Gewürztes Glück aus Monzel an der Mosel

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Seit 21 Jahren verbringt die Winzerfamilie Benz die Adventszeit in Wiesdorf.

„Am Weine hängt, zum Weine drängt doch alles!“ Wenn der alte Goethe seinen Vers auch nicht exakt so formuliert hat - er würde es vermutlich eilends nachholen, schlenderte er dieser Tage über den Wiesdorfer Weihnachtsmarkt. Denn während die Buden in der City einen mehr oder weniger regen Zulauf registrieren, bilden sich am Glühweinstand gegenüber der Herz-Jesu-Kirche täglich Menschentrauben. Seit 21 Jahren beglückt die Winzerfamilie Benz aus Monzel an der Mosel vom Weingut Paulushof die Leverkusener Weihnachtsmarktbesucher mit Glühwein, dessen Güte sich offenbar herumgesprochen hat: Auch der Umzug vom alten Standort vor dem Bayer-Kaufhaus hat die Nachfrage nicht gedrückt.

Ein Besuch auf der Kölner Weinwoche, an der die Familie seit 34 Jahren teilnimmt, stellte den Kontakt zur Wiesdorfer Werbegemeinschaft her: Zunächst für eine eigene Weinwoche in Wiesdorf sollten die Benzens hier Halt machen. Die Weinwoche war bald passé, stattdessen liefert die Familie nun seit 21 Jahren, bereits in zweiter Generation, echten Winzer-Glühwein. Seit 1986 hat der einst zur Bayer AG gehörige Betrieb der geselligen Runde an einem der Tische manche Wandlung und Namensänderung durchgemacht. Aber vom ersten Jahr an ist Karl-Heinz Korte aus Dormagen Freund des Benz'schen Getränks - seither bringt er seine Kollegen mit zu dem Stand, der nun fester Treffpunkt ist: „Es ist mittlerweile Tradition bei uns, dass wir uns jeden letzten Freitag vor Weihnachten hier am Glühweinstand treffen.“ Woanders trinke er erst gar keinen Glühwein, erklärt Korte: „Das ist kein Gepansche, kein Nepp wie anderswo“, sagt er, meint aber nicht die übrigen Glühweinstände in Wiesdorf, sondern denkt an Weihnachtsmärkte rheinaufwärts: „Das kann man keinem Elch ins Ohr kippen! In Köln trinke ich lieber Kölsch.“ Erstmals dabei ist in diesem Jahr Kollege Jörg Patten - die Freude am Glühwein sieht man ihm an. Und aus seinem Bedauern, dass seine Frau Sabine an diesem Abend noch anderes mit ihm in Vorbereitung auf das Fest zu erledigen hat, macht er keinen Hehl: „Sonst würde ich sicher noch länger hier bleiben.“ Währenddessen kosten die Kinder Patrick und Hendrick vom Kakao: Der sei „gut“, konstatieren sie, besser sei aber der von Mutti. Es kann nicht alles perfekt sein.

Einen weiteren Weg zum geselligen Erlebnis nehmen in diesem Jahr die Angestellten der Deutschen Bank in Kauf. Für sie war der Glühweinstand vor der Türe immer willkommener Treffpunkt, und Beate Tobitsch bedauert: „Schade, dass der Stand nun hierher gezogen ist.“ Teamleiter Martin Kelling beeilt sich, zu betonen, dass es keineswegs so sei, dass die Kollegen bislang in der Weihnachtszeit regelmäßig schon in der Mittagspause gekostet hätten. Er räumt aber ein: „Damit verbinde ich Weihnachten!“

Vorrat für daheim

Am Freitag galt es, den letzten Arbeitstag vor den Feiertagen angemessen zu begehen - und da ist der Glühweinstand nach wie vor die erste Adresse. Tina Herz hat derweil vorgebaut für die Zeit nach Weihnachten: „Für den Rest des Winters habe ich mir vier Flaschen besorgt“ - an dem auch Freunde und Verwandte teilhaben dürften, erklärt sie, während sie an dem Kinderpunsch nippt, dem sie angesichts einer bevorstehenden Heimfahrt im eigenen Auto noch den Vorzug gibt. Was aber ist das Geheimnis des Glühweins? Andrea Benz, Schwiegertochter von Paul und Gattin des jetzigen Besitzers Stefan, deutet an: „Wir nehmen ausschließlich jungen, frischen Wein aus diesem Jahr, alles aus eigener Ernte, fein gewürzt mit Ceylon-Zimt und handelsüblichem Zucker.“ Der Zimt muss über einen Luxemburger Gewürzhändler eingeführt werden, der Wein werde in Kannen nach Leverkusen geliefert und hier zubereitet. Das wahre Geheimnis des Erfolgs: Ein Becher reicht nicht. „Bei vielen Glühweinen hat man schnell das Gefühl, genug zu haben“, sagt Benz.

Das erklärt, warum viele so lange „hängen bleiben“. Am Freitag blieb die Bude mit Sondergenehmigung sogar bis 22 Uhr geöffnet. Benz kann zwar nie genau erkennen, wie viele Menschen um ihre Bude stehen, aber soviel kann sie sagen: „Hier sind gelegentlich bis zu 300 Becher gleichzeitig unterwegs.“

Etwas später haben die Kollegen vom ersten geselligen Tisch ihren Chef in ihre Runde aufgenommen, der offensichtlich ebenfalls schnell Gefallen an der Runde gefunden hat. Karl-Heinz Korte weiß zu berichten, dass Winzer Paul Benz seit jeher regelmäßig ankündige, im nächsten Jahr käme er nicht mehr nach Leverkusen. Wir fragen also noch einmal nach und Andrea Benz versichert: „Auch im nächsten Jahr kommen wir wieder!“

Als einziger Weihnachtsmarkt weit und breit bleibt der Wiesdorfer Christkindchenmarkt noch bis Sonntag, 30. Dezember, geöffnet.

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