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Herres NetzwerkAuf Du und Du mit Europas Rechter

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Propagandabild von Islam-Hassern: Der Reichstag als Moschee. (Bild: Imago)

Propagandabild von Islam-Hassern: Der Reichstag als Moschee. (Bild: Imago)

PRO DEUTSCHLAND

Beim „Marsch für die Freiheit“, der Islamhasser aus ganz Deutschland und Europa im Mai durch Köln führte, fehlte ironischerweise die Partei gleichen Namens: „Die Freiheit“. Das lag daran, dass dazu Pro-NRW aufgerufen hatte. Die 1996 gegen einen Moscheebau gegründete Partei wurzelt in der rechtsextremen Szene, wimmelt vor Ex-NPD-Mitgliedern und wird vom Verfassungsschutz überwacht. Spätestens als Pro-NRW-Generalsekretär Markus Wiener als Gastredner einer Republikaner-Tagung zum Marsch einlud, musste „Die Freiheit“ passen: Sie meidet offene Nähe zu Neonazis. Darum forderten ihre Funktionäre auch von ihrem Duzfreund Stefan Herre, sein Blog PI möge sich von „Pro“ distanzieren.

Herre handhabt es anders: Er pflegt Kontakt nicht nur mit Wiener, sondern auch mit dem Pro-Köln-Gründer und rechten Multifunktionär Manfred Rouhs (Ex-Kader von NPD, REPs und weiteren) und dessen Weggefährten Bernd Schöppe. Auch mit ihnen ist er per Du, bot ihnen einen Aufruf zum „Marsch“ auf PI an, veröffentlicht Texte von Pro-Aktivisten. Da wirkt es absurd, dass Kandidaten vor Beitritt zu Ortsgruppen von PI geloben müssen, „rechtsextremistisches und ausländerfeindliches Gedankengut“ abzulehnen.

DIE FREIHEIT

Am 9. April 2011 erhalten die Führungsleute von PI eine Mail. „Lieber Stefan, liebe Christine“, schreibt der Absender, er wende sich an sie, „da PI-News eins der wichtigsten Glieder der deutschen Islam-Kritik ist“. Dass PI führenden Vertretern der PRO-Bewegung – und damit auch ehemaligen Kadern rechtsextremistischer Parteien – ein Forum biete, schade der gemeinsamen Sache. „Du willst eine islamkritische Wende in Deutschland vollziehen, aber dann musst du auch die breite Mitte der Gesellschaft ansprechen… Du brauchst den bürgerlichen Grünen-Wähler, der den Islam ätzend findet. Auch den nationalen Linksparteiwähler. Auch die ganzen Sarrazin-Anhänger in der SPD. Und auch die Nationalliberalen in der FDP.“ So schreibt es Marc Doll, Vizechef der Partei Die Freiheit.

Dass Doll sich so beschwörend an PI wendet, ist kein Zufall. Tatsächlich sind die Partei und das Blog eng verzahnt. PI-Macher Stefan Herre und „Freiheit“-Chef René Stadtkewitz stimmten sich schon vor Gründung der „Freiheit“ im Herbst 2010 eng ab. Dass PI gleichwohl Kontakt zu Rassisten und Rechtsextremisten pflegt, wirft auch ein Licht auf das offizielle „Freiheit“-Bekenntnis, mit solchen Personen nichts zu tun zu haben.

EUROPAS RECHTSPOPULISTEN

Auf der politischen Landkarte von Geert Wilders, Europas berühmtestem Islam-Gegner, ist Deutschland noch ein weißer Fleck. Er will das ändern. Seit einigen Jahren trommelt der Niederländer für seine „International Freedom Alliance“, die nichts anderes sein soll als ein schlagkräftiges Bündnis gegen den angeblichen Vormarsch eines gewaltbereiten Islam. Wilders’ wichtigste Bündnispartner in Deutschland: Stefan Herres PI und Rene Stadtkewitz’ „Freiheit“. Am Sonntag in Berlin will die ihren Siegeszug durch Deutschland beginnen. Daraus wird vermutlich nichts – die Umfragewerte sind miserabel. An ihrem internationalen Netzwerk aber stricken die deutschen Islam-Feinde unverdrossen weiter.

Schon jetzt gibt es beste Kontakte zu einer Reihe ultranationalistischer und rechtspopulistischer Parteien. Dazu zählen die Schweizer SVP, der belgische Vlaams Belang, die Schwedendemokraten und Israel Beitenu, deren ehemaliger Knesset-Abgeordneter Eliezer Cohen gern gesehener Gast der deutschen Antiislamisten ist. Auch die English Defence League gehört zum Dunstkreis der Allianz, eine aus der Hooligan-Szene entsprungene Partei, die wegen ihrer Nähe zu gewaltbereiten Rechtsextremisten immer mal wieder auffällt.

HENRYK M. BRODER & DIE "ACHSE DES GUTEN"

Im August 2005 trafen sich 60 Gleichgesinnte in München zur Kennenlern-Party: Der Blog "Achse des Guten", den der Publizist Henryk Broder mit zwei Kollegen betreibt, lud zum "Pro-westlichen Heimatabend". Zu Gast: Stefan Herre, Chef von PI, den Broder bis 2007 auch auf seiner Website empfahl. Zwar wurden Herre und Broder - dessen Polemik gegen Islam und "linksreaktionäres Gutmenschenpack" die PI-Fans verzückt - keine Freunde. Zumindest sind sie per Sie - auch in den mindestens 30 Mails, die sie 2010 und 2011 austauschten.

Dass sie sich überhaupt so oft schreiben, überrascht: Broder distanziert sich bisher von PI: "Was Politically Incorrect macht, ist meine Sache nicht." Broders Mails an Herre sprechen derweil nicht für große Distanz: Er bestellt Grüße an Geert Wilders oder bespricht mit Herre eine gemeinsame Veranstaltung mit Thilo Sarrazin. Umgekehrt fragt Herre den prominenten Autor um Rat. So schickte er ihm am 9. Februar 2011 den Link zu einer PI-Veröffentlichung mit den Worten: "So ok?" Broders Antwort: "prima. b" Nur das PI-Forum, schrieb er Herre vor drei Wochen, sei "unter aller Sau".

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