Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Gateway FactoryKöln wird zum Leuchtturm für Gründer – Das Ziel: Zehn neue 100-Millionen-Euro-Firmen

7 min
10.07.2025, Köln: Zu Besuch beim Batterie-Entwickler Alteva. Das Gateway Excellence Startup center wurde vom Bundeswirtschaftsministerium mit 10 Millionen Euro prämiert.
Im Bild die Gründer von Alteva, v.l.n.r. Ida Milow und Aiko Bernehed.

Foto: Michael Bause

Aiko Bernehed (r.) und Ida Milow haben den Batterie-Entwickler Alteva gegründet und wollen den größte Batteriehersteller in Europa bauen.

Das Bundeswirtschaftsministerium fördert die Gateway Factory, an der die Kölner Universität beteiligt ist, mit zehn Millionen Euro.

Zehn neue 100-Millionen-Euro-Unternehmen. 1000 neue Start-ups. Eine Verdreifachung der jährlichen Investitionen in das regionale Gründer-Ökosystem. Die Verdopplung der durch Start-ups geschaffenen Arbeitsplätze in der Region. Und das alles in nur fünf Jahren bis 2030. Die Gateway Factory hat sich diese Ziele für das Rheinland gesetzt. Hinter dem Namen verbirgt sich ein gemeinsames, Anfang des Jahres gegründetes Unternehmen der Universität zu Köln, der RWTH Aachen und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Dass hinter den markigen Zielen nicht nur ein gehöriges Selbstbewusstsein steckt, sondern auch ein ausgereifter Plan, hat Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) am Donnerstag attestiert. Die Gateway Factory gehört zu den zehn von der Bundesregierung geförderten „Start-up Factories“ und erhält als solche in den kommenden fünf Jahren bis zu zehn Millionen Euro für die Förderung von Deeptech-Start-ups – jungen Unternehmen, die technologische Durchbrüche erzielen und sie in innovative Produkte überführen wollen. Unternehmen, die Köln und dem Rheinland im besten Fall viele Arbeitsplätze schaffen und hohe Gewerbesteuer-Einnahmen einbringen.

Die Kölnerin Tanja Zirnstein, die die Gateway Factory als Geschäftsführerin gemeinsam mit Tim Hiddemann führt, weiß, was es heißt, erfolgreich zu gründen. 2016 hat sie Uvis ins Leben gerufen. Mit ihrer Firma entwickelt sie bis heute erfolgreich innovative Desinfektions- und Hygienelösungen, das erste Patent meldeten sie und ihre Mitgründerin Katharina Puhl schon als Schülerinnen an. „Unsere Vision ist es, die zukünftigen europäischen Deeptech-Champions hervorzubringen“, sagt Tanja Zirnstein. „Das Rheinland eignet sich mit seiner zentralen Lage, der starken Industrie und der dichten Forschungslandschaft bestens dafür.“

Alles zum Thema Universität zu Köln

10.07.2025 Köln.  Außenansicht des Gebäudes Weyertal 109. Hier ist das Gateway Exzellenz Start-up Center der Universität zu Köln untergebracht, einem Service zur Beratung bei der Neugründungen von Unternehmen aus dem Universitätsumfeld. Foto: Alexander Schwaiger

Im Innodom an der Straße Im Weyertal in Lindenthal ist die Gateway Factory untergebracht.

Die Gateway Factory ist dem Gateway Exzellenz Start-up-Center entwachsen. Als solches zeichnete 2019 der damalige NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) die kleine Gründungseinheit der Kölner Uni aus. Damit waren bis zu 30 Millionen Euro Zuschüsse verbunden. Aus 1,5 Stellen wurden 40 Mitarbeitende, die Studenten bei Gründungen beraten. Der Dachmarke Gateway haben sich weitere Kölner Hochschulen angeschlossen: die TH Köln, die Deutsche Sporthochschule und die Rheinische Hochschule und die CBS International Business School.

