Marokkanisches Flair in Köln-KalkEssen wie bei Freunden im Café Casablanca

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Tische auf dem Bürgersteig vor dem Café Casablanca

Köln-Kalk – Dass hier einmal die vielbesungene Gentrifizierung Einzug halten wird, kann man sich beim besten Willen nicht vorstellen. Gut, auf der Speisekarte des Café Casablanca stehen mit Baguettes, Suppen und Pfannkuchen auch keine Gerichte, für die man eine Zauberküche bräuchte.

Doch wenn nur zwei Pasteten ganz knapp die Fünf-Euro-Grenze überschreiten, und einige Pfannkuchen für unter zwei Euro zu haben sind, darf man Betreiber Kader Zaghi ruhig glauben, wenn er lachend verkündet: „Das ist eine Freiheitsinsel, alle Menschen können hierher kommen.“

Maghreb-Flair in Köln-Kalk

Es ist der Geist, in dem er und seine Frau das Café im Jahre 2007 eröffnet hatten, der immer noch durch den gemütlichen kleinen Raum mit der hohen Decke an der Taunusstraße spukt und gleich für Wohlbefinden sorgt. „Wir sind beide nicht vom Fach“, erklärt Zaghi, „aber wir haben uns gedacht: Wir bekochen unsere Gäste so, wie wir auch Freunde zuhause bekochen würden.“

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Kader Zaghi, Inhaber des Café Casablanca, und seine Mitarbeiterin Sercam Simsek 

Nicht wenige dieser Freunde stammen aus dem Maghreb, auch das merkt man den Speisen und Getränken an. „Ich fahre jeden Tag nach Düsseldorf, um die Zutaten zu holen“, berichtet Zaghi, dessen Mutter aus Algerien stammt, während der Vater Marokkaner ist.

Marokkanische Community in Düsseldorf

In Düsseldorf gebe es eine sehr lebendige marokkanische Community, speziell in der Ellerstraße unweit des Hauptbahnhofs, finde er in Geschäften, Bäckereien oder Metzgereien, was er sucht - das getrocknete Rindfleisch, eine maghrebinische Spezialität, für das Omelette Casablanca beispielsweise, oder den Blätterteig für seine Millefeuilles, kleine Kuchen mit Vanillecreme. In der Küche mache sich der Einfluss der früheren französischen Kolonialmacht ausnahmsweise einmal positiv bemerkbar, sagt Kader Zaghi lächelnd.

Minztee aus Marokko

Neben dem traditionellen Minztee darf auch der Milchkaffee „trois couleurs“ nicht auf der Karte fehlen. Wein oder andere alkoholische Getränke allerdings sucht man vergebens, dafür kann man einen Milkshake mit Datteln antesten. 

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Baguettebrötchen mit gebratenem Ei oder Thunfisch kosten 3,80 Euro, Hallouiettes (marokkanische Patisserie auf Mandelbasis) 2,50 Euro (100g), Baghir (marokkanisches Crèpe, karamellisiert) gibt es für 2,90 Euro, das Omelette Casablanca kostet 4,50 Euro, das Pastilla Hähnchen (Pastete) 5,20 Euro und die Bissara (Bohnensuppe) 3,60 Euro.

Ein Glas marokkanischer Tee für 2 Euro, Milchkaffee kostet 2,20 Euro, Säfte kosten 3 Euro. 

Das Café Casablanca ist montags bis samstags in der Zeit von 10 bis 21 Uhr geöffnet, im Ramadan auch sonntags ab 15 Uhr. Auch vor der Tür stehen Tische auf dem dort breiten Gehweg. Wenn nicht gerade eine Pandemie herrscht, gibt es am Samstagabend Live-Musik, Blues aus Mali mit Soul und Jazz, auch der Chef macht dann mit.

Café Casablanca, Taunusstraße 1, 51105 Köln, Telefon: 0221/16868578  

Ursprünglich, so Zahgi, sei das Café durchaus als Anlaufpunkt für in Köln lebende Marokkaner und Algerier gedacht gewesen, deren Situation ähnlich problematisch war wie seine eigene. Mitte der 80er Jahre hatte er in Nizza seine aus Köln stammende Frau kennengelernt. Zaghi war dann zu ihr in die Domstadt gezogen, wo er bei Siemens eine Ausbildung zum Kommunikationstechniker absolvierte.

Abfindung für das Café in Kalk verwendet

Doch als Entlassungen anstanden, hatte es ihn getroffen, „ich fühlte mich rausgemobbt“, sagt er. Er habe die Nase voll gehabt von Deutschland, wollte mit seiner Familie nach Montpellier ziehen. Doch weil eine Kölnerin nun mal nicht gern aus dem Rheinland fortzieht, entschied er sich, mit der Abfindung von Siemens das Café in der Taunusstraße zu eröffnen.

Das zog rasch auch deutsche Besucher an: „Viele kommen zum Mittagessen, die Suppe »Bissara« mit Saubohnen, Cumin und Olivenöl wird fast immer bestellt“, erzählt der Chef. Sogar auf der großen Tafel mit den Gerichten sind deutsche Namen verewigt: Neben dem Sandwich „Hakan Spezial“ mit gebratener Wurst, Ei und Käse, werden auch das „Heiner Spezial“ mit gebratenem Ei und Käse oder das „Jochen Spezial“ mit Avocado, gebratenem Ei und Käse angeboten: „Das sind Ideen von Stammgästen.“

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40 Prozent Marokkaner, 30 Prozent Deutsche, 30 Prozent Rest der Welt: So schätzt Kader Zaghi die Zusammensetzung seiner Gäste heute ein. Und es macht ihm Spaß, wenn sich hier die jüdische Studentin und der muslimische Bart-Träger friedlich unterhalten, wenn Leute mit Problemen zu ihm kommen, wenn er Seelentröster sein kann, Jobcenter oder Wohnungsvermittlung. „99 Prozent gehen hier mit einem Lächeln wieder raus“, behauptet Zaghi mit dem ihm eigenen Überschwang - und irgendwie auch in aller Bescheidenheit.

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