Stil entwickelt, der in den letzten Jahren immer französischer geworden ist und Japan mit bewundernswert leichter Hand integriert.

Ob bei Gelber Beete / Kohlrabi / Kräuterseitlinge / Kartoffel / Kalb oder Kabeljau / Kombu / Auster / Junge Erbsen - die Gerichte besitzen Feinheit bei aller Kraft, Zugänglichkeit bei aller Komplexität, Frische, ohne dass die Säure jemals spitz wirkt, und stets eine individuelle Note, dem Zeichen großer Köche. Der erste Löffel erschließt sich immer direkt und jeder Gang besitzt bis zum letzten Löffel Faszination. Da gerät man ins Schwärmen, wie auch beim fantastischen Kalbsbries vom japanischen Grill (am Tisch finalisiert). Wie hier mit Roscoff-Zwiebeln, schwarzer Knoblauch-Bouillon und Époisse eine intensive Würzung entsteht, die trotzdem nie an Eleganz verliert, das ist Weltklasse.

Schusters Küche ist so überraschend, dass ein handwerklich herausragendes Gericht wie Wagyu mit Pfifferlingen, Poverade, Saikyo Miso und Haselnuss erstaunlich brav erscheint. Möchte man hier überhaupt etwas ansatzweise kritisieren, dann sind es die Desserts. Süßholz und Rote Beete zu kombinieren ist eine kluge Idee, aber ersteres dominiert einen Hauch zu sehr - Ein-Sterne-Niveau ist das trotzdem. Alles andere liegt allerdings locker bei zweien – die das Restaurant aus unverständlichen Gründen bisher nicht erhalten hat. Beim Führer „Gusto“ steht es dagegen auf einer Stufe mit dem „Vendôme“ oder Tim Raue)

Gut Lärchenhof gilt daher als Deutschlands bestes Ein-Sterne-Restaurant. Auch dank des souveränen Service-Teams um die Patrons Peter Hesseler und Christoph Barciaga. Dazu kommt eine der allerbesten Weinkarten ganz Nordrhein-Westfalens. Die ist zudem äußerst fair kalkuliert, so dass sich für Aficionados schon allein aufgrund der raren Tropfen (auch offen gibt es beeindruckendes) der Besuch lohnt. Solche Weinkeller sind in Zeiten hohen Preisdrucks auf Restaurants äußerst selten geworden.

Bewertung 6 von 6

Fazit: Torben Schuster ist einer der besten Köche Deutschlands. Die Weinkarte im Gut Lärchenhof ist Weltklasse. Zudem ist das Restaurant nun schöner denn je.

Hahnenstraße, 50259 Pulheim, Telefon 02238 - 923 10 16, geöffnet Samstag und Sonntag 12-13.30 Uhr sowie abends Donnerstag bis Samstag 18-21 Uhr, restaurant-gutlaerchenhof.de

Ein Teller in Blattform mit einem feinen Arrangement aus Fisch, Schaum und frischer Blüte ist zu sehen.

Kabeljau mit Kombu, einer Alge, Auster und junger Erbse aus dem Degustationsmenü

Henns Auswahl:

Das Degustationsmenü mit sieben Gängen kostet 199 Euro, die glasweise Weinbegleitung 119 Euro

Bis Ende Oktober gibt es zudem ein spezielles 5-Gang-Arrangement (Mittwoch und Donnerstag am Mittag und Abend, sowie Sonntagmittag) für 99 Euro