Israel greift Ziele in Nablus an

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Jerusalem - Israelische Kampfflugzeuge haben in der Nacht zum Donnerstag in Nablus im Westjordanland das Hauptquartier der Palästinenser-Behörde angegriffen. Als Vergeltung für einen Überfall bewaffneter Palästinenser auf die jüdische Siedlung Hamra im Jordantal seien zwei Raketen abgefeuert worden, teilte die Armee mit. Nach palästinensischen Angaben wurden dabei elf Menschen, meist Polizisten, verletzt. Bei dem Überfall in Hamra waren am Mittwoch drei Israelis und ein Angreifer getötet worden. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon traf zu Gesprächen mit US-Präsident George W. Bush in Washington ein. Palästinenser-Präsident Jassir Arafat äußerte die Hoffnung, Bush möge den Friedensprozess vorantreiben.

Scharons Sprecher Arnon Perlman sagte während des Fluges nach Washington, die Palästinenser-Regierung von Präsident Jassir Arafat sei für den Überfall in Hamra verantwortlich. Perlman kündigte eine rasche Reaktion Israels an. Raanan Gissin, ein weiterer Sprecher Scharons, sagte, es werde eine sofortige Reaktion geben. Scharon war auf seinem Flug von militärischen Mitarbeitern in Israel über den Vorfall informiert worden.

Bei dem israelischen Angriff in Nablus wurde nach Angaben aus palästinensischen Sicherheitskreisen auch ein Gefängnis getroffen, aus dem 20 militante Palästinenser entkommen seien, darunter ein Anführer der militante Gruppe Dschihad, Mahmud Tawalbe. Weiter hieß es, Dutzende bewaffnete Palästinenser hätten eine palästinensische Polizeiwache in Dschenin im Westjordanland gestürmt und sechs militante Palästinenser befreit, die dort festgehalten worden seien.

Unter den drei Toten in Hamra waren nach Berichten israelischer Rundfunksender eine Frau und ihre Tochter, die als Geiseln festgehalten worden waren. Zunächst war von vier Opfern die Rede gewesen. Die 50-jährige Frau und ihre elf Jahre alte Tochter waren zu Hause, als es an der Tür klopfte. Dort habe ein Mann gestanden, der wie ein israelischer Soldat gekleidet gewesen sei. Er habe zunächst das Mäadchen und dann die Mutter erschossen. Ein Elitekommando der israelischen Armee stürmte das Haus und tötete einen bewaffneten Palästinenser. Bei dem Schusswechsel wurde auch ein israelischer Soldat getötet.

Zu dem Überfall bekannten sich in einem Fax an die Nachrichtenagentur Reuters die El-Aksa-Brigaden, eine mit Arafats Fatah-Organisation verbundene Gruppe.

Scharon will bei seinen Gesprächen in den USA nach Angaben eines Sprechers die US-Regierung dazu bewegen, Arafat als Verhandlungspartner im Nahost-Friedensdialog fallen zu lassen. Ein weiteres Thema dürfte das gespannte Verhältnis Israels zu Iran und Irak sein, die Bush zusammen mit Nordkorea als "Achse des Bösen" bezeichnet hat. Arafat sei aus israelischer Sicht heute bedeutungslos geworden, sagte Scharons Sprecher Avi Pasner am Mittwoch in Jerusalem. Es müssten andere als Gesprächspartner für den Friedensdialog gefunden werden.

Scharon besucht zum vierten Mal seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr die USA. Bush hat Arafat bislang nicht empfangen. Zudem hat die US-Regierung Arafat aufgefordert, stärker gegen radikale Palästinenser vorzugehen. Der US-Nahost-Vermittler William Burns hatte allerdings erklärt, Arafat sei der gewählte Vertreter der Palästinenser und deshalb wichtig als Dialog-Partner.

Arafat sagte in einem Interview der BBC, er hoffe, dass Bush die Arbeit fortsetzen werde, die dessen Vater George Bush begonnen habe. Israel hatte 1991 in der Madrider Konferenz die Friedensgespräche mit seinen arabischen Nachbarn aufgenommen. Damals war George Bush US-Präsident. Arafat erneuerte die Forderung, dass keine neuen jüdischen Siedlungen in den Palästinenser-Gebieten entstehen dürften. Alte Siedlungen dürften nicht ausgebaut werden.

In dem seit September 2000 anhaltenden Aufstand der Palästinenser gegen die israelische Besatzung sind mehr als 1000 Menschen ums Leben gekommen, die meisten waren Palästinenser. (rtr) 071333 Feb 02

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