„Kinder sind von Natur begeistert“Wie wird man zu einer Klima-Kita, Frau Micha?

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Ein Junge und eine Erzieherin schenken in der Klimakita Düsseldorf selbstgepressten Apfelsaft aus.

In der Kita Kinderforum e.V. in Düsseldorf-Lörick pressen die Kinder den Saft aus eigenen, selbst geernteten Äpfeln.

Die Kita Kinderforum e.V. in Düsseldorf-Lörick ist als Klimakita ausgezeichnet worden. Wir haben bei der pädagogischen Leitung nachgefragt, wie der Alltag der Drei- bis Sechsjährigen aussieht.

Frau Micha, haben Ihre Kitakinder heute schon etwas für das Klima getan?

Katharina Micha: Gerade sind vier unserer Kinder dabei, aus den Kartoffeln, die wir von einem Bauernhof in der Nähe beziehen, das Mittagessen zuzubereiten. Kartoffeln waschen, schälen, die letzten unserer Tomaten ernten – die Zubereitung von Lebensmitteln ist eine wichtige Kompetenz im Zusammenhang mit dem Klimaschutz. Die Wertschätzung für die Natur und die Ernte, die wir von ihr erhalten, steigt dadurch. Wir bauen deshalb auch Kartoffeln selbst an, wir haben eine Schmetterlingsblumenwiese gesät, die auch den Bienen Nahrung bietet. Wir schleudern Honig aus dem Bienenstock von mir zu Hause, wir ernten Äpfel und machen daraus unseren eigenen Saft.

Mit dem Entsafter?

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Wir haben dazu eine richtige Obstpresse. Das ist ein Holzbottich mit einer Kurbel. Die ist genau passend in Kinderhöhe angebracht. Da muss man dann immer drum herum laufen und mit Kraft die Kurbel vor sich her schieben. Dann kommt irgendwann unten unglaublich leckerer Apfelsaft raus.

„Für Kinder sind Tiere, Matsch, Laubhaufen das Größte“

Apfelsaft ist lecker, Nachhaltigkeit ist oft aber auch anstrengend. Wie begeistern Sie die Kinder?

Um ehrlich zu sein: Die Kinder sind von der Natur ohnehin von sich aus begeistert. Sie staunen über jeden Regenwurm, jede wachsende Pflanze, wenn man sie nur lässt. Es ist eher im Gegenteil so, dass wir Erwachsenen uns da entfernt haben. Aber für Kinder sind Tiere, Matsch, Laubhaufen das Größte. Auch Radfahren ist für Kinder ein Entwicklungsschritt, der zeigt, dass sie wachsen. Sie sind stolz, das zu können und machen es gerne. Zumindest hier in unserer Kita kommen auch fast alle mit dem Fahrrad.

Und Mülltrennen? Macht das auch Spaß?

Na klar! Wenn man ein Spiel daraus macht. Wir haben vier unterschiedliche Tonnen aus Pappmaché gebastelt. Manchmal säubern wir mit Müllzangen auch ein Naturgelände in der Gegend. Dann kommt der ganze Abfall auf einen Haufen, die Kinder schnappen sich ihre Zangen und auf ein Kommando rennen alle los und verteilen die unterschiedlichen Materialien auf die unterschiedlichen Tonnen. Da haben die einen irren Spaß. Und hinterher kontrollieren sie sich gegenseitig, ob nicht doch irgendwo Plastik in der Papiertonne gelandet ist.

Honig aus der Klimakita

Auch Honig wird in der Kita selbst geschleudert.

Wie vermeiden Sie Essensabfälle?

Unsere Köchin hat hier viel Erfahrung, eigentlich schmeißen wir fast nichts weg. Und das, obwohl Kitas die Auflage haben, alles, was die Küche schon verlassen hat, nicht mehr wiederverwenden zu dürfen. Ein Trick ist: Kleine Portionen. In die Terrine kommt also nur ein kleiner Teil Tomatensuppe. Erst wenn der aufgegessen ist, holen wir aus dem Topf in der Küche nach. Alles, was am Ende noch im Topf ist, können wir zum Beispiel den Familien mit nach Hause geben. Küchenabfälle kompostieren wir selbst.

„Mit Kindern kommt man den Zusammenhängen plötzlich auf den Grund“

Machen die Eltern beim Klimaschutz auch mit?

Wir veranstalten auch Klima-Elternabende. Daraus ist unser Repair-Café entstanden. Die Eltern reparieren da zum Beispiel Puppen aus der Kita oder kaputte Radiowecker, die andere Eltern von zu Hause mitbringen. Oder unsere Give-Box, das ist eine Kiste, in der Kinder aussortierte Spielsachen anderen zur Verfügung stellen können. Außerdem haben wir uns überlegt, ob wir die Stadtwerke nicht dazu bewegen können, unsere Dachfläche mit Solarzellen auszustatten, um den Strom anteilig selbst zu nutzen, aber auch in das Netz einzuspeisen. Ob das klappt, wissen wir aber noch nicht.

Was haben Sie durch Ihre Arbeit selbst in Punkto Nachhaltigkeit dazugelernt?

Ich lerne jeden Tag dazu. Wenn wir ehrlich sind, haben wir Erwachsenen oft ein gefährliches Halbwissen von den Zusammenhängen in der Natur. Aber wenn wir mit den Kindern einsteigen und versuchen, ihre Fragen zu beantworten, dann kommen wir den Dingen plötzlich auf den Grund. Wussten Sie zum Beispiel, wie viel Honig eine Biene in ihrem ganzen sechswöchigen Arbeitsleben produzieren kann?

Nein.

Ich wusste das auch nicht. Aber als ein Kind mich fragte, habe ich das nachgesehen. Es sind zwei Teelöffel voll. In einem ganzen Leben. Wenn man das weiß, dann schätzt man sein Honigbrot gleich doppelt und würde sich schwer tun, davon etwas wegzuwerfen.

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