Köln biete sich im Verbund mit der Region als Standort in idealer Weise an. Erste Einrichtungen wie den „InnoDom Cologne“ gibt es schon.
100 Ideen für KölnMichael Hallek wünscht sich einen „Innovations-Hub“ für Gesundheitswirtschaft

Michael Hallek ist Direktor der Abteilung für Innere Medizin und des Centrums für Integrierte Onkologie an der Uniklinik Köln.
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Michael Hallek ist Onkologe und Professor an der Universitätsklinik Köln. Seit 2023 ist er zudem Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. Wir haben mit ihm im Rahmen unserer Serie „100 Ideen für Köln“ gesprochen.
Was ist meine Idee für Köln?
Stellen wir uns einen Ort vor, an dem Algorithmen Krankheiten bereits vor ihrer Entstehung erkennen, Therapien in Echtzeit personalisiert werden und interdisziplinäre Teams aus Forschenden, Start-ups und Konzernen gemeinsam an der Medizin von übermorgen arbeiten. Dieser Ort soll im Rheinland entstehen: ein „Innovations-Hub“ für Gesundheitswirtschaft mit Köln als Herzstück.
Warum ist diese Idee gut für Köln?
Zu den Bereichen, in denen der Wirtschaftsstandort Deutschland ohne großen Verbrauch von Rohstoffen Neues entwickeln und Werte für die Zukunft schaffen kann, gehören die Lebenswissenschaften, die Pharmazie, die Biotechnologie und die Gesundheitswirtschaft. Hier müssen wir mehr erfolgreiche Produkte herstellen.
Köln im Verbund mit der Region zwischen Bonn, Aachen und Düsseldorf bietet sich als Standort in idealer Weise an. Und dies gilt nicht nur wegen seiner exzellenten Verkehrsverbindungen. Zusätzlich gibt es bereits eine Reihe von Firmen, die an der Schnittstelle von Medizin, Lebenswissenschaften und Künstlicher Intelligenz, die in der Medizin schon sehr bald eine riesige Rolle spielen wird, Herausragendes leisten.
Der Hub könnte nicht nur Unternehmen wie Qiagen (Langen), Miltenyi (Bergisch Gladbach) und Bayer einschließen. Auch Unternehmen der IT-Branche oder Marktführer mit KI-basierten Anwendungen sind hier bereits ansässig (DeepL, Telekom). Und dazu noch viele junge Firmen, teilweise Ausgründungen aus den Universitäten. Die Universitäten der Region könnten ihre unterschiedlichen Kompetenzen komplementär einbringen. Zudem ist Köln als Standort attraktiv für junge Talente, die dringend gebraucht werden: Ärzte, Biologen, Datenwissenschaftler, Visionäre, aber auch Investoren – Menschen, die nicht auf den nächsten medizinischen Durchbruch warten, sondern ihn selbst entwerfen.
Wie könnte die Umsetzung gelingen?
Erste Standorte für einen „Innovations-Hub Gesundheitswirtschaft“ gibt es schon: Zum Beispiel das Nattermann-Gelände in Bocklemünd und den neuen „InnoDom Cologne“ an der Universität zu Köln. Aber man wird mehr Flächen benötigen. Sollte es tatsächlich einmal zur Kooperation zwischen den städtischen Kliniken und der Universität kommen, kann man auch auf dem derzeitigen Klinikgelände in Merheim weitere Teile des Hubs ansiedeln. Und mit der Erschließung zusätzlicher Flächen werden noch mehr Ausgründungen folgen, ein Sogeffekt. Die RWTH Aachen hat das mit der Innovation Factory sehr erfolgreich vorgemacht.
Entscheidend ist der politische Wille – in der Landesregierung und in der Kölner Stadtspitze. Zu überlegen wäre, erfolgreiche Gründer (aus den USA) zu gewinnen, die zu einem Coaching oder gar zu eigenen Investitionen bereit sind. Das Motto: Einfach mal machen! Leider haben wir dafür in Deutschland keine sehr ausgeprägte Kultur.
Bayern und die Landeshauptstadt München haben übrigens schon vor Jahren gezeigt, wie es funktionieren kann – mit dem unglaublich dynamischen Biotechnologie-Campus in Großhadern-Martinsried, der zu einem der attraktivsten Orte für Forschung in den Lebenswissenschaften in Europa geworden ist und Gründungen anzieht. Dafür haben der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) und Münchens SPD-Oberbürgermeister Ude über die Parteigrenzen hinweg an einem Strang gezogen. Es geht also. Das, finde ich, sollte uns inspirieren.
Welche Ressourcen oder Beteiligten braucht es dafür?
Ohne den Einsatz von Risikokapital wird es nicht gehen. Gut ist, dass die Bundes- wie auch die Landesregierung die Bedingungen dafür attraktiver machen wollen. Ich denke aber auch an Strukturmittel, die wir in NRW bekommen werden. Was passiert mit dem Geld aus der Vereinbarung über den Ausstieg aus dem Braunkohle-Bergbau? Es wäre auf diesem Gebiet – für die wirtschaftliche Transformation unseres Bundeslandes – hervorragend investiert. Aber dafür braucht es eben auch Menschen und Projekte mit dem Anspruch, unsere Region in die Weltspitze zu führen und Produkte aus der Region zu Welt-Bestsellern zu machen. Damit sollten wir jetzt beginnen. Und Köln sollte die Lokomotive dieser Entwicklung sein. Für die Region und das gesamte Bundesland.
Aufgezeichnet von Joachim Frank