„Wie im Wilden Westen”Bezirksbürgermeister ärgert sich über illegale Werbung in Köln

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Beim Anstrich ihrer Häuser hat eine Firma auch Werbung angebracht.

Köln – Sie werben für Fast Food, Bier oder Telekommunikation. Unternehmen haben die Hausfassaden in der Kölner Innenstadt in den vergangenen Jahren als Werbeflächen entdeckt und präsentieren ihre Produkte entweder auf Plakaten oder bringen Schriftzüge der Firma auf die Hausfassaden an. Dem Bezirksbürgermeister der Innenstadt, Andreas Hupke, ist die zunehmende Werbung an den Hausfassaden ein Dorn im Auge.

Wo ist das Maß im Vergleich zur Außengastronomie?

„Die Konzerne gerieren sich wie Viehbarone im Wilden Westen“, ärgert sich Hupke. Werde der Trend nicht gestoppt „werden wir Köln, wie wir es seit 100 Jahren lieben, nicht mehr wiedererkennen“. Stadt und Politik müssten schnell handeln, um das Schlimmste zu verhindern. Es sei nicht hinzunehmen, dass bei der Außengastronomie mit dem „Zentimetermaß gemessen“ werde und ungenehmigte Werbeflächen toleriert würde.

Hupke

Bezirksbürgermeister Andreas Hupke

Auch der Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses Dirk Michel (CDU) hält die zahlreichen Werbeschilder in der City für ein Problem. „Fast alle Werbeschilder in der Innenstadt sind nicht genehmigt“, rügt Michel. Dieser Wildwuchs müsse eingehegt werden.

Besonders das Immobilienunternehmen Global Act ist Bezirksbürgermeister Hupke aufgefallen. Die Firma wirbt an manchen der eigenen Immobilien in der City mit dem Schriftzug „Global Act Leben und Wohnen mit Gewinn“. Dieser Schriftzug, auf die Fassade aufgebracht, findet sich unter anderem an den Häusern Mauritiuswall 33, Pantaleonswall 33, Ubierring 22 und Elsaßstraße 22.

Laut Auskunft der Stadt ist die Werbung an keinem der Häuser genehmigt worden. Die Schriftzüge auf den Hausfassaden stellten „rechtlich förmlich baugenehmigungspflichtige Werbeanlagen dar und brauchen daher eine Baugenehmigung“, teilt eine Sprecherin mit. „Zu keiner der genannten konkreten Adressen liegt eine Baugenehmigung für eine Werbeanlage der Firma Global Act vor.“

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Bei Global Act sieht man das anders. Die Firma weist darauf hin, dass man in den vergangenen zwei Jahrzehnten rund 100 Wohngebäude in Köln entwickelt habe und die Werbung nur an wenigen Gebäuden zu sehen sei. „Nach Auskunft des verantwortlichen Architekten ist die Anbringung des kritisierten Schriftzugs nicht genehmigungspflichtig“, teilt Sprecher Ulrich Becher mit. Der Schriftzug sei nur als „farblich dezentes Gestaltungselement im Putz integriert“, es gebe zudem keine Aufbauten, die etwa in den Straßenraum hineinragten. Der Schriftzug sei auch nicht beleuchtet. Becher schreibt weiter, dass die „Größe des Schriftzuges im Rahmen der allerdings nicht gänzlich eindeutigen Vorgaben liegt“.

Die Stadt müsste nun eigentlich gegen die Unternehmen vorgehen. Aus einem E-Mail-Verkehr, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, geht aber hervor das dem zuständigen Bauaufsichtsamt offenbar die Hände gebunden sind: Die Behörde verfüge schlicht über zu wenige Mitarbeiter, um die Verstöße zu ahnden. „Als Fazit ist das Bauaufsichtsamt aus personellen Gründen nicht in der Lage hier gegen die angefragten Fälle derzeit vorzugehen.“

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Doch so einfach ist das offenbar nicht: Um eine Gleichberechtigung zu wahren, dürfe die Stadt nicht nur gegen eine Firma vorgehen, sondern müsse „alle ungenehmigten Werbeanlagen in einer konkreten baurechtlich abzugrenzenden Umgebung“ untersuchen. Daher müssten alle schon vorhandenen Werbeanlagen an allen Gebäuden mindestens im Straßenviertel nach Genehmigungserfordernis recherchiert und bei Fehlen nötiger Baugenehmigungen konsequent und ausnahmslos gegen alle Fälle vorgegangen werden. „Diese Gleichbehandlung kann über Jahre hin erfolgen.“ Dies sei mit dem Personal nicht zu stemmen.

„Bankrotterklärung des Rechtsstaats”

„Es kann nicht sein, dass mit dem Hinweis auf zu wenig Personal, jeder machen kann, was er will“, entgegnet Hupke. „Das ist eine Bankrotterklärung des Rechtsstaats vor den Konzernen.“ Wenn dies hingenommen werde, führe dies zu Frust in der Bevölkerung, die nicht auf so viel Nachsicht in anderen Fällen hoffen dürften. „In Gaststätten misst man Abstände mit dem Zollstock.“

Global Act hat nun angekündigt, sich mit der Stadt auszutauschen. „Wir werden uns mit der Stadt an einen Tisch setzen und nach einer Lösung suchen“, sagte Becher. Auch die Stadt will prüfen, wie man weiter verfährt.

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