Geprotzt wird nur in der Küche

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„Es ist schwerer, den Stern zu halten, als ihn zu bekommen.“ Nach der Michelin-Auszeichnung will der Gastronom Bruno Spatola in Sürth weiter machen wie bisher.

Sürth - „Tschuldigung Senora“. Zum dritten Mal klingelt das Handy und Bruno palavert Italienisch. Im Sweater sitzt er da und stöhnt. „So viel Arbeit.“ Aber mit dem Stern, nein, damit habe der Stress nichts zu

tun. Vor kurzem erst verliehen ihm die Test-Esser des „Guide Michelin“ die höheren Restaurant- Weihen und bedachten sein Lokal sowie zwei weitere in Köln mit einem Stern. Ein Stern von den Franzosen für einen Nobel-Italiener im ländlichen Kölner Vorort Sürth. „Welche Ehre!“, befindet selbst Bruno Spatola, und nimmt's gelassen. Zumindest äußerlich zeigt er sich wenig beeindruckt von der Auszeichnung: „Wir haben eine Flasche aufgemacht und in der Mitarbeiter-Runde beschlossen: Weiter machen wie bisher.“

Von außen ist das Lokal an der Sürther Hauptstraße unscheinbar. Vor elf Jahren hat Bruno es eröffnet. Die Fassade fügt sich nahtlos ein in das eher triste Erscheinungsbild der Häuserreihe. „Manche glauben, hier

befindet sich ein Frisörsalon,“ sagt der Sizilianer süffisant und beteuert: „Das ist italienischer Stil. Nach außen hin wird nicht geprotzt.“ Auch drinnen ist das Ambiente eher zurückhaltend. Große Bilder mit moderner Malerei an den Wänden, Fliesenboden schwarz-weiß. Platz für 36 Gäste. „Die Küche hat 26 Quadratmeter“, sagt er unvermittelt und lenkt auf das Wesentliche hin: Auf das Essen, den Fisch - „unsere Stärke“. Beim Bretonischen Hummer auf Muskat-Kürbis-Kompott gerät er ins Schwärmen, und er lobt seinen sizilianischen Chefkoch Raffaele Cannizzaro. Ihm gebühre die SternTrophäe genauso wie dem Rest der fünfköpfigen Mannschaft im Hause „Da Bruno“. Er selbst ordnet sich in die Kategorie „Purist“ ein. „Fisch am liebsten ohne alles“, meint er, eine leichte Soße vielleicht, ein paar Tröpfchen Öl von der Oktober-Olive, der besten. Beim Fleisch könne man ruhig ein wenig spielen. Aber das A und O sei die Qualität. Sie bestimme den Geschmack. „Nach einem wunderbaren Fisch braucht es auch kein Dessert“, behauptet Bruno. Ziemlich perplex

seien auch die Tester gewesen, als er keinen Nachtisch empfohlen hat. Letztlich müsse der Gast aber selbst entscheiden. Die beiden Tester - nette Herren Mitte 30 - wollten Sorbet.

Viele Stammgäste habe er, vom Schauspieler über den Fußball-Promi bis zum ganz normalen Freund der italienischen Küche. Sie alle wollen gepflegt werden: Ciao bella, buona sera, guten Abend, Dottore. Der 36-jährige Italiener versteht sein Geschäft. Nur Nachbarn aus der näheren Umgebung kämen selten. Bruno zuckt die Schultern. Dabei seien seine Speisen doch ihren Preis wert - Südländische Diplomatie mit dem Anflug von Spitzbübigkeit. Fünf Gänge gibt es ab 79 Euro. So steht's im aktuellen Restaurant-Gui- de 2003 der Zeitschrift „Bunte“, wo sich „Da Bruno“ auf Platz drei der

zehn besten italienischen Restau- rants in Deutschland wieder findet.

Ein paar Meter weiter an der Sürther Hauptstraße logiert ein anderer Italiener, einer von insgesamt neun im Bezirk Rodenkirchen. Donato Mancinone ist Chef des Familien-Res-taurants „La Modicana“, und er hält sich bedeckt, was seinen Kollegen Bruno angeht.

„Ich mache meinen Job hier seit 20 Jahren, und wir und unsere Gäste sind zufrieden.“ Auskunftsfreudiger gibt sich Ferry Chef vom Italo-Restaurant „La Bussola“. Der Mi chelin-Stern sei eine Anerkennung

der italienischen Küche und eine Bereicherung für den Kölner Süden. Und Bruno sei keine Konkurrenz: „Er kocht exclusiver und in einer ganz anderen Preisklasse“, auch für ein Publikum, das bereit sei, dafür

entsprechend zu zahlen. Er ha be gerne gratuliert.

Nicht leicht werde es sein, den

Stern zu behalten, vermutet Bruno. Aber seiner Linie will er auf jeden Fall treu bleiben, die da da heißt: Schlicht, aber von bester Qualität. Diese Maxime gelte auch für die eigene Produktpalette vom Olivenöl bis zur Tomaten- oder Cappuccino-Marmeladen-Kreation, die er seit neuestem vertreibt. Dem Vorort Sürth will er treu bleiben. Er und seine Familie fühlen sich wohl im Kölner Süden. Seinen Mietvertrag für „Da Bruno“ hat er erst vor kurzem für weitere fünf Jahre verlängert.

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