Führungskräfte-TrainingLeben mit schwierigen Zeitgenossen

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Auch für schwierige Zeitgenossen sollte man ein gewisses Verständnis entwickeln. (Bild: Thinkstock)

Auch für schwierige Zeitgenossen sollte man ein gewisses Verständnis entwickeln. (Bild: Thinkstock)

Jeder kennt schwierige Menschen. Die immer nörgelnde Nachbarin, der cholerische Chef, die neugierige Kollegin& . Sie gehen uns auf die Nerven, machen uns wütend und manchmal sogar verzweifelt. Nicht selten enden die Streitigkeiten mit solchen Menschen vor Gericht.

Aber sind wir schwierigen Menschen hilflos ausgeliefert? Nein, sagt Manager-Coach Winfried Prost. In unserer Veranstaltung im studio dumont zeigt er auf, wie ein besseres Verständnis für schwierige Menschen den Umgang mit ihnen erleichtern kann und einem selbst dabei nicht der Humor abhanden kommen muss.

Seit 1980 hat der Kölner rund 12 000 Vorstände und andere Führungskräfte gecoacht. Doch die Kompetenzen, die Manager in Führungsetagen weiterbringen, sind auch für den ganz normalen Alltag ein großer Gewinn.

Schwierige Machtkämpfe

So zum Beispiel im Umgang mit schwierigen Menschen, denen man ja nicht nur in beruflichen Kontexten begegnet. Wie zum Beispiel der Kölner IT-Spezialist Markus Merten (Name geändert), der mit seiner Familie eine Altbauwohnung in der Kölner Innenstadt gekauft hat. Die Stimmung unter den anderen Eigentümern ist gut, es wohnen viele junge Familien in dem Haus, man hilft sich untereinander beim Babysitten und lädt sich gegenseitig zu Geburtstagsfeiern ein. Nur ein Mitglied der Eigentümergemeinschaft schießt quer. „Es ist ein ewiger Machtkampf“, erzählt Merten von den Sitzungen, in denen der 70jährige ständig mit seinem Anwalt droht und jede Abstimmung torpediert. „Der stimmt sogar gegen Vorhaben, die in seinem eigenen Interesse liegen“, sagt der 40jährige Familienvater entnervt. Erst kürzlich habe der schwierige Nachbar erst wieder eine Jahresabrechnung angefochten und das wegen eines Fehlbetrages von rund zwei Euro.

Wer solche Geschichten selbst erlebt, empfindet eine ganze Reihe von Gefühlen - Staunen, Ärger, Wut, Verzweiflung. Die meisten Menschen reagieren auf maßloses und unsoziales Verhalten mit Widerstand und versuchen verzweifelt mit Sachargumenten, den anderen zur Räson zu zwingen. „Doch diese Versuche enden meist wie im Sandkasten", scherzt Manager-Coach Winfried Prost, der ein Buch über den Umgang mit schwierigen Menschen geschrieben hat. Die Kontrahenten gerieten in die „Nein-Doch-Nein-Doch“-Falle, aus der nur schwer wieder herauszukommen sei - beide im unerschütterlichen Bewusstsein, ganz allein im Recht zu sein. Doch so unsympathisch und verquer der schwierige Zeitgenosse auch sein mag, es ist wichtig, für ihn ein gewisses Verständnis zu entwickeln, findet Prost.

Deeskalation mit einem einfachen Trick

Es gehe darum, das Wort „Nein“ aus der Kommunikation zu verbannen und der Situation die Brisanz zu nehmen. Angenommen, man diskutiert mit einem streitsüchtigen Nachbarn über die Höhe eines Zaunes: „Er ist zu niedrig - Nein - Doch&.“ Mit einem einfachen Trick sei eine Deeskalation möglich: „Sie sind also der Ansicht, dass unser Zaun zu niedrig ist?“. Die Antwort ist dann erst einmal: „Ja!“ - eine ganz neue Kommunikationssituation. Der jkleine Trick funktioniere sogar, wenn man etwas sage wie: „Sie wollen also, dass ich wegziehe“. „Wir müssen einfach verstehen, dass viele schwierige Menschen durch Sachargumente gar nicht zu erreichen, sondern von Misstrauen und Verbitterung getrieben sind“, so Prost. Nicht selten seien es Kindheitstraumata, die so ein verkorkstes Verhalten hervorriefen.

Das Problem ist, besonders bei Menschen, mit denen wir weder verwandt sind, noch freundschaftlich verbunden: Wir haben wenig Lust, uns in sie einzufühlen - spüren sogar reichlich Widerstand in uns. Verständlich, aber leider nicht zielorientiert. Letztlich schaden verhärtete Fronten vor allem uns selbst. Druck rauszunehmen liegt also in unserem eigenen Interesse. Und das ist leider mit ein paar Psychotricks nicht zu bewerkstelligen. „Ohne Anerkennung geht es nicht“, sagt Prost.

Aus dem Boxring auf eine persönliche Ebene

Wie bitte? Anerkennung für Menschen, die uns nerven, beschimpfen und mit dem Anwalt drohen? „Wenn wir bedroht oder beleidigt werden, reagieren wir instinktiv mit Flucht oder Angriff“, sagt Winfried Prost. Das Ziel sei es aber, die Situation zu gestalten und eine differenzierte Lösung zu erreichen. „Menschen möchten persönlich gemeint sein, auch die schwierigen Exemplare“, so die Überzeugung des Manager-Coachs. Um das zu erreichen müsse man versuchen, den Boxring zu verlassen und eine Beziehungsebene mit dem Kontrahenten zu suchen. Hilfreich sei, eine regelrechte Gebrauchsanleitung zur Person anzulegen: Vorlieben, Hobbys, soziales Umfeld, Familiengeschichte - all dieses Wissen könne helfen, einen Zugang zu dem Menschen zu finden. Nicht selten zeigten sich dann unter der Oberfläche des Querulanten tief sitzende Verletzungen.

So kann ein ewig nörgelndes Familienmitglied unter Umständen unter einer verdeckten Depression leiden. Ein Nachbar, der seine Umgebung als Prozesshansel terrorisiert, versucht vielleicht auf diese Weise verzweifelt Aufmerksamkeit zu erlangen. Nur wer anfängt diese Probleme zu erkennen, wird auch schnell begreifen, dass solchen Menschen nur sehr schwer mit Logik oder Sachargumenten beizukommen ist.

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