Das Konzept der Gateway Factory, die ihren Sitz im Innodom hat – einem Innovations- und Gründungszentrum auf dem Uni-Campus in Köln-Lindenthal – sieht vor, Start-ups bei der Akquise von Talenten, Kapital und Kunden zu unterstützen. Den wachsenden Unternehmen werden ein dichtes Netzwerk an Industriepartnern und Produktionsinfrastrukturen geboten.

Es sind Unternehmen wie Alteva, die genau diese Unterstützung brauchen und suchen. Alteva ist aus einem Forschungsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Köln entstanden. Aiko Bernehed und Ida Milow haben es 2023 gegründet und dabei auf zehn Jahren Forschung zu ultraleichten und leistungsstarken Batteriezellen aufgebaut. „Wir entwickeln Lithium-Schwefel-Batterien, die bis zu dreimal leichter sind als Batterien, die es sonst im Markt gibt“, sagt Gründer Aiko Bernehed dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Bestehende Batterien sind häufig zu schwer, um Schwerlastfahrzeuge, Flugzeuge oder Baumaschinen damit auszurüsten. So sollen die neuen Batterien zur Dekarbonisierung des Transportwesens beitragen.

Alteva hat Labore in Ehrenfeld, neun Leute arbeiten im Team, es gibt aktuell einen Prototypen der Batterie. Investoren sind an Bord, auch von öffentlichen Fördermitteln profitieren die Kölner. Drei Millionen Euro haben sie schon eingeworben, nächstes Jahr soll eine weitere Runde folgen. „Der Plan ist, eine eigene Batterieproduktion aufzubauen“, sagt Bernehed. „Die wird am Anfang relativ klein sein, aber wir wollen zum größten Batteriehersteller in Europa wachsen.“ Schon wieder so ein selbstbewusst gewähltes Ziel.

„Ein bisschen verrückt muss man als Gründer immer sein“, sagt Bernehed. „Für irgendwas muss man morgens ja aufstehen, in unserem Fall sind das große Visionen.“ Zuversichtlich sei er auch, sagt der Gründer, weil es Initiativen wie die Gateway Factory gebe. „Das ist Gold wert.“ Dank dieser Kölner Unterstützung für Gründerinnen und Gründer gebe es einen super Austausch mit Deeptech-Investoren, mit anderen Firmen, mit der Politik. Und die Kooperation mit Universitäten helfe ganz gezielt beim Aufbau von Produktionskapazitäten. „Sie geben uns die Mittel an die Hand, um Flächen zu finden, Partner zu finden, die uns finanziell und mit Know-how unterstützen.“

Rainer Minz – Rektoratsbeauftragter der Kölner Uni für Alumni, Fundraising und Transfer und einer der wesentlichen Treiber der Gründeraktivitäten der Universität – erklärt das ambitionierte, selbstbewusste Kölner Vorhaben so: Dass ein Unternehmen wie Biontech in Mainz und nicht in der Heimat seiner Gründer – im Rheinland, in Köln – sitzt, sei ein Fehler, der dem Wirtschaftsstandort und der Stadt Köln nicht noch einmal passieren dürfe. Der Medizinstudent Uğur Şahin habe an der Universität in seiner Kölner Heimat die Grundlage für seine Impfstoffforschung gelegt, doch es habe an Laboren und Expansionsflächen gefehlt. Mit seiner Ehefrau Özlem Türeci gründete er das Multi-Milliarden-Unternehmen Biontech, das 2020 den ersten Covid-19-Impfstoff auf den Markt brachte, schließlich nicht in Köln, sondern in Mainz.

Die Auszeichnung der Gateway Factory als Leuchtturmprojekt für Gründer sei mit einem „großen Batzen Geld“ verbunden gewesen. Denn um sich überhaupt bewerben zu können, musste die eigens dafür gegründete Gateway Factory GmbH erst einmal selbst zehn Millionen Euro private Finanzierungsmittel von in der Region ansässigen Unternehmen, Family Offices und Privatpersonen einwerben. Der Lohn: Für die fünfjährige Projektphase legt Bundeswirtschaftsministerium nun noch einmal zehn Millionen Euro obendrauf.

Pro Jahr können so zwei Klassen à 20 Start-ups mit Leistungen in Höhe von jeweils 100.000 Euro unterstützt werden, erklärt Minz. Darin enthalten: unter anderem IT-Ressourcen, Coachings, die Vermittlung von Know-how, Rechtsbetreuung bei Patentanmeldungen. Alles, um Gründerinnen und Gründer aus Bereichen wie Life Science, Medizintechnik oder Biochemie in der Wachstumsphase zu unterstützen. „Es geht nicht um die Neueröffnung des nächsten Nagelstudios“, sagt Minz, sondern um wissensbasierte Gründungen. Und sie sollen mit der Gateway Hilfe „richtig groß“ werden.

Das Kölner Unternehmen Detechgene nennt Minz ein „Vorzeigemodell schlechthin“. Während der Corona-Pandemie entwickelten der Biologe Reza Esmaillie und der Ingenieur Robin Bayer einen Schnelltest zur Erkennung von Krankheitserregern – und zwar nicht nur von Corona-Viren, sondern auch Bakterien oder Pilzen. „Wir haben die Einfachheit von einem Antigentest, den jeder verwenden kann, mit der Präzision des PCR-Testverfahrens, das eigentlich im Labor stattfindet, kombiniert“, erklärt Gründer Esmaillie. Als Kunden habe er Privatpersonen, genauso wie Praxen, Kliniken und Forschungszentren im Blick. Auch für Entwicklungsländer sei das Produkt interessant. Der Test sei günstig, benötige keine Kühlkette, das sei für entlegene Gebiete ohne große Infrastruktur interessant.

Reza Esmaillie (l.) und Robin Bayer haben das Startup Detechgene gegründet, sie entwickeln Schnelltests zur Erkennung verschiedener Krakheitserreger.

18 Mitarbeitende beschäftigen er und Bayer inzwischen. Dabei können sie auf die Laborräume und die Infrastruktur am Biocampus Cologne in Bockelmünd zurückgreifen, um weiterzuwachsen. Detechgene stehe kurz vor dem Markteintritt, es fehle nur noch die Lizenz. Anfang 2026 soll es so weit sein. „So wie es aussieht, könnten wir die ersten sein, die das mit dieser Art der Diagnostik schaffen“, sagt Esmaillie.

Der 37-Jährige durchlief sein Studium an der Universität zu Köln, promovierte hier und profitierte nicht nur von der Kölner Wirtschaftsförderung und der Zusammenarbeit mit der Uniklinik, sondern auch von Netzwerktreffen und Mentoring-Programmen, unter anderem durch das Gateway Start-up-Center. Denn von Betriebswirtschaftslehre und Businessplänen habe er keine Vorstellung gehabt. Jetzt kann sich Detechgene mit „einer mehrstelligen Millionensumme“ aus Investorengeldern und Förderanträgen finanzieren.

Rainer Minz ist Rektoratsbeauftragter für Alumni, Fundraising und Transfer der Universität zu Köln

Im Kontext deutscher Gründungshochburgen habe man immer nur über Berlin gesprochen, sagt Rainer Minz. „Jetzt ist Köln auf dem Weg.“

Die finanzielle Förderung der Kölner Gateway Factory durch den Bund ist eine gute Nachricht für die Wirtschaft im Rheinland, darüber gibt es bei den Kölner Akteuren keine zwei Meinungen. „Start-ups sind ein zentraler Motor für Innovation und wirtschaftliche Dynamik, in ihnen entstehen die Jobs von morgen“, sagt auch Manfred Janssen, Geschäftsführer der städtischen Wirtschaftsförderung Köln-Business, der am Donnerstag neue Zahlen zum Start-up-Standort Köln vorlegte: Demnach gibt es in Köln aktuell 850 Start-ups, 47 neue allein im ersten Halbjahr 2025 und damit 20 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Von der Gateway-Auszeichnung gehe „ein starkes Signal für den gesamten Innovationsstandort Köln aus“, sagt Janssen. Sie bedeute Rückenwind, schaffe noch bessere Bedingungen für ambitionierte Gründungsteams und stärke die Sichtbarkeit Kölns im Wettbewerb der Hochschulstandorte